30. Mai 2024
Zum Weltnichtrauchertag am 31.05.2024 erklären Linda Heitmann, Mitglied im Gesundheitsausschuss, und Renate Künast, Sprecherin für Ernährung und Landwirtschaft:
Bisher nichtrauchende Jugendliche und zum Teil sogar Kinder steigen immer öfter in den Konsum von E-Zigaretten ein. Der Weltnichtrauchertrag am 31. Mai steht deshalb unter dem Motto „Schutz der Kinder vor dem Einfluss der Tabakindustrie“. Zahlreiche Fach- und Forschungsorganisationen rufen zu Aktionen auf, um öffentlich wirksam über die gesundheitsschädlichen Gefahren von Tabak und Nikotin durch Rauchen und Dampfen aufzuklären. Wir wissen, dass in Deutschland die Zahl der Todesfälle durch klassisches Tabakrauchen weiterhin konstant hoch ist.
Auch wenn Rauchen und Dampfen erst ab 18 Jahren erlaubt ist, beobachten wir insbesondere beim Verkauf von Einweg-e-Zigaretten eine zu lasche Umsetzung des Jugendschutzes. Die Art und Weise der Werbung, auch von Influencerinnen und Influencern bei YouTube und in den Sozialen Medien, trägt dazu bei, einen „Coolness-Faktor“ des Rauchens und Vapens speziell an junge Menschen zu suggerieren. Konsumanreize werden beim Dampfen zudem bewusst durch eine Vielzahl süßer Aromen, Menthol oder Cooling Agents sowie Werbung mit niedrigsten Preisen gesetzt. Dabei fallen chinesische Importe stark auf. Von der Industrie wird außerdem „Harm Reduction“ zu Werbezwecken eingesetzt. Auch das Dampfen schafft massive Gesundheitsgefahren für Lunge, Herz und Kreislauf, besonders bei ganz neuen Konsument*innen.
Im Koalitionsvertrag haben wir uns das Ziel gesetzt, mittels Werberegulierung für Tabak und Nikotin den Jugendschutz zu stärken und Lücken in der Werberegulierung zu schließen. Aromastoffe, die zum Rauchen anreizen oder den Konsum erleichtern, sollten analog zu Tabakerhitzern auch bei E-Zigaretten verboten werden. Wirksamer Nichtraucherschutz braucht Rahmenbedingungen, damit möglichst wenig Menschen nikotinabhängig werden und regelmäßig zu Zigarette, Vape oder Erhitzer greifen. Wir setzen uns daher für einen wirksamen Mix aus Verhaltens- und Verhältnis-Prävention ein, um gerade junge Menschen vor dem Einstieg ins Dampfen oder Rauchen zu schützen. Zigaretten, egal ob klassisch oder E-Zigaretten, dürfen deshalb nicht zu billig verkauft werden. Neben verschärften Einfuhrkontrollen und Aromenverboten ist die geplante Präventionsgesetznovelle zur Förderung der öffentlichen Gesundheit für den Nichtraucherschutz ein dringend notwendiger Baustein.
15. Mai 2024
Cannabis: Neue Regeln zu Anbau und Straßenverkehr
Mit der Entkriminalisierung des Cannabis-Anbaus für den Eigenbedarf am 01. April 2024 haben wir in Deutschland einen wichtigen Schritt hin zu einer liberaleren Drogen- und Suchtpolitik getan.
Im Gesetzgebungsverfahren gab es dabei im Bundesrat bei diesem Gesetz keine Mehrheit für eine Überweisung in den Vermittlungsausschuss. Dafür hat die Bundesregierung den Ländern im Rahmen einer Protokollnotiz bestimmte Konkretisierungen des Gesetzes zugesagt. Zudem war das Verkehrsministerium im Gesetz selbst aufgefordert, den THC-Grenzwert im Straßenverkehr gesetzlich neu zu regeln.
Darum bringen wir als Ampel am Donnerstag zwei Gesetzesentwürfe in den Bundestag ein, die zum 01. Juli 2024 in Kraft treten sollen.
Der erste Gesetzesentwurf betrifft den THC-Grenzwert im Straßenverkehr. Mit der Entkriminalisierung des Konsums braucht es auch eine Regel, ab welchem Zeitpunkt man nach dem Konsum wieder als fahrtüchtig gilt und ein Auto fahren darf. Beim Alkohol gilt der 0,5-Promille-Grenzwert. Bei Cannabis ist die Festlegung tatsächlich etwas schwieriger, da die berauschende Wirkung individuell unterschiedlicher ist, als bei Alkohol.
Zur Bestimmung der Fahrtüchtigkeit wird die Konzentration des Cannabis-Wirkstoffs THC im Blutserum gemessen. Der bislang in der Rechtsprechung geltende Grenzwert von einem Nanogramm (ng) pro Milliliter (ml) galt nach Ansicht vieler Expert*innen als deutlich zu niedrig, weil er auch mehrere Tage nach dem Konsum noch nachgewiesen werden kann, wenn die Rauschwirkung lange nicht mehr besteht. Auch bei höheren THC-Werten ist somit nach Einschätzung einer Expertenkommission kein erhöhtes Unfallrisiko mehr vorhanden.
Für uns als Gesetzgeber ist das eine schwierige Situation: Selbstverständlich muss die Sicherheit im Straßenverkehr gewährleistet sein und es muss sichergestellt sein, dass niemand berauscht fährt. Gleichzeitig müssen Regeln auch angemessen sein. Der Gesetzentwurf sieht deshalb nun auf Grundlage der Kommissions-Empfehlung vor, den Grenzwert auf 3,5 ng/ml festzusetzen. Gleichzeitig gilt jedoch: Der Mischkonsum mit Alkohol ist verboten, hier wird die Fahrtüchtigkeit nämlich enorm eingeschränkt. Für Fahranfänger und junge Menschen unter 21 gilt zudem weiterhin ein niedrigerer Grenzwert.
Der zweite Gesetzentwurf betrifft vor allem die Anbauvereinigungen, also die „Cannabis Clubs“. Die Regelung stellt klar, dass sie nicht-kommerzielle Anbauvereinigungen sind, indem in bestimmten Bereichen die Auflagen für die Clubs konkretisiert werden. So dürfen sich Anbauvereinigungen nicht anliegend an angrenzen Anbauflächen ansiedeln. Auch wird die aktive Mitarbeit der Mitglieder in den Anbauvereinigungen betont.
2. Mai 2024
Heute hat das Bundesumwelt- und Verbraucherschutzministerium die Novelle des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes für die Länder- und Verbändeanhörung veröffentlicht. Dazu erklären Linda Heitmann, Sprecherin für Umwelt und Verbraucherschutz der Grünen im Bundestag sowie Mitglied im Gesundheitsausschuss und Jürgen Kretz, Obmann im Umweltausschuss und Berichterstatter für Kreislaufwirtschaft der Grünen Bundestagsfraktion:
Jürgen Kretz MdB:
„Ich begrüße den Vorschlag des Bundesumweltministeriums für neue Regelungen zur Entsorgung von Elektrogeräten, E-Zigaretten und Batterien sehr. Damit machen wir uns in Deutschland weiter auf den Weg, bestimmte Elektrogeräte und gefährliche Lithium-Ionen-Batterien noch umweltgerechter und sicherer zu entsorgen sowie der Kreislaufwirtschaft wieder zuzuführen.
Mit der Novelle wird einerseits das Rücknahmesystem von Tablets, Smartphones oder Einweg-E-Zigaretten vereinfacht. Ich erhoffe mir, dass mit diesen neuen Regelungen große Mengen an Rohstoffen, die aktuell in den nicht mehr genutzten Elektrogeräten schlummern, fachgerecht entsorgt und hochwertig recycelt werden. Andererseits sollen Brandrisiken bei der Sammlung von Elektrogeräten minimiert werden, was die Entsorgung von Lithium-Ionen-Batterien sicherer werden lässt.“
Linda Heitmann MdB:
„Damit legt das BMUV eine sehr wichtige Initiative vor. Einweg Elektrogeräte und Einweg-E-Zigaretten sind immer präsenter im Handel. Gleichzeitig haben es Verbraucher*innen immer noch zu schwer, die ausgedienten Produkte richtig zu entsorgen. Der Gesetzentwurf sieht nun unter anderem vor, Einweg-E-Zigaretten überall dort, wo sie gekauft werden auch zurückgeben zu können.
Als Gesundheitspolitikerin habe ich auch die Hoffnung, dass strengere Rücknahmeregelungen für manche Händler*innen den Ausschlag geben, ganz auf das Angebot von Einweg-E-Zigaretten zu verzichten. Rauchen ist in Deutschland erst ab 18 Jahren erlaubt. Trotzdem fallen Einweg-E-Zigaretten häufig in die Hände von Jugendlichen, da Jugendschutzauflagen an manchen Verkaufsstellen nicht ausreichend erfolgen und Jugendliche besonders auf die knalligen oder coolen Verpackungen von Einweg-E-Zigaretten anspringen. In der Vergangenheit hatte ich daher schon mehrfach angeregt, auf Einweg-e-Zigaretten Pfand zu erheben. Wir werden diese Option im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens für diesen Gesetzentwurf konkret prüfen lassen.“
29. Apr. 2024
Anlässlich der Mitmachaktion „Rauchfrei im Mai“, die am 1.5. startet, sagen Linda Heitmann, Berichterstatterin für Drogen- und Suchtpolitik der Grünen im Bundestag und Dirk Heidenblut, Berichterstatter für Drogen- und Suchtpolitik der SPD im Gesundheitsausschuss im Bundestag:
Den Aufruf zum gemeinsamen rauchfreien Mai begrüßen wir sehr. Er kann dazu beitragen, öffentliches Bewusstsein für die gesundheitsschädlichen Folgen des Rauchens und Dampfens zu schaffen. Neben jeder und jedem ist hier allerdings vor allem die Politik gefragt, in der Drogen- und Suchtpolitik die Verabredungen im Koalitionsvertrag in dieser Legislatur wirklich umzusetzen.
Mit Blick auf wirksame Verhältnisprävention bei Nikotin, Tabak und Alkohol stehen wesentliche Schritte noch aus, die wir nun konkret angehen müssen. Wir setzen hier insbesondere auf die geplante Novellierung des Präventionsgesetzes. Dabei sprechen wir uns dafür aus, konkrete Regelungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen einzuführen:
Es braucht endlich konsequente Jugendschutzregelungen für Suchtmittelwerbung. Dazu zählen etwa Regeln, um TV-, Radio- und Social Media Werbung für Alkoholika auf die Nachtstunden zu reduzieren. Auch sollten wir den aus der Zeit gefallenen Paragrafen zum sogenannten begleiteten Trinken aus dem Jugendschutzgesetz streichen. Denn wenn 14-jährige Alkohol konsumieren, wirkt sich das schädigend aus – egal ob in Anwesenheit ihrer Eltern oder allein.
Bei E-Zigaretten sollten wir der Marktverbannung von Aromen für Tabakerhitzer im letzten Jahr folgen. Da vom süßlichen Geschmack blumig klingender Aromen wie „Vanilla Sky“ auch für E-Zigaretten und sogenannte Vapes besonders jugendliche Nichtraucher*innen angezogen werden.
All diese Maßnahmen wirken präventiv und kosten den öffentlichen Haushalt kein Geld. Im Koalitionsvertrag haben wir uns das Ziel gesetzt, mittels strengerer Werberegulierung für Tabak und E-Zigaretten aber auch für Alkohol und Glücksspiel den Jugendschutz zu stärken. Dazu braucht es jetzt die Präventionsgesetznovelle zur Förderung der öffentlichen Gesundheit und als weiterer glaubwürdiger Bestandteil einer progressiven Gesundheits- und Drogenpolitik, wie sie die Ampel bereits bei der Cannabisteillegalisierung und Drug-Checking bewiesen hat.
19. Apr. 2024
Der Tagesspiegel hat sich gestern mit den Plänen der britischen Regierung zu einem generellen Rauchverbot befasst. Dort sieht ein Gesetzesvorhaben ein Rauchverbot für alle Menschen vor, die ab dem 01. Januar 2009 geboren sind. Durch das feste Datum steigt das Mindestalter für das Verbot mit den Jahren an, bis es schließlich komplett verboten ist. Der Tagesspiegel hat dazu in der deutschen Politik nach Reaktionen gefragt.
Ich habe gegenüber der Zeitung zum Ausdruck gebracht, warum ich diesen Schritt aktuell nicht für zielführend halte. Die schrittweise Illegalisierung schafft auf Dauer einen Schwarzmarkt und führt zu Problemen, die wir aus der Prohibition von Cannabis kennen. Sinnvoller ist eine Einschränkung von Außenwerbung und das Verbot von süßen Aromen für E-Zigaretten.
Der ganze Artikel findet sich (hinter der Bezahlsperre) hier.
8. Feb. 2024
Wer im Gefängnis sitzt, hat in der Regel mehrere Probleme auf einmal. Neben der abgeurteilten Tat sind viele inhaftierte Männer und Frauen verschuldet, haben Ausbildungslücken und angestaute soziale Konflikte. Bei knapp der Hälfte der Inhaftierten kommen zudem substanzbezogene Störungen hinzu – also Abhängigkeiten von Suchtmitteln.
Menschen in Haft haben generell keine starke Lobby. Da ist es mir besonders wichtig, einmal eine positive Entwicklung aufzugreifen: Der Bundesrat hat kürzlich eine Initiative beschlossen, die es erleichtern soll, dass suchtmittelabhängige Inhaftierte aus der Haft heraus eine Therapie antreten können.
In bestimmten Fällen können drogenabhängige Häftlinge nämlich eine Therapie während der Haft beantragen. Das Prinzip lautet hier „Therapie statt Strafe“ und die Voraussetzungen für einen solchen Antrag sind in §35 des Betäubungsmittelgesetzes geregelt. Das Land NRW hat dazu einen Gesetzesantrag in den Bundesrat gebracht, der nun beschlossen wurde.
Was der entsprechende Paragraph regelt: Es kann, wer die der Haft zu Grunde liegende Straftat unter dem Einfluss von Betäubungsmitteln begangen hat und insgesamt oder nur noch bis zu zwei Jahre eine Freiheitsstrafe verbüßen muss, nach Paragraf 35 des Betäubungsmittelgesetzes (BtMG) eine Drogenentzugstherapie machen. Die Strafe kann dann zugunsten der Therapie ausgesetzt werden.
Das bisherige Problem in der Praxis bei der Umsetzung dieser Regelung: Damit die Therapie bewilligt wird, muss eine Kostenzusage der zuständigen Renten-, Krankenversicherung oder des Sozialhilfeträgers vorliegen. Neben reinen Therapiekosten gilt es auch, die Nebenkosten, wie zum Beispiel für Transport zur Klinik, zu decken. In der Regel wird diese aus dem Bürgergeld oder der Grundsicherung für Arbeitslose finanziert. Doch häufig erfolgt die Bewilligung derzeit nicht, weil die Betroffenen zu dem Zeitpunkt, an dem sie aus der Haft heraus den Antrag stellen, nicht im Bürgergeldbezug sind. Insbesondere ein Urteil des Bundessozialgerichts 2021 hatte hier für große Unsicherheiten und Rechtsstreitigkeiten zwischen den Kostenträgern gesorgt. Demnach wurden durch die Urteilsauslegung in der Rechtspraxis Therapieeinrichtungen nach Paragraf 35 BtMG als Einrichtung zum Vollzug der richterlich angeordneten Freiheitsentziehung ausgeschlossen. In der Folge weigerten sich die Kostenträger für die Therapie statt Strafe nach Paragraf 35 BtMG aufzukommen. Dadurch war den Gefangenen eine Vermittlung in eine notwendige Therapie die letzten Jahre vielerorts faktisch unmöglich.
Der Bundesrat hat nun einen Antrag aus NRW beschlossen, der hier eine wichtige Regelungslücke schließen könnte. Die Bundesratsinitiative stellt klar, dass bei Zurückstellung der Strafvollstreckung wegen einer Drogentherapie nach Paragraf 35 BtMG der Anspruch auf Kostenübernahme gewährleistet ist und macht einen ganz konkreten Vorschlag, wie das gesetzlich rechtssicher formuliert werden sollte.
Ich begrüße die NRW-Initiative ausdrücklich und werde mich dafür stark machen, dass der Bundestag als Gesetzgeber sie aufgreift und auf den Weg zu bringt.
Denn es ist mir ein wichtiges Anliegen, auch für Menschen mit Suchterkrankungen in Haft eine gute Versorgung zu sichern. Auch setze ich mich dafür ein, den Paragrafen 35 BtMG für Menschen zu öffnen, die von Substanzen abhängig sind, welche nicht unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Das betrifft zum Beispiel Alkohol, in Kürze voraussichtlich auch Cannabis.