Die Hütte brennt und Schwarz-Rot diskutiert noch zwei Jahre lang, ob man lieber die freiwillige oder die Berufsfeuerwehr ruft! So habe ich gestern im Plenum die Lage bei der Finanznot der Gesetzlichen Krankenversicherung beschrieben.
Auf Antrag der Linken haben wir das Thema diskutiert und in dem vorliegenden Antrag waren – wie auch schon im ursprünglich geleakten Vor-Papier des schwarz-roten Koalitionsvertrages – durchaus gute Ansätze drin. Doch die Regierung zeigt sich hier gerade völlig blank, hat die Probleme lieber in eine Kommission vertagt, die 2027 Vorschläge machen soll und bis jetzt nicht besetzt ist.
Im Bundestag haben sich die Fraktionen aufgestellt und die Ausschüsse sind konstituiert. Die Altonaer Bundestagsabgeordnete Linda Heitmann wird in der grünen Bundestagsfraktion dabei sowohl mit Vollsitz im Gesundheitsausschuss das Thema GKV/PKV-System bearbeiten sowie die grün-interne Projektgruppe Zukunft der sozialen Sicherungssystemeleiten.
„Ich freue mich sehr, diese Aufgabe übernehmen zu können und bin hochmotiviert. In der Projektgruppe werden wir Konzepte zur langfristigen Stabilisierung und Weiterentwicklung aller Sozialversicherungssysteme erarbeiten. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie eine dauerhafte, stabile und gerechte Finanzierung der Sozialversicherungen unter den Bedingungen des demografischen und strukturellen Wandels gelingen kann,“ so Heitmann.
Seit der letzten Legislaturperiode sitzt Linda Heitmann im Gesundheitsausschuss und hatte dort in der Vergangenheit schon zu den Schwerpunkten Drogen- und Suchtpolitik, Patientenrechte und gruppenspezifische Gesundheitsversorgung gearbeitet. Nun kommt auch das wichtige Themenfeld der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungssysteme in ihre Verantwortung.
Außerdem ist Linda Heitmann in der 21. Legislaturperiode stellvertretendes Mitglied im Umweltausschuss und dort grüne Berichterstatterin für Meeresschutz in Küsten- und Tidegewässern sowie stellvertretend im Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung.
Die grünen Mitglieder des Gesundheitsausschusses (v.l.n.r.): Kirsten Kappert-Gonther, Janosch Dahmen, Simone Fischer, Linda Heitmann, Johannes Wagner
Heute wurde öffentlich, dass die Bundesregierung Hendrik Streeck am 28. Mai in der Kabinettssitzung als neuen Bundesdrogenbeauftragten vorschlagen will. Dazu erklärt Linda Heitmann, Mitglied im Gesundheitsausschuss:
„Mit der Ernennung von Prof. Dr. Hendrik Streeck zum neuen Drogenbeauftragten der Bundesregierung wird diese wichtige Aufgabe nun in neue Hände gelegt.
Herr Streeck ist bislang vor allem als Virologe bekannt und bringt wenig Erfahrung in der Drogen- und Suchtpolitik mit. Umso mehr erwarten wir, dass er sich zügig in die komplexen Themenfelder einarbeitet und die Perspektiven aus Suchthilfe, Prävention und von Betroffenen ernst nimmt.
Es ist entscheidend, dass die Drogenpolitik nicht von alten Vorurteilen und ideologischen Scheuklappen bestimmt wird, sondern sich an den tatsächlichen Bedürfnissen der Gesellschaft und suchtkranker Menschen sowie ihrer Familien orientiert.
Henrik Streeck hat als Virologe immer darauf gedrungen, faktenbasiert an Themen heranzugehen: ein Faktum, das man schwer übersehen kann, ist die Tatsache, dass Abhängigkeiten von Alkohol und Glücksspiel in Deutschland bisher nicht die Aufmerksamkeit in der öffentlichen Debatte haben, die sie als Erkrankungen bräuchten – mit all den negativen Folgen, die sie für die gesamte Gesellschaft und vor allem auch für Kinder suchtkranker Eltern mit sich bringen.
Und auch beim Thema Cannabis hoffe ich, dass Herr Streeck ein differenziertes, faktenbasiertes Bild zur Grundlage seiner Arbeit nimmt und sich klar von den einseitigen und oft stigmatisierenden Darstellungen der Parteikolleg*innen abgrenzt.
Wir brauchen auch in der Drogenpolitik eine moderne, wissenschaftsbasierte und menschenfreundliche Herangehensweise, die Prävention, Aufklärung, gut ausfinanzierte Behandlungs- und Hilfestrukturen sowie Entkriminalisierung in den Mittelpunkt stellt.“
Vergangene Woche hat sich die Bundesregierung zum ersten Mal im Bundestag den Fragen der Abgeordneten gestellt.
Ich habe dabei die beunruhigen Nachrichten bezüglich der Finanzlage im Gesundheitssystem thematisiert: Am Tag der Fragestunde wurde bekannt, dass der Gesundheitsfonds kurzfristig vom Bund mit 800 Millionen Euro aus Steuergeldern unterstützt werden muss.
Das zeigt einmal mehr: Die Gesetzlichen Krankenkassen stehen unter akutem Druck. Die Finanzierung muss dringend grundlegend reformiert werden, damit Versicherte und Arbeitgeber*innen nicht mit ständig steigenden Beiträge konfrontiert sind. Die guten Ansätze aus den geleakten Arbeitspapieren zum Koalitionsvertrag hat die Koalition leider nicht in ihren finalen Vertrag übernommen: Stattdessen wurden die Probleme in eine Kommission vertragt, die erst in zwei Jahren ihre Vorschläge präsentieren wird.
In der Fragestunde habe ich darum den neuen Bundesfinanzminister Lars Klingbeil gefragt, woher die 800 Millionen im Haushalt genau kommen sollen und ob er es die nächsten Jahre regelhaft einplanen wird in den Bundeshaushalten. Konkrete Antworten ist er dann leider schuldig geblieben. Die Frage seht ihr hier im Stream der Fragestunde des Bundestags(etwa ab 01:19:30).
26. – 28. Mai 2025 | Universität Hamburg | Von-Melle-Park 8 | 20146 Hamburg
Die Suchttherapietage in meiner Heimatstadt Hamburg sind ein jährliches Highlight für Drogen- und Suchtpolitisch Interessierte:
Sie bieten ein vielseitiges Forum für Austausch und Weiterbildung rund um Suchtprävention, -Forschung und -therapie.
Im Mittelpunkt der diesjährigen Veranstaltung auf dem Campus der Hamburger Uni stehen spannende Fragen zu psychotropen Substanzen: Welche Chancen und Risiken bergen Substanzen wie Cannabis, MDMA, Ketamin oder LSD in der Behandlung psychischer und körperlicher Erkrankungen? Wann ist ihr Einsatz medizinisch sinnvoll? Welche rechtlichen Aspekte gilt es zu beachten? Und wie gestaltet sich der Einsatz im Maßregelvollzug?
Die Suchttherapietage richten sich an alle Berufsgruppen der Suchtarbeit – von Sozialarbeit, Psychologie und Medizin bis hin zu Pädagogik und Pflege. Nutzen auch Sie die Gelegenheit, sich mit Expert*innen auszutauschen, neue Impulse zu gewinnen und aktuelle gesellschaftliche und rechtliche Entwicklungen zu diskutieren.
Der Koalitionsvertrag 2025 zwischen CDU/CSU und SPD wirft in Bezug auf die Gesundheitspolitik mehr Fragen auf, als er Antworten gibt. Besonders deutlich wird das beim Thema der Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung (GKV): Anstatt dringend notwendige Reformen jetzt anzugehen, schiebt die neue Koalition das Problem in eine Kommission mit zweijähriger Laufzeit ab. Das ist nicht nur ein Rückschritt gegenüber dem bereits geleakten Vorentwurf, sondern auch ein fatales Signal an die Krankenkassen und die Versicherten. Darüber hinaus bleibt die Preisgestaltung der Pharmaindustrie weitgehend unreguliert: Sie kann weiterhin hohe Preise für neue Arzneimittel festsetzen, wodurch die Ausgaben der GKV weiter steigen. Gerade teure und innovative Medikamente machen einen Großteil der GKV-Ausgaben aus und nach den USA haben wir in Deutschland dafür die höchsten Preise weltweit. Es ist absehbar, dass es zu einem erheblichen Beitragsdruck kommen wird – die Zeche zahlen am Ende die Versicherten.
Auch bei der Pflegereform setzt die Koalition auf Vertagung statt auf Lösungen. Die dringend notwendige große Reform der sozialen Pflegeversicherung soll ebenfalls in einer Kommission erarbeitet werden – konkrete Entlastungen für Pflegebedürftige, deren Angehörige und Pflegekräfte bleiben aus. Doch gerade JETZT brauchen alle Beteiligten dringend spürbare Unterstützung, denn die Pflegekassen sind am Rande ihrer Belastbarkeit. Immerhin: Dank der Vorarbeit der Grünen sollen das Pflegekompetenzgesetz und das Pflegeassistenzgesetz endlich kommen.
Einen Hoffnungsschimmer bietet auch das angekündigte „Primärarzt“-System, das das Potenzial birgt, die Versorgung gezielter zu steuern, Überversorgung zu vermeiden und Patientinnen künftig besser durch das Gesundheitssystem zu lotsen. Viele Akteur*innen im Gesundheitswesen sehen darin eine große Chance, die Strukturen effizienter und patientenfreundlicher zu gestalten. Doch wie so oft steckt der Teufel im Detail: Die Ausgestaltung dieses Systems ist noch völlig offen und die Diskussionen darüber laufen auf Hochtouren.
Im Gegensatz dazu herrscht im Koalitionsvertrag beim Thema Stärkung der Patientenrechte komplette Stille. Das Patientenrechtegesetz ist längst reformbedürftig, um Patient*innen mehr Sicherheit und Mitsprache zu garantieren. Ebenso bleibt die Frage unbeantwortet, wie Menschen mit Sprachbarrieren oder ohne ausreichenden Krankenversicherungsschutz künftig besser erreicht werden können.
Im Bereich der psychischen Gesundheit werden die Probleme zwar erkannt, aber keine konkreten Lösungen geliefert. Wie die Versorgungslage tatsächlich verbessert werden soll, bleibt unbeantwortet – die psychiatrische Versorgung wird gleich gänzlich ausgeblendet. Gerade angesichts der alarmierenden Versorgungslage – von monatelangen Wartezeiten auf Therapieplätze bis hin zu massiven Personalengpässen in Kliniken und Praxen – ist diese Leerstelle besonders fatal.
Ein ähnliches Bild zeigt sich bei der Präventions- und Suchtpolitik: Die Koalition bleibt auch hier weit hinter dem Notwendigen zurück. Wie ich bereits im Tagesspiegel-Background „Prävention statt Ignoranz“ ausführlich dargelegt habe, fehlt es im Koalitionsvertrag an konsequenten Maßnahmen zur Verhältnisprävention bei Volksdrogen wie Alkohol und Tabak sowie an einer verlässlichen Finanzierung der Suchtberatung.
Insgesamt bleibt der Eindruck, dass die Gesundheitspolitik der neuen Koalition von Verschiebungen und Unentschlossenheit geprägt ist. Notwendige Reformen werden vertagt, Probleme in Kommissionen ausgelagert und die dringendsten Herausforderungen bleiben ungelöst. Wir Grüne werden uns weiterhin mit Nachdruck dafür einsetzen, dass die Gesundheitspolitik nicht im Wartebereich verharrt und Schwarz-Rot zumindest nach der Kommissionsphase endlich den Mut zum Handeln aufbringt.