PM: Es geht voran mit der Verbandsklage!

PM: Es geht voran mit der Verbandsklage!

Heute hat das Bundeskabinett ein Gesetz zum Verbandsklagerecht verabschiedet. Dazu erkläre ich als Berichterstatterin für Verbraucher*innenschutz der grünen Bundestagsfraktion mit meinem Kollegen Till Steffen aus dem Rechtsauschuss:

„Wir begrüßen, dass endlich ein geeinter Entwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Verbandsklagerichtlinie vorliegt. Die Entscheidung des EuGH zum Dieselskandal letzte Woche fordert von uns auch mehr Tempo ein. Der Referentenentwurf wurde im Sinne geschädigter Verbraucher*innen erfreulicherweise verbessert. Ein späteres Opt-in senkt die Hürden für Klagende und entlastet die Justiz, weil Individualklagen reduziert werden. Der verringerte Streitwert senkt das Prozessrisiko für die Verbände.

Ausgewogen ist der Entwurf für uns aber erst dann, wenn echte Waffengleichheit zwischen Verbraucher*innen und Konzernen herrscht. Zu einer anwenderfreundlichen Umsetzung, auf die wir uns im Koalitionsvertrag verständigt haben, sind für uns daher noch weitere Punkte wichtig: Die Voraussetzungen für die klagenden Verbände dürfen nicht zu hoch sein und dürfen insbesondere im Ausland nicht niedriger als im Inland sein. Bußgeldandrohungen für klagende Verbände sind kontraproduktiv und sollten unterbleiben. Wir freuen uns auf die parlamentarische Beratung und sind optimistisch, insgesamt eine gute neue gesetzliche Grundlage für Verbraucher*innen zu schaffen.“

Das Statement ist auch zu finden auf der Homepage der Grünen Bundestagsfraktion.

Mein Gastbeitrag in der FR zur Verbandsklage

Mein Gastbeitrag in der FR zur Verbandsklage

Gemeinsam vor Gericht

Die Einführung einer neuen Klageart ist eine Chance für den Verbraucherschutz – und sie entlastet absehbar die Justiz. Der Gastbeitrag.

Verbraucherohnmacht hat hoffentlich bald ein Ende. Die Verbandsklage soll Verbraucher:innen ein neues Werkzeug an die Hand geben, sich gemeinschaftlich einfach und effektiv gegen betrügerische Unternehmen zu wehren. Der Dieselskandal um VW und andere haben gezeigt, dass die bestehende Musterfeststellungsklage häufig unzureichend ist, weil Geschädigte nach dem ersten Urteil individuell ihren Schadensersatz einklagen müssen.

Als Grüne setzen wir uns seit Jahren für kollektiven Rechtsschutz ein und legten 2017 bereits einen Gesetzentwurf für eine Gruppenklage vor. Nun gibt uns auch die EU Rückenwind: Die Verbandsklagerichtlinie, die bis Ende letzten Jahres in nationales Recht umzusetzen gewesen wäre, wird von der Ampel-Koalition anwenderfreundlich in deutsches Recht überführt, so wie es im Koalitionsvertrag auch vereinbart ist. Ein Gesetzesentwurf wird nun innerhalb der Ressorts und mit den Verbänden abgestimmt.

Die verbraucherfreundliche Ausgestaltung der Richtlinie lässt viel Spielraum für den deutschen Gesetzgeber und ist daher eine echte Chance für den Verbraucherschutz, damit getäuschte und geschädigte Konsument:innen einfacher und schneller zu ihrem Recht kommen. Dafür muss sie aber auch wirklich gut gemacht sein!

Für uns bedeutet das im Einzelnen erstens niedrige Zulässigkeitshürden bei der Anzahl der Geschädigten: Ziel der Verbandsklage ist, dass geschädigte Verbraucher:innen mit dem gleichen Anliegen gemeinsam vor Gericht ziehen können und nicht individuell klagen müssen. Dies schont Justizressourcen und schützt Verbraucher:innen vor hohen Prozesskostenrisiken. Uns ist es wichtig, dass nur eine kleine Anzahl von Verbraucher:innen notwendig ist, um die Klage einzureichen. Produktspezifische Unterschiede oder minimale Vertragsabweichungen können aus mehreren an sich juristisch identischen Sachverhalten viele verschiedene Sachverhalte machen. Wenn diese dann nicht mehr als gemeinsam zu behandelnde Gruppe betrachtet werden, muss unter Umständen jede einzelne Untergruppe ein bestimmtes Quorum erreichen, um klageberechtigt zu sein. Um die Hürden für geschädigte Konsument:innen niedrig zu halten, streben wir ein Quorum von zehn Personen an.

Zweitens: Niedrigschwellige Zulassung von Verbänden. In der Regel helfen Verbraucherverbände, die schon länger öffentlich registriert sind, geschädigten Konsument:innen, ihre Ansprüche vor Gericht durchzusetzen. Die Verbraucherzentralen leisten hier gute Arbeit, stoßen mitunter aber an Kapazitätsgrenzen. Daher wollen wir auch Zusammenschlüssen von Verbraucher:innen den Weg zur Verbandsklage eröffnen, die noch nicht so lange existieren oder sich vielleicht nur zu einem einzelnen Anlass zusammengefunden haben.

Drittens: Möglichkeit zur Anmeldung zum Klageregister auch noch im laufenden Verfahren. Für geschädigte Verbraucher:innen ist es kompliziert und unsicher, sich über ein Klageregister einem Verfahren anzuschließen, weil sie dessen Verlauf nicht einschätzen können. Eine frühe verbindliche Anmeldung für ein Verfahren mit ungewissem Ausgang wird zwangsläufig die Zahl der Individualklagen in die Höhe treiben. Doch dann verfehlt die Verbandsklage ihren Zweck! Wir wollen es ermöglichen, bestehende Ansprüche auch noch während des Verfahrens oder sogar noch nach einem Urteil anzumelden. Dadurch werden deutlich mehr Geschädigte erreicht, was die Justiz entlastet. Je offener die Klageanmeldung ist und je später eine verbindliche Anmeldung erfolgen kann, desto besser für Verbraucher:innen.

Viertens: Verjährung von Ansprüchen erschweren. Die Verjährung der Ansprüche muss ab dem Zeitpunkt der Klageerhebung für alle betroffenen Verbraucher:innen unterbrochen werden – unabhängig von einer Anmeldung zum Klageregister. Es muss für alle Geschädigten attraktiv sein, sich einem kollektiven Verfahren anzuschließen anstatt alleine zu klagen, damit die Gerichte nicht überlastet werden. Wenn wir die Möglichkeit lange offen halten, sich der Klage anzuschließen, und wenn wir verhindern, dass Ansprüche vor Ausgang der Verbandsklage verjähren, also nicht mehr geltend gemacht werden können, schaffen wir einen wirksamen Anreiz, Einzelklagen zu vermeiden.

Die Verbandsklage ist ein wichtiger Baustein für effizienten Verbraucherschutz und Schutz der Gerichte vor einer Schwemme von Einzelklagen. Genau deshalb gilt es jetzt, mit der richtigen Umsetzung den Grundstein zu legen für eine schnelle und unkomplizierte Rechtsdurchsetzung.

Linda Heitmann ist Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen und Obfrau im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz.

Till Steffen ist ebenfalls Bundestagsabgeordneter der Grünen und Berichterstatter für die Umsetzung der Verbandsklagerichtlinie im Rechtsausschuss.

Den Beitrag gibt es auch auf der Website der Frankfurter Rundschau.

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Ampel sorgt für starke Verbraucher*innen-Rechte

Ampel sorgt für starke Verbraucher*innen-Rechte

Als Berichterstatterin meiner Fraktion für den Verbraucher*innenschutz freue ich mich sehr, dass im Koalitionsvertrag der Ampelparteien so viele Fortschritte vereinbart wurden. Und mit unserer grünen Ministerin Steffi Lemke werden wir für spürbare Verbesserungen sorgen!

Doch was ist für mich eigentlich guter, grüner Verbraucher*innenschutz?

Als Konsument*innen wollen wir unsere Rechte wahren, fair behandelt werden und ein hohes Maß an Sicherheit im Alltag. Daher brauchen wir ein Update der Verbraucher*innenpolitik der letzten 16 verlorenen Jahre. Diese muss dem veränderten Verbraucheralltag gerecht werden, Konsument*innen vor und in Krisen schützen und wirklich nachhaltigen Konsum ermöglichen. Mein Maßstab ist dabei das Vorsorgeprinzip, also dem vorsorglichen Vermeiden potentieller Schäden oder Gefahren.

Was steht zum Verbraucher*innenschutz im Koalitionsvertrag?

Mit unseren Koalitionspartner haben wir uns darauf verständigt, hohe Verbraucherschutzstandards zu gewährleisten; das heißt etwa eine umfassende Verbraucherbildung und mehrsprachige Aufklärung und dafür zu sorgen, dass ein situationsgerechter Zugang zu Informationen sicher gestellt ist.

Mit der Stiftung Warentest und den Verbraucherzentralen haben wir wichtige Institutionen und Anlaufstellen für Konsument*innen. Diese wollen wir entsprechend ihrer vermehrten Aufgaben angemessen finanzieren.

Gesundheit

  1. Die Unabhängige Patientenberatung (UPD) werden wir in eine dauerhafte und unabhängige Struktur überführen, natürlich unter Beteiligung der maßgeblichen Patient*innenorganisationen.
  2. Mit einem Cannabiskontrollgesetz ermöglichen wir den regulierten Verkauf in lizensierten Fachgeschäften.

Nachhaltiger Konsum

Mit einem Recht auf Reparatur setzen wir der Wegwerfgesellschaft ein starkes Instrument entgegen. Wir werden uns auch auf EU-Ebene dafür einsetzen, dass Ersatzteile und Updates besser zur Verfügung stehen und flexible Gewährleistungslösungen ermöglicht werden. Ein Reparaturindex nach französischem Vorbild könnte ein erster Schritt sein.

Energie

Den aktuell hohen Strompreisen begegnen wir mit

  • Soforthilfen für finanzschwache Haushalte und
  • einer besseren Regulierung für Energieanbieter: Belieferungsstopps müssen drei Monate zuvor angekündigt werden, Bestands- und Neukunden erhalten die gleichen Tarife und die Bundesnetzagentur wird als Aufsicht gestärkt.

Mit dem massiven Ausbau der Erneuerbaren sorgen wir daneben für stabile Energiepreise und werden weniger abhängig von Energieimporten.

Fairer Wettbewerb

Verbraucher*innenschutz ist die Grundlage für fairen Wettbewerb. Wir werden Innovation, Nachhaltigkeit und Gerechtigkeit zusammenführen. Dazu werden wir beispielsweise das Gesetz gegen Wettbewerbsbeschränkungen (GWB) weiterentwickeln, etwa indem wir das Kartellamt stärken.

Digitales

Die Pandemie hat digitalen Geschäften einen immensen Schub verpasst, jetzt müssen auch die Rechte der Verbraucher*innen mitziehen:

  • security-by-design – Die Grundeinstellung jeder Anwendung, die nur weniger Nutzer*innen ändern, muss die sicherste und datensparsamste sein.
  • elektronischer Widerrufsbutton – Was mit einem Klick bestellt werden kann, muss auch mit einem Klick storniert werden können.
  • Recht auf Verschlüsselung, bessere Interoperabilität und offene Standards zur Regel machen.

Finanzen

  1. Wir sorgen für einen faireren Zugang zu einem Basiskonto.
  2. Wir schützen Verbraucher*innen besser vor Überschuldung, indem wir die Schuldner- und Insolvenzberatung ausbauen und fördern.
  3. Wie verschärfen die Aufsicht für Inkassounternehmen.
  4. Wir setzen den Reformprozess bei der BaFin fort: besserer Informationsaustausch, Stärkung des Verbraucherbeirats.

Recht

Wir werden den kollektiven Rechtsschutz verbessern. Die EU-Verbandsklagerichtlinie werden wir anwenderfreundlich umsetzten und zu einer Musterfeststellungsklage weiterentwickeln.