Rezeptfreie Abgabe von Naloxon zur Opioid-Notfalltherapie beschlossen!

Rezeptfreie Abgabe von Naloxon zur Opioid-Notfalltherapie beschlossen!

Ein bedeutender Fortschritt für die Schadensminderung in der Drogen- und Suchthilfe: Der Ausschuss unabhängiger Sachverständiger des Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte hat einstimmig für die Entlassung von Naloxon zur nasalen Anwendung aus der Verschreibungspflicht gestimmt.

Die Zahl der drogenbedingten Todesfälle in Deutschland ist in den letzten Jahren kontinuierlich gestiegen, wobei Opioide weiterhin die häufigste Ursache sind.

Verbesserung bringen kann hier das Notfall-Medikament Naloxon, das es seit einigen Jahren auch als Nasenspray gibt. Die flächendeckende Umsetzung von Take-Home-Naloxon kann entscheidend dazu beitragen, die Zahl zu senken und die Notfallversorgung bei Opioid-Überdosierungen erheblich zu verbessern, wenn es zügig angewendet wird. Naloxon wirkt schnell und effektiv und würde ohne Rezept leichter zugänglich werden – ein bedeutender Fortschritt für gefährdete Personen und ihr Umfeld. Modellprojekte wie „THN Bayern“ und „NALtrain“ zeigen, dass geschulte medizinische Laien Naloxon sicher anwenden und so Leben retten können. In diesen Projekten wurden Angehörige gezielt im Umgang mit dem Medikament geschult.

Dennoch bleiben offene Fragen, bevor Naloxon als Nasenspray wirklich für alle verfügbar wird: Nyxoid® bleibt vorerst verschreibungspflichtig, aber mit Ventizolve® könnte bald eine rezeptfreie Alternative verfügbar sein. Unklar ist auch noch, ob Naloxon weiterhin von den Krankenkassen erstattet wird – eine entscheidende Frage für den barrierefreien Zugang.

Für mich ist klar: Diese Entscheidung in den Gremien der Selbstverwaltung des Gesundheitswesens ist ein entscheidender Fortschritt für die Vermeidung opioidbedingter Todesfälle. Jetzt gilt es, die Verfügbarkeit von Take-Home-Naloxon sicherzustellen und regulatorische Hürden abzubauen. Die Umsetzung der notwendigen Rechtsverordnung könnte sich wegen der Neuwahlen verzögern, doch wir bleiben dran, hier politischen Druck zu machen und aufrecht zu erhalten. Die wissenschaftliche Evidenz spricht auf jeden Fall für eine schnelle Umsetzung.

Mehr Infos dazu u.a. auf den Seiten des Bundesverbands für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik, der pharmazeutischen Zeitung, und des Forum Substitutionspraxis.

Niedrigschwellige Suchthilfeangebote stärken, Stigmatisierung Suchtkranker abbauen!

Niedrigschwellige Suchthilfeangebote stärken, Stigmatisierung Suchtkranker abbauen!

Gemeinsam mit dem Bundesdrogenbauftragten Burkhard Blienert habe ich gestern in meinem Wahlkreis Altona den mobilen Spritzentausch sowie die niedrigschwellige Suchthilfeeinrichtung „Stay alive“ mit Drogenkonsumraum besucht.

Beides wird von dem Verein Jugendhilfe e.V. als Träger betrieben. Leiterin Christine Tügel berichtete uns engagiert von ihrer Arbeit, von aktuellen Entwicklungen und auch von Problemen.

Eines davon ist leider eindeutig, dass Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe vor Ort häufig mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen haben, weil es starke Vorurteile und Stigmata gegenüber den Klient*innen gibt. In der Einrichtung in Altona ist die Betriebsgenehmigung deshalb an eine Höchstzahl von Betreuungen pro Tag geknüpft, so dass immer wieder auch Menschen abgewiesen werden müssen. Der mobile Spritzentausch einige hundert Meter entfernt bietet deshalb auch in Randzeiten die Möglichkeit, saubere Konsum-Utensilien zu erhalten und gebrauchte abzugeben.

Es ist wichtig, dass solche Angebote überall dort bestehen und für Suchtkranke schnell erreichbar sind, wo sich die „Szenen“ auch aufhalten. Nur so können Gesundheitsrisiken minimiert und zudem Gesprächsangebote zu Therapiemöglichkeiten gemacht werden.

Dass Klient*innen rund um niedrigschwellige Einrichtungen immer mehr öffentlich sichtbar wahrgenommen werden, liegt nach Erläuterung von Christine Tügel auch daran, dass die Obdachlosigkeit stark zunimmt. Den Menschen fehlen somit private Rückzugsräume — daher braucht es gerade für obdachlose Drogengebraucher*innen auch mehr Unterbringungsangebote.

Der NDR mit Radio und Hamburg Journal haben das Thema der niedrigschwelligen Suchtkrankenhilfe in Hamburg gestern aufgegriffen und Burkhard Blienert, Christine Tügel und mich dazu interviewt.

Hier geht’s zum Beitrag: NDR