Drugchecking: Ampel stärkt akzeptierende Drogenpolitik

Drugchecking: Ampel stärkt akzeptierende Drogenpolitik

Endlich ist es uns gelungen, einen zentralen drogenpolitischen Punkt aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen: Drugchecking ist nach dem Betäubungsmittelgesetz nun möglich!

Kurz vor der Sommerpause ist dies ein wichtiger gesundheitspolitischer und für mich persönlich großer Erfolg für eine progressive neue Drogenpolitik. Seit Jahren setze ich mich für eine flächendeckende Einführung von Drugchecking-Angeboten ein. Denn wir sehen leider immer wieder, dass Menschen aufgrund von unkalkulierbaren Inhaltsstoffen, speziell in synthetischen Drogen, durch ihren Konsum versterben oder mit starken Schädigungen und Nebenwirkungen kämpfen.

Partydrogen wie MDMA, zum Teil Kokain und Speed sind gerade auch für junge Leute reizvoll und sehr leicht verfügbar. Leider werden die Risiken meist unterschätzt. Denn Verunreinigungen oder ein enorm hoher Wirkstoffgehalt sind lebensgefährlich und lassen sich nicht augenscheinlich erkennen. Auf dem illegalen Markt gibt es weder Gesundheits- noch Verbraucher*innen-Schutz.

Deswegen ist es richtig, dass wir im Bund jetzt endlich die gesetzliche Grundlage geschaffen haben, um Drugchecking zu ermöglichen. So können sich Konsumierende darüber informieren, was zum Beispiel in ihrer Ecstasy-Pille steckt. Ihnen werden Angebote zur Konsumreflexion und Beratung zur Schadensminderung gemacht. Untersuchungen zeigen, dass dies User*innen immer wieder auch vom Konsum abhält oder zu weniger Konsum führt. Außerdem ist es durch die Substanzanalysen der eingereichten Proben möglich, Konsumtrends und Gefahren immerhin ansatzweise zu erkennen und früher vor lebensgefährlichen Stoffen, die aktuell irgendwo im Umlauf sind, zu warnen.

Was im Gesetz steht

Wir haben nun eine bundesweit rechtssichere Ermächtigung der Länder für Drugchecking-Modelle geschaffen. Dazu ändern wir das Betäubungsmittelgesetz und ergänzen einen neuen Paragraphen 10b BtMG (siehe Bild). Die Landesregierungen sind nun dazu veranlasst, Vorgaben für die Erteilung einer Erlaubnis für Drugchecking zu erlassen. Denn vielerorts stehen Träger bereits in den Startlöchern, um Drogenchecks mit Beratungsangeboten ins Leben zu rufen. Teile des bisherigen Paragraphen 10a BtMG werden gestrichen.

Wir erlauben Drugchecking in Drogenkonsumräumen, was bislang ausgeschlossen war. Hierdurch passen wir das Gesetz an die bereits gelebte Safer-use-Praxis in Konsumräumen an und schaffen Klarheit zur Stärkung der Handlungskompetenz der Fachkräfte in den Suchhilfeeinrichtungen. Das Fachpersonal darf den Konsumierenden dort künftig individuell Rückmeldung zu den eingereichten Proben geben.

Wichtig ist mir auch die Einführung des neuen Paragraphen 31a. Hier wird festgeschrieben, dass im direkten Umkreis von Drugchecking-Projekten keine Strafverfolgung auf Grund von Drogenbesitz stattfinden darf.

Die Ziele der Einführung von Drugchecking – eine verbesserte gesundheitliche Aufklärung und Schutz – werden in den Ländern wissenschaftlich begleitet und die Ergebnisse dieser Evaluierungen im Bund zusammengeführt. Auch dies ist ein wichtiger Beitrag zu einer evidenzbasierten Drogenpolitik, für die ich mich stark mache.

Was nun wichtig ist

Die Landesregierungen müssen nun ins Handeln kommen! Gerade der Einfluss synthetischer Drogen, wie Crystal Meth und andere Amphetamine, auf das Konsumverhalten in den Grenzregionen in Deutschland ist ein Auftrag an die jeweiligen Landesgesundheitsbehörden, Drugchecking einzuführen. Denn es gilt: Erst wenn es bundesweit genug Drugchecking-Angebote gibt, werden wir strukturell eine Verbesserung des Gesundheitsschutzes spürbar machen können.

Zur Beteiligung der Länder habe ich mich auch in der parlamentarischen Debatte eingebracht und meinen Kollegen Dirk Heidenblut befragt.

Hier klicken, um den Inhalt von webtv.bundestag.de anzuzeigen.

Der Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik akzept e.V. hat zur Verabschiedung des Gesetzes eine Pressemitteilung veröffentlicht: PM

Pressemitteilung: Drug-Checking kann Leben retten!

Pressemitteilung: Drug-Checking kann Leben retten!

Umsetzung der Koalitionsvereinbarung zum Thema Drug-Checking muss jetzt erfolgen!

Gemeinsam erklären Linda Heitmann, Berichterstatterin für Drogen- und Suchtpolitik der Grünen Bundestagsfraktion und Dirk Heidenblut, Berichterstatter für Drogen- und Suchtpolitik der SPD-Bundestagsfraktion:

Es gibt keinen Beipackzettel und keine Inhaltsangaben. Wer Drogen konsumiert, weiß in der Regel überhaupt nicht, was er oder sie genau zu sich nimmt. Verunreinigungen sowie unterschiedlichste Reinheitsgrade von Substanzen sind zudem auf dem Schwarzmarkt Alltag. Eben deshalb braucht es Drug-Checking-Angebote!

Sogenannte Drogenuntersuchungseinrichtungen sollen die Drogen von Konsumentinnen und Konsumenten auf Reinheit testen können und entsprechend Empfehlungen zur Dosierung und zu erwartbaren Gesundheitsgefahren geben. Überdosierungen, verunreinigte Wirkstoffe auf dem Schwarzmarkt und Vergiftungen können so erfahrungsgemäß stark reduziert werden. Auch deshalb hat sich die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, Modelle zum Drug-Checking und Maßnahmen der Schadensminderung zu ermöglichen und auszubauen. Gerade auch im Zuge der geplanten Legalisierung von Cannabis sehen wir akuten Handlungsbedarf, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen.

Ihre Vorstellungen zur Ausgestaltung des Gesetzes haben die Berichterstatter*innen dem Ministerium schon länger verdeutlicht. Sie sind in der Ampel nicht umstritten. Die Berichterstatter*innen fordern das Gesundheitsministerium deshalb auf, die entsprechende Änderung des Betäubungsmittelgesetzes im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Arzneimittellieferengpassgesetz mit zu regeln, das noch vor der Sommerpause verabschiedet werden soll. Entsprechende Prüfbitten wurden dem Gesundheitsministerium durch die Abgeordneten bereits vorgelegt.

Linda Heitmann MdB: „Als Grüne und als Ampel-Berichterstatter*innen stehen wir voll und ganz hinter der Vereinbarung im Koalitionsvertrag, Drug-Checking-Projekte in Deutschland in dieser Legislaturperiode auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen und damit die Substanzanalyse in verschiedenen Settings zu ermöglichen: zum Beispiel in Partysettings, aber auch in Drogenkonsumräumen. Und zwar so zügig wie möglich. Denn es braucht endlich ein sichtbares Signal, dass diese Regierung eine neue progressive Drogenpolitik ernst nimmt und die Weichen dafür stellt! Wichtig ist dabei natürlich, dass solch ein Gesetz sicherstellt, dass Menschen, die das Drug-Checking durchführen sowie auch jene, die es nutzen, dabei nicht von Strafverfolgung bedroht sind. Drug-Checking ist aus unserer Sicht ein wichtiger Baustein, um den Gesundheitsschutz von Konsument*innen zu erhöhen und gleichzeitig auch eine bessere Möglichkeit zur Aufklärung auch über Gefahren und Risiken von Konsum zu schaffen. Gleichzeitig wäre es ein wichtiges Signal an all die Helfenden in der Suchtberatung“.

Dirk Heidenblut MdB: „Das Drug-Checking hat sich als Maßnahme der Schadensminderung und Gesundheitsförderung bereits im Ausland – seit Jahren – bewährt. Es ist längst überfällig, dass das Drug-Checking flächendeckend auch in Deutschland eingeführt und verfügbar gemacht wird. Denn eine Substanzanalyse kann nicht nur Leben retten, sondern auch Betroffene über ihre Konsumrisiken und ihr Konsumverhalten aufklären. Konsumierende werden unterstützt anstatt vernachlässigt. Sie werden geschützt vor gesundheitlichen Risiken. Es ist also Zeit, das Koalitionsversprechen einzulösen und hier tatsächlich jetzt tätig zu werden“.

Die WELT Online hat unsere PM aufgegriffen. Hier geht’s zum Artikel.

PM: Jahrbuch Sucht 2023

PM: Jahrbuch Sucht 2023

Suchtpolitik und Suchthilfe müssen Menschen im Alltag erreichen, statt Missbrauch zu tabuisieren

Anlässlich des heute veröffentlichten Jahrbuchs Sucht 2023 der Deutschen Hauptstelle für Suchtfragen (DHS) meine Pressemitteilung:

Das Jahrbuch Sucht ist mit seinen aktuellen Zahlen zur Verbreitung und der Abhängigkeit von Alkohol, Tabak, Glücksspiel und illegalen Drogen in Deutschland jedes Jahr eine wichtige Quelle für uns politische Entscheidungsträger*innen. Es zeigt klar und deutlich, wo wir handeln müssen. Das Suchthilfesystem braucht unsere klare Unterstützung und Stärkung, um jenen, die suchtkrank sind, gut zu helfen.

Besonders Alkohol und Sportwetten machen die meisten Menschen in Deutschland demnach aktuell abhängig und krank. Rund 16 Jahre weniger Lebenszeit bei Frauen und 10 Jahre bei Männern wegen Alkoholmissbrauchs sind erschreckend und zeigen die gesundheitsschädlichen Auswirkungen von starkem Alkoholkonsum. Dem wollen wir durch Aufklärung über eine gesündere Lebensweise und Prävention entgegen wirken. Gleichzeitig wollen wir für einen stärkeren Jugend- und Gesundheitsschutz Alkoholwerbung reduzieren, was von einer Mehrheit der Deutschen in aktuellen Umfragen unterstützt wird.

Auch Sportwetten boomen. Das mit dem neuen Glückspielstaatsvertrag 2021 eingeführte Spielersperrsystem ist eine wichtige Errungenschaft für den Spielerschutz. Der überwiegende Teil der darüber gesperrten Suchtkranken ist über Selbstsperren vom Glücksspiel ausgeschlossen. Trotzdem machen auch legale Sportwetten weiterhin zahlreiche Menschen abhängig. Auch dem können wir durch strengere Werberegeln habhaft werden, damit etwa Kinder nicht beim Stadionbesuch der Werbung für Sportwetten ausgesetzt sind. Das ist ebenfalls laut Umfragen von einer großen Mehrheit der Deutschen gewollt. Es liegt hier an den Ländern, den Glücksspielstaatsvertrag entsprechend zu novellieren.

Pressemitteilung: Werbebegrenzung für Glücksspiel

Pressemitteilung: Werbebegrenzung für Glücksspiel

Anlässlich der heutigen Diskussionsveranstaltung zu Werbung für Alkohol, Tabak und Glücksspiel mit dem Bundesdrogenbeauftragtem erklärt Linda Heitmann, Mitglied im Ausschuss für Gesundheit der grünen Bundestagsfraktion:

Werbung für Glückspiel ist gesellschaftlich nicht mehr mehrheitlich gewünscht. Sehr viele Menschen sind stattdessen genervt, beim Fußballspiel ständig auf Sportwetten-Anbieter blicken zu müssen. Diese Haltungen zeigen sich anhand der Ergebnisse einer repräsentativen Umfrage, die heute von Burkhard Blienert, Sucht- und Drogenbeauftragten der Bundesregierung, veröffentlicht wurden.

Mich überrascht dies nicht, wenn ich mir die gesellschaftlichen Folgen von Glücksspielsucht in Deutschland ansehe: Mindestens 200.000 Menschen sind pathologische Glückspieler*innen. Die Dunkelziffer ist vermutlich noch höher. Das Suchtverhalten führt häufig dazu, dass sich Betroffene hoch verschulden sowie ihr Familienleben, den Job und das soziale Umfeld in ungesundem Maß vernachlässigen. Gerade im Glücksspielbereich rutschen zahlreiche Suchtkranke zudem in kriminelle Handlungsweisen hinein, um sich immer wieder Geld zu beschaffen.

Daher sehe ich es geboten, hier den Glückspielstaatsvertrag noch einmal grundlegend anzupacken und Werbung für Glückspiel – auch online und für Sportwetten – weitreichend zu begrenzen oder vollständig zu untersagen. Auch das breit angelegte „Bündnis gegen Sportwettenwerbung“, in dem ich Mitglied bin und Burkhard Blienert die Schirmherrschaft übernommen hat, fordert das schon länger. Die Länder sind hier am Zug, den Glücksspielstaatsvertrag entsprechend zu novellieren!

Der Tagesspiegel Background hat dazu berichtet.

Mein Statement zum E-Vapes-Verbot

Mein Statement zum E-Vapes-Verbot

Heute diskutiert der Bundesrat einen Antrag zum Verbot von Einmal-E-Zigaretten. Dazu erklärt Linda Heitmann als Berichterstatterin ihrer Fraktion für Verbraucherschutz sowie Drogen- und Suchtpolitik:

E-Zigaretten zum Einmal-Gebrauch, sogenannte Vapes, sind in mehrfacher Hinsicht problematisch: Ihre Rückstände verschmutzen die Umwelt, weil kaum eine Vape fachgerecht zurückgegeben und entsorgt wird. Eigentlich fällt das Produkt unter Elektroschrott, aber der Großteil landet in Parks oder im Hausmüll und sorgt immer wieder für Brände – etwa, wenn der Akku in Müllautos zerquetscht wird. Daneben verbraucht ein solches Wegwerf-Produkt unnötig viele Ressourcen, sowohl bei der Verpackung als auch mit einer Batterie, die weder aufgeladen noch recycelt wird. Nach 600 Zügen ist Schluss.

Auch gesundheits- und suchtpolitisch ist das Produkt problematisch: Wir sehen, dass sich das Marketing und Design in erster Linie an junge Menschen richten, die das Produkt nach Jugendschutzrichtlinien unter 18 gar nicht erwerben dürfen. Der oftmals süße Geschmack überlagert die herben Tabaknoten. Die Langzeitfolgen des Konsums sind bislang noch kaum erforscht und beispielsweise Krebsrisiken vollkommen unklar. Ich bin überzeugt, dass wir den Zugang zu den Vapes, die es heute an vielen Kiosken einfach zu kaufen gibt, mindestens erschweren, auf Einhaltung des Jugendschutzes beim Verkauf verstärkt hinweisen und die ökologischen Schäden minimieren.

Daher begrüßen wir die Bundesratsinitiative mit dem Ziel eines Verbots von e-Vapes europaweit. Gerade die Ökodesign-Richtlinie dürfte hierfür Möglichkeiten zur Verfügung stellen, aber ein baldiges Verbot wird nach unserer Einschätzung europa- und bundesrechtlich schwierig werden. Daher sind auch andere Maßnahmen anzudenken: Pfand auf solche Einwegprodukte wie e-Vapes könnten das Recycling und die Entsorgung deutlich verbessern und den Anreiz zum Verkauf im Einzelhandel reduzieren. Zudem stellt sich die Frage, warum eine Vape nur einmalig gebraucht werden sollte, also ob wir eine Pflicht brauchen, dass sich Akkus austauschen und Liquids und auffüllen lassen. Es braucht hier schnell ein bundesweites und überzeugendes Konzept, um Umwelt- genau wie Jugendschutz zu stärken.“

Das Statement wurde vom Ärzteblatt aufgegriffen.