Umwelt- und Artenschutz vor Ort – das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz

Umwelt- und Artenschutz vor Ort – das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz

Wer einmal durch eine Moorlandschaft wie das Altonaer Schnaakenmoor in meinem Wahlkreis gelaufen ist, erlebt: Moore sind vielfältige Landschaften und Lebensraum für Pflanzen und Tiere. Was viele jedoch nicht wissen: Moore sind Naturtalente im Klimaschutz. Ebenso wie Auen, Feuchtgebiete, Meere und Küsten können sie auf natürlichem Wege der Atmosphäre CO² entziehen und speichern. In all diesen Gebieten schlummert also ein enormes Potential für den Klimaschutz.

Das Problem: In den vergangenen Jahrzehnten fielen diese Landschaften oft der Bewirtschaftung zum Opfer. Besonders deutlich wird dies bei den Mooren sichtbar, in denen oft Torf abgebaut wurde. In Deutschland sind heute 92 Prozent der ursprünglichen Moorböden trockengelegt. Durch die Entwässerung verlieren die Landschaften jedoch ihr Gleichgewicht und CO² oder sogar das noch schädlichere Methan entweichen in die Luft.

Wir Grüne arbeiten daran, genau diesen Trend umzukehren. Renaturierung schützt Klima, Pflanzen- und Tierarten. Dafür haben wir mit dem Umweltministerium das „Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz“ aufgelegt. Bis 2027 stehen dafür 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung. In den kommenden Jahren sollen damit Moore renaturiert, Wälder ökologisch aufgewertet und auch Meere und Küsten unterstützt werden. Das Geld wird direkt vor Ort zur Verfügung gestellt: Kommunen, Länder, Landwirtschaft und Umweltschutzorganisationen können sich bewerben, um Geld für konkrete Projekte zu beantragen  für den natürlichen Klimaschutz.

Das Programm selbst ist dabei in unterschiedliche Förderrichtlinien aufgeteilt: Für zwei Förderrichtlinien ist das Bewerbungsverfahren bereits abgeschlossen, aktuell werden die Projekte ausgewählt. In der ersten Förderrichtlinie werden Biotope im ländlichen Raum aufgewertet, z.B. durch Entsiegelung oder Wassermanagement. Die zweite Förderrichtlinie richtet sich an Kommunen und Partner und fördert Anpassungsmaßnahmen an den Klimawandel.

Offen für Bewerbungen sind aktuell noch vier Förderrichtlinien:

Auf aktuell wirtschaftlich genutzten Flächen können Unternehmen bis zu 60 Prozent Förderung für private Investitionen in natürlichen Klimaschutz erhalten. Das betrifft z.B. Investitionen in die ökologische Bewirtschaftung von Biotopen oder auch die Begrünung von Gebäuden. Bis zum 30. Juni läuft hier die Bewerbungsphase.

Kommunen können wiederum Förderung für natürlichen Klimaschutz innerorts beantragen, z.B. durch das Anlegen von kleinen Parks oder der Renaturierung von Gewässern, hier werden bis zu 80 Prozent der Projektkosten gefördert.

Besonders im Fokus stehen auch Wälder: Sowohl private Waldbesitzer, als auch die Bundesländer erhalten Förderungen für den Ausbau von klimaresilienten Mischwäldern und die Schaffung von artenreichen Laubwäldern anstelle von rein wirtschaftlich genutzten Forsten. Auch das ist wichtig: Extremwetterereignisse wie Trockenheit und Waldbrände gefährden die Wälder enorm, gleichzeitig binden lebendige Wälder deutlich mehr CO².

Es gibt einiges zu tun im Natürlichen Klimaschutz – das zeigt sich auch daran, dass für all die erwähnten Programme bereits viele Projektantragsideen eingegangen sind. Mit dem Aktionsprogramm ist eine Finanzierung unterschiedlichster Projekte möglich. Jetzt ist es wichtig, die Gelder schnell zur Verfügung zu stellen.

Jetzt anmelden: „Heute für Morgen“ – Grüne Umweltkonferenz

Jetzt anmelden: „Heute für Morgen“ – Grüne Umweltkonferenz

In meiner neuen Funktion als umweltpolitische Sprecherin freue ich mich sehr, gemeinsam mit der Bundestagsfraktion unseren hybriden grünen Umweltkongress ankündigen zu dürfen: Am 26.04. ab 11:00 Uhr, Teilnahme entweder digital oder direkt bei uns im Paul-Löbe-Haus des Bundestags in Berlin.

Die natürlichen Lebensgrundlagen der Menschheit stehen unter beispiellosem Druck – nicht allein durch die Klimakrise. Zwei Drittel der planetaren Belastungsgrenzen sind bereits überschritten und auch in Deutschland ist der Biodiversitätsverlust immer stärker zu beobachten. Der Landschaftswasserhaushalt gerät aus dem Gleichgewicht, so dass fraglich ist, ob sich die hohe Qualität unseres Grundwassers halten lässt.

Deutschland hat sich international zu einem konsequenten Schutz unserer natürlichen Lebensgrundlagen bekannt. Die Bundesregierung steht zu den Zielen des Montrealer Weltnaturabkommens und zum Nature Restoration Law (NRL) auf EU-Ebene. Das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz soll auch Ökosysteme wie Auwälder und Moore und damit den Wasserhaushalt stärken. Die reale Umsetzung muss jedoch erst noch gelingen. Weitere umfassende Schritte und Maßnahmen bleiben nötig, um die Umweltziele zu erreichen.

Doch Naturschutz- und Umweltpolitik haben aktuell einen schweren Stand. Außenpolitische Krisen, der Ukrainekrieg und dessen Folgen wie Inflation und die strukturellen Kosten für die notwendige vollständige Transformation weg von fossilen Energieträgern stellen die gesellschaftliche Akzeptanz für viele ökologische Umbaumaßnahmen auf harte Bewährungsproben. Im Zuge des nötigen Ausbaus der Erneuerbaren Energien, massiver Bauernprotesten und einer zunehmenden populistischen Verhetzung von Umwelt- und Artenschutzbelangen werden zudem bewährte umweltrechtliche Regelungen, Standards und Beteiligungsrechte von Umweltverbänden immer häufiger in Frage gestellt. Und zwar in ganz Europa.

Wir Grüne im Bundestag streiten weiter für konsequenten Umwelt- und Naturschutz! Was muss geschehen, um mit diesen lebenswichtigen Fragen wieder in die Offensive zu kommen und klar werden zu lassen, dass wir alle davon profitieren? Wie können Konfliktlagen mit anderen Interessen fair und sozial gerecht überwunden werden? Wie stärken wir das gesellschaftliche Bewusstsein für die Bedeutung natürlicher Lebensgrundlagen? Und welche neuen Verbündeten und Strategien können helfen, Umwelt- und Naturschutzbelange übergreifend in allen Politikfeldern zu verankern?

Zu diesen und weiteren Fragen wollen wir am 26. April gemeinsam mit Expert*innen aus der Wissenschaft, Aktiven aus dem Umwelt- und Naturschutzbereich und der Zivilgesellschaft diskutieren und uns austauschen.

Euch erwartet ein spannendes Programm mit Keynotes von Britta Haßelmann und Steffi Lemke, verschiedenen Podiumsdiskussionen und Workshops mit Gästen aus Politik, Forschung und Zivilgesellschaft.

Wir freuen uns auf Ihre und Eure Teilnahme! Zur Anmeldung und allen weiteren Infos zum Programm gelangt ihr hier.

Presse: Nach Boeing-Pannen – Airlines müssen informieren

Der Tagesspiegel hat mich vergangene Woche zum Thema Fluggastsicherheit angefragt. Hintergrund waren die vermehrten Pannen mit Boeing-Flugzeugen, die bei vielen Menschen Sorge vor Flügen mit entsprechenden Flugzeugen ausgelöst hat. Mir ist es wichtig, dass Verbraucher*innen hier vor dem Flug Klarheit haben und entsprechend auswählen können. Dazu habe ich mich folgendermaßen geäußert:

„Sicherheit ist das A und O in der Luftfahrt. Wir sehen, dass das Luftfahrtbundesamt hier seiner Verantwortung nachkommt: So durften etwa Boeing-Maschinen nicht mehr abheben als in den USA eine Tür in der Luft herausgerissen wurde. Damit Fluggäste selbst wählen können, mit welchen Flugzeugen sie reisen möchten oder auch nicht, sollten die Airlines bereits bei der Buchung angeben, mit welcher Maschine geflogen wird. Das würde die Wahlfreiheit der Verbraucher*innen stärken und könnte Vertrauen zurückgewinnen.“

Das Statement wurde zuerst im Tagesspiegel veröffentlicht, der sich dem Thema ausführlich widmet, den Artikel (hinter einer Paywall) findet ihr hier:

Recap: So war unser Grüner Verbraucherkongress

Recap: So war unser Grüner Verbraucherkongress

Grün, digital und fair – so soll die kommende EU-Verbraucheragenda aussehen. Am 12. März wurde unser Thesenpapier auf einer hybriden Abendveranstaltung im Europäischen Haus der EU-Kommission am Pariser Platz vorgestellt und mit hochkarätigen Gästen aus der verbraucherpolitischen Szene diskutiert.

Zu Beginn begrüßte die Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann die rund 80 Gäste vor Ort und warf einen Blick zurück zur Consumer Bill of Rights, die bereits der amerikanische Präsident in den sechziger Jahren vor dem US-Kongress erlassen hatte um grundlegende Verbraucher*innenrechte zu proklamieren.  Mit der in 2023 verabschiedeten Verbandsklage für Verbraucher*innen hat die Grüne Fraktion mit der Ampel einen großen Erfolg errungen.

Im Anschluss gab unsere Grüne Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke eine politische Einordnung. Aus ihrer Sicht sind drei Themenkomplexe zentral für die künftige EU-Verbraucherpolitik. Das sind Verbraucherrechte im digitalen Raum, umweltpolitische Aspekte der Verbraucherpolitik und soziale Aspekte der Verbraucherpolitik.

Keynote des Abends war Ferda Atamann, die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, die einen Impuls zu „Verbraucherschutz ist auch Diskriminierungsschutz“ gab. Darin zog sie Vergleiche zwischen den beiden Politikfeldern. Im Bereich der Rechtsdurchsetzung könne die Antidiskriminierung noch viel von der Verbraucherpolitik lernen. Wichtig sei aber, dass Verbraucherpolitik, Antidiskriminierung immer mitdenke und auch in Verbraucherrecht verankere.

Aus Brüssel sendete Didier Reynders, EU-Kommissar für Justiz und Verbraucherschutz eine Videobotschaft. Er begrüßte die Veranstaltung und bedankte sich für die Empfehlungen zur Agenda aus Deutschland.

Kernstück und Highlight des Abends war die Vorstellung unseres ThesenpapiersUnsere Grüne Vision einer EU-Verbraucheragenda von 2025- 2030“ . Darin heben wir die große Bedeutung europäischer Politik für den Alltag der Menschen hervor. Verbraucher*innen in Europa sind seit Jahren im Krisenmodus: Die Klima-Krise, geopolitische Zerwürfnisse und Kriege führen unter anderem zu hohen Lebenshaltungskosten und damit einer „Cost of living Crisis“. Hinzu kommt ein starker Vertrauensverlust in die Politik und staatliche Institutionen. Der Zugang zu Daseinsvorsorge wie bezahlbarer Wohnraum, Energie und Mobilität, die bisher als selbstverständlich erschienen, muss neu verhandelt und zurückerobert werden. Verbraucherpolitik bietet hier die Möglichkeit, den Binnenmarkt aus Bürgerperspektive zu denken. Die kommende EU-Verbraucheragenda ist das zentrale Element für die Verbraucherpolitik der Zukunft. Aus Sicht der beiden sind die Themen Twin Transition (gleichzeitiger Übergang zu einer nachhaltigeren und digitaleren Wirtschaftsweise) und besondere verletzliche Verbrauchergruppen wichtige Zukunftsthemen derer sich die Kommission annehmen sollte. 

„Keep it simple for consumers“: Verbraucherpolitik muss den Alltag und das Leben der Menschen leichter machen. Verbraucherpolitik sollte daher eine Vereinfachungsoffensive starten. Dabei kann die Digitalisierung – bei allen Herausforderungen, die sie selbst für Verbraucher*innen mitbringt – ein Treiber sein. Umso wichtiger, ist dass die Werkseinstellung der „digitalen Konsumwelt“ fair by design & default – also eine Voreinstellung ist. Die Herausforderungen für die Jahre 2025 bis 2030 liegen darin, die grüne und digitale Transformation des Verbraucheralltags weiter voranzubringen. Damit alle Verbraucher*innen bei nachhaltigen Konsummustern mitgenommen werden, müssen wir einerseits faire Rahmenbedingungen schon bei der Produktion schaffen und andererseits auch eine soziale Abfederung gewährleisten. Soziale Gerechtigkeit muss horizontal mitgedacht und als Querschnittsaufgabe verankert werden.

Zu den Empfehlungen an die EU-Kommission gehört das Verbraucherleitbild des EU-Wettbewerbsrecht zu überarbeiten, da es ist nicht mehr zeitgemäß für die digitale Welt und für besondere vulnerable Verbrauchergruppen ist. Zudem solle das Informationsparadigma überdacht werden, da mehr Informationspflichten nicht zu mehr Informiertheit führen.

In drei Powertalks mit Gästen, wurde die EU-Verbraucheragenda der Zukunft diskutiert. Tabea Rößners diskutierte mit Jan-Philipp Albrecht, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung und als ehemaliger Grüner Europaabgeordneter seinerzeit Berichterstatter für die Datenschutzgrundverordnung und Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur und somit zuständig für den behördlichen Verbraucherschutz das Thema Twin Transition. Albrecht betonte die Bedeutung der Verbraucherrechtsdurchsetzung. In vielen Fällen sei das bestehende Verbraucherrecht, wie die Datenschutzgrundverordnung noch nicht ausgeschöpft worden. Müller hingegen skizzierte seine Vision der Durchsetzung der anstehenden Digitalgesetze wie dem Digital Services Act in Deutschland.

Um nachhaltigen Konsum zu fördern, sollten auch Plattformen ordnungspolitische Regeln auferlegt werden. Das bewährte Instrument des Ökodesign (ESPR) sollte auf weitere Produktgruppen ausgeweitet und parallel dazu auf die Vertriebswege anwendbar gemacht werden. Über delegierte Rechtsakte der ESPR sollte geprüft werden, inwiefern auch Onlinemarktplätze in die Pflicht genommen werden können, im Nutzerdesign ein Angebot nachhaltiger Produkte für Verbraucher*innen über z.B. Filter sichtbar machen zu müssen.

Ich habe mich in meinem Powertalk den besonders verletzlichen Verbraucher*innen. Damit sind Bezieher von Sozialleistungen, Angehörige bildungsferner Schichten, ältere Menschen, Kinder und Jugendliche oder Menschen mit Sprachbarrieren wie Zugewanderte gemeint, die vor besonders großen Herausforderungen im Verbraucheralltag stehen und große Benachteiligungen erfahren. Unterschiedliche soziodemographische Merkmale, Verhaltensmerkmale, Lebensverhältnisse, kulturelle Hintergründe und Fähigkeiten führen dazu, dass sie häufig im Abseits der Verbraucherpolitik- und des Alltags stehen. Daher sind sie gefährdeter, negative Folgen bestimmter (insbesondere auch digitaler) Marktpraktiken zu erfahren und sind besonders auf staatlichen Verbraucherschutz angewiesen. Der Schutz verletzlicher Verbraucher*innen sollte laut Heitmann in europäischen Verbraucherrecht verankert werden, damit die Mitgliedsstaaten daraus einen Handlungsauftrag ableiten. Eine EU-Strategie für besondere verletzliche Verbrauchergruppen sollte Jugendliche, Ältere und Menschen mit Sprachbarrieren in den Mittelpunkt stellen. In der Praxis haben sich zum Beispiel Projekte des aufsuchenden Verbraucherschutzes in Quartieren bewährt, wo die Hilfe direkt zu den Menschen kommt. Von diesen berichtete auch Doreen Denstädt, Thüringer Ministerin für Migration, Justiz und Verbraucherschutz. Sie zeigte auch, wie durch mehrsprachige Verbraucherbroschüren Zielgruppen wie Migranten angesprochen werden können. Ramona Pop Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) teilte die Einschätzung Linda Heitmanns zur besonderen Schutzbedürftigkeit von verletzlichen Verbrauchergruppen. Zudem würden davon auch die durchschnittlichen Verbraucher*innen erfasst werden.

Im dritten Powertalk diskutierte Stefan Schmidt, in der Fraktion zuständig für finanziellen Verbraucherschutz mit Dorothea Mohn, Teamleiterin Finanzmarkt beim vzbv über die Finanzthemen der Zukunft. Von der Bedeutung der Kleinanlegerstrategie, die ein Provisionsverbot enthalten müsse, über den Erhalt des Bargelds bei verbraucherfreundlicher Ausgestaltung des digitalen Euros und der Wichtigkeit einfacher und passgenauer Finanzprodukte.

Zum Schluss schaltete sich noch Anna Cavazzini, Mitglied des europäischen Parlaments und Vorsitzende des Binnenmarkt Ausschuss aus Straßburg hinzu und kommentierte den Abend aus dem Epizentrum des europäischen Parlaments. Gute Verbraucherpolitik nehme auch (Rechts)Populisten die Argumente und stärke das Verbraucher*innenvertrauen in die Institutionen, wenn der Alltag der Verbraucher*innen sicherer und einfacher und ihre Rechte schneller durchgesetzt werden.

Die Grüne Bundestagsfraktion wird den Prozess rund um die kommende EU-Verbraucheragenda 2025-2030 eng begleiten. Eine starke Grüne EP-Fraktion mit vielen Grüne Europaabgeordnete kann deren ambitionierte Umsetzung befördern.

Gastbeitrag mit Tabea Rößner: Verbraucherpolitik für alle!

Gastbeitrag mit Tabea Rößner: Verbraucherpolitik für alle!

In der Frankfurter Rundschau habe ich mit Tabea Rößner einen Gastbeitrag veröffentlicht:

Die EU muss auch den Alltag von vulnerablen Gruppen erleichtern. Ein Gastbeitrag von Grünen-Bundestagsabgeordneten Linda Heitmann und Tabea Rößner.

Verbraucherpolitik ist allgegenwärtig: Beim Einkaufen im Supermarkt, beim Surfen im Netz oder beim Onlinebanking. Wir alle wollen Produkte und Dienstleistungen nutzen, ohne Angst haben zu müssen, über den Tisch gezogen zu werden. Deshalb brauchen wir faire Regeln für Verbraucher:innen. Regeln, auf die wir uns verlassen können und die uns schützen.

Verbraucherpolitik wird vor allem in Brüssel verhandelt und gemacht. Kostenloses Roaming oder das einheitliche Ladekabel sind große Sprünge und zeigen, wie weitsichtige Verbraucherpolitik im Alltag der Menschen spürbar wird.

Mit dem Blick in die Zukunft wird es wichtig sein, im digitalen Raum einen fairen Umgang zu finden und die unterschiedlichen Bedürfnisse der Verbraucher:innen zu berücksichtigen und damit zu schützen. Unser Ziel ist es, das Leben einfacher zu machen.

Wer kennt es nicht: Auf jeder Website springt uns ein Cookie-Banner entgegen. Für viele ist das lästig, aber es ist verpflichtend. Durch manipulatives Design ist es oftmals so viel einfacher, den Cookies zuzustimmen, als sie abzulehnen. Und schnell teilt man sein persönlichstes Interesse mit milliardenschweren Konzernen oder eben auch mit dubiosen Anbietern.

Diese „dark patterns“ gibt es in verschiedensten und kreativen Varianten. So werden wir getäuscht, zum Geldausgeben verleitet oder gar süchtig gemacht. Auch Künstliche Intelligenz kann nicht minder manipulativ sein. Sie generiert auf uns zugeschnittene Werbung oder filtert unsere Kaufentscheidungen, die wir doch selbst und unabhängig treffen wollen. Das Verbraucherrecht muss dafür bessere Antworten finden.

Verträge mit einem Klick wieder kündigen

Der Kündigungsbutton ist eine solche Antwort. Wenn Verträge mit einem einfachen Maus-klick abgeschlossen werden, müssen sie mit einem Klick gekündigt werden können. Auch ein Streaming-Abo sollte nicht ewig weiterlaufen, wenn ich es eigentlich nicht nutze. Fair wäre, wenn ich eine Erinnerungsmail bekomme und das Abo dann fortsetze oder eben kündige.

So funktioniert Fairness in der digitalen Welt. Angebote müssen verständlich, einfach zu bedienen und neutral sein. Das heißt, die Werkseinstellung soll sicher, nicht manipulativ und da-tensparsam sein. Dazu gehört auch das Recht, im Internet nicht getrackt, also digital verfolgt, zu werden.

Damit Verbraucherpolitik den Alltag aller Menschen einfacher macht, fordern wir, dass sie sich an jenen ausrichten sollte, die es schwerer haben als andere. Ihre „Verletzlichkeit“ hat verschiedene Ursachen: Jugendliche haben weniger Erfahrung beim Einkaufen, Menschen mit Sprachbarrieren können Informationen nicht so gut erfassen.

Wenn wir Verbraucherschutzpolitik an diesen Menschen orientieren, profitieren alle davon. Wir fordern die EU-Kommission auf, eine „Strategie für besondere Verbrauchergruppen“ zu entwickeln, die gezielt Jugendliche, Ältere und Menschen mit Sprachbarrieren schützt und damit für alle EU-Staaten einen umsetzbaren Rahmen vorgibt.

Spanien hat hier schon vorgelegt: Beratung am Telefon oder per Chat darf nicht ausschließlich von Maschinen ausgeführt werden. Und die Beratung muss zu den Menschen kommen. Auch wir fordern bei wichtigen Angelegenheiten des Alltags einen persönlichen Ansprechpartner statt nur KI-Bots. Denn nicht jeder kommt mit Onlinebanking und all den digitalen Angeboten für Kredite oder Kontoleistungen zurecht. Ein Mindestmaß an Filialen mit persönlichen Bankberater:innen bleibt unerlässlich.

Wir wollen niemanden ausschließen, weshalb Leichte Sprache und Übersetzungen verfügbar sein müssen. „One-Stop-Shops“, also Anlaufstellen in Städten, die zu allen Bedürfnissen, etwa denen von Zugewanderten oder Älteren beraten, sind hervorragend geeignet, um Hürden abzubauen und Teilhabe zu stärken. Im finnischen Tampere sind diese Beratungen schon Wirklichkeit, deshalb gilt sie als besonders altersfreundlich.

Verbraucherpolitik ist immer die Chance, unseren Alltag einfacher und sicherer zu machen. Fairness und Verständlichkeit müssen deshalb am Anfang einer neuen Verbraucheragenda stehen. Dann kann es auch gelingen, mit den vielen neuen Entwicklungen Schritt zu halten und die Menschen dabei mitzunehmen.

Den ganzen Gastbeitrag findet Ihr auch hier direkt in der Frankfurter Rundschau.

Presseartikel: Handelsblatt zur Verbraucheragenda

Presseartikel: Handelsblatt zur Verbraucheragenda

Bereits zu Beginn dieser Woche hat das Handelsblatt über das Thesenpapier von Tabea Rößner und mir zur EU-Verbraucheragenda berichtet. Mein Zitate dazu:

In ihrem Papier listen die Grünen-Politikerinnen Rößner und Heitmann weitere Punkte auf, wo sie auf EU-Ebene Handlungsbedarf sehen. Das Verbraucherrecht muss aus ihrer Sicht an die Anforderungen im digitalen Zeitalter angepasst werden. „Mit einem überzeugenden europäischen Rahmen können die Mitgliedstaaten vor Ort die besten Lösungen finden und den Verbraucherschutz überall auf dem Kontinent zielgenau verbessern“, sagte Heitmann dem Handelsblatt.

Den ganzen Artikel im Handelsblatt findet Ihr hier.