Wo steht die Umwelt- und Naturschutzpolitik in Hamburg und Berlin und wie muss sie nach den Wahlen weitergehen?
Das war die zentrale Frage, die ich in der letzten Woche beim Neujahrsempfang meines Kreisverbands im Museumshafen Övelgönne mit meinen Gästen diskutiert habe:
Meine Kollege Jan-Niclas Gesenhues, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesumweltministerium, hat zu Beginn aufgezeigt, warum Umwelt- und Naturschutz in die Offensive kommen muss und was jeder und jede vor Ort davon hat und dafür tun kann; und wie sein Opa ihn für die Natur begeistert hat.
Sophie Lampl von Greenpeace erläuterte, dass der Naturschutz im Bund und international künftig noch weiter unter Druck gerät und wie wichtig es nun ist, gemeinsam für weitere Verbesserungen einzutreten und eine Vorreiterrolle in Europa sowie weltweit einzunehmen.
Anselm Sprandel von der Hamburger Umweltbehörde (BUKEA) berichtet, dass Umwelt- und Naturschutz oft das Bohren dicker Bretter verlangt, was in Hamburg in den letzten Jahren aber aufgrund des unermüdlichen Einsatzes von Politik und Zivilgesellschaft, z.B. mit der Vereinbarung „Hamburgs Grün erhalten“, geschafft wurde, teilweise auch unterhalb der öffentlichen Wahrnehmungs-Schwelle. Gerade beim Kohleausstieg und der Dekarbonisierung von Energie- und Wärmeversorgung ist Hamburg bundesweit Vorbild.
Und Katharina Schmidt vom Nabu Hamburg betonte, wie wichtig der Einsatz und das Engagement vor Ort sind, um konkrete Verbesserungen vor Ort zu schaffen und Menschen für den Umweltschutz zu gewinnen.
Julia Verlinden, stellvertretende Vorsitzende unserer Bundestagsfraktion, hat das Panel fachkundig und charmant moderiert und so gut auf die Zeit geachtet, dass am Ende genügend Raum blieb, sich in kleineren Runden bei Getränken und Häppchen zu unterhalten und weiter zu diskutieren.
Ich habe mich über die Resonanz und das Interesse gefreut und verspreche, mich weiter für den Umwelt- und Naturschutz einzusetzen.
Heute berichtet das Abendblatt, dass der nächtliche Flugverkehr in Hamburg zugenommen hat. Dazu erkläre ich als Bundestagsabgeordnete aus Altona sowie Mitglied im Umwelt- und Gesundheitsausschuss des Bundestages, gemeinsam mit Lisa Kern, Bürgerschaftsabgeordnete für Lokstedt/Niendorf/Schnelsen und Sprecherin für Verbraucherschutz (beide Grüne):
„Die zunehmenden Flugbewegungen nachts am Hamburger Flughafen müssen endlich ernst genommen werden! Fluglärm ist für die Hamburger*innen den ganzen Tag über eine der wesentlichen Lärmbelastungen, nachts ganz besonders. Verspätungen sind der Hauptgrund, warum Flugzeuge nach wie vor auch nach 23 Uhr starten und landen und somit die Nachtruhe stören. Die zuständige Wirtschaftssenatorin muss hier tätig werden. Die bisherigen Regelungen sind zu lasch, um vermeidbare Starts und Landungen nach 23 Uhr einzuschränken. Dafür braucht es klarere Definitionen, was ‚unvermeidbaren Verspätungen‘ sind und als Grüne sind wir auch der Meinung, dass eine Verkürzung der Betriebszeiten möglich wären und Entlastung bringen könnten!
Fast ein Viertel mehr Nachtflüge verzeichnete der Flughafen im vergangenen Jahr. Eine erhebliche Mehrbelastung für die Hamburger*innen. Melanie Leonhard darf nicht länger die innenstadtnahe Lage des Flughafens als Ausrede vorschieben: Eine moderne Metropole sichert den Gesundheits- und Lärmschutz seiner Bewohner*innen. Dafür müssen die Airlines in die Pflicht genommen werden: Verspätete Starts und Landungen sollten künftig nur noch mit vorher erteilter Ausnahmegenehmigung der Lärmschutzbeauftragten erlaubt werden. Flachstarts gilt es vollständig zu unterbinden. Darüber hinaus muss am Flughafen die Perspektive der betroffenen Bürger*innen besser einbezogen werden. Wir unterstützen daher die Forderungen von BIG-Fluglärm.“
Ein großer Erfolg für den finanziellen Verbraucherschutz! Ab heute geht das Kontenvergleichsportal der Bafin an den Start. Dort könnt ihr neutral und unabhängig fast 7000 Girokontenvergleichen – transparent und mit einer guten Übersicht über alle möglichen Gebühren und Konditionen. Dafür haben wir uns lange eingesetzt: in der Opposition, bei den Verhandlungen zum Koalitionsvertrag und als Regierungsfraktion.
Im Gebühren- und AGB-Dschungel der Girokonten ist es für Verbraucher*innen schon lange unübersichtlich und kaum möglich, das passende Angebot zu finden. Vergleichswebsites privater Anbieter sind nicht unabhängig und neutral, da sie beispielsweise an abgeschlossenen Verträgen verdienen. Bei ihnen ist also der eigene Umsatz entscheidender als der Verbraucherschutz und die unabhängige Information. Mit dem Kontenvergleichsportal der staatlichen Finanzaufsicht Bafin gibt es nun ein neutrales Angebot. Jede und jeder kann das für die eigenen Bedürfnisse passende Angebot suchen. Berücksichtigt werden etwa die Kontoführungsgebühren, der Dispozins, das Filialnetz, die Gebühren fürs Geldabheben oder die Kosten für Giro- und Kreditkarten. Das ist finanzieller Verbraucherschutz, der direkt bei den Menschen ankommt. Wir freuen uns sehr, nach langem Einsatz kurz vor Ende der Legislaturperiode noch einen so wichtigen Erfolg feiern zu können.
Die Vergleichswebsite findet ihr unter kontenvergleich.bafin.de – Probiert sie doch gerne mal aus.
Die Substitutionsbehandlung bei einer schweren Opioidabhängigkeit ist seit vielen Jahren eine anerkannte und wirksame Behandlungsmethode, um Betroffenen wieder einen geregelten Tagesablauf und besseren Gesundheitsschutz zu ermöglichen.
Die Krankenkassen übernehmen in der Regel die medizinischen Behandlungskosten dafür, jedoch bisher nicht für alle Wirkstoffe. Am 18. Dezember 2024 hat das Bundeskabinett mit der vierten Novelle der Betäubungsmittel-Verschreibungsverordnung (BtMVV) nun endlich den Weg frei gemacht für den verbesserten Zugang für Menschen mit schwerer Opioidabhängigkeit zur überlebenswichtigen Therapie mit Diamorphin.
Diamorphin, das als sogenanntes „Heroin auf Rezept“ von Kritikern verschrien wurde, hat sich jedoch in der ärztlichen Praxis längst bewährt.
Wir Grüne setzen uns seit langem dafür ein, die gesetzlichen Regelungen hier an die Realität anzupassen. Denn Diamorphin ist für viele Patient*innen die einzige Chance, um einen besseren körperlichen und psychischen Gesundheitszustand zu erreichen und wieder aktiv am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen.
Die bisher geltende starre Altersgrenze von 23 Lebensjahren und eine mindestens fünfjährige Abhängigkeit der Patient*innen wurden abgeschafft und damit zwei enorme Zugangshürden abgebaut. Dies kann Leben retten und zumindest Leid und Stress der Betroffenen reduzieren. Denn für viele Patient*innen sind andere Substitute wie Methadon nicht geeignet als Wirkstoff, um ihren Suchtdruck zu mindern.
Mit der Öffnung der Verschreibungsfähigkeit von Diamorphin wird Ärzt*innen auch mehr Kompetenz zugesprochen. Sie können nun besser selbst entscheiden, ob die Voraussetzung für einen Therapiebeginn mit Diamorphin erfüllt sind. Daher ist die BtMVV-Novelle auch für die Substitutionsmedizin insgesamt eine wirklich gute Nachricht. Denn es gibt immer mehr ältere Substitutionsmediziner*innen und immer weniger Nachwuchs. Durch die neue Verordnung wird Rechtssicherheit für die Behandler*innen geschaffen und ihr Ermessenspielraum gestärkt.
Ich hoffe und denke, dass dies auch dazu beitragen kann, dass sich künftig mehr Ärzt*innen für das Angebot von Substitutionstherapie in ihren Praxen entscheiden werden.
Als Gesundheitspolitikerin, aber auch persönlich finde ich: ein echter Meilenstein am Ende dieser Legislatur! Und die Verordnung tritt nach Beschluss durch das Kabinett jetzt auch in Kraft, sie muss nicht durch den Bundestag noch verabschiedet werden.
Ich bin überzeugt, dass es sich lohnt, auch nach den Bundestagswahlen für eine evidenzbasierte Drogenpolitik und damit bessere Gesundheitsversorgung von suchtkranken Menschen zu kämpfen und ich werde mich in Hamburg und bundesweit weiter dafür stark machen!
Gestern haben wir im Bundestag wieder einmal über den Verbrenner diskutiert. Mir kommt diese Debatte vor wie „Täglich grüßt das fossile Monster“. In meiner Rede habe ich dargestellt, dass unsere Automobilwirtschaft Planungssicherheit braucht und sich auch wünscht, um im internationalen Wettbewerb bestehen zu können. Der Verbrenner ist eine überholte Technik und braucht daher auch keine aussichtslosen Wiederbelebungsversuche.
Zum bundesweiten Aktionstag „Suchtberatung“ am 14. November 2024 fordert die Deutsche Hauptstelle für Suchtfragen e.V. (DHS) zweckgebundene Abgaben auf legale Suchtmittel zugunsten von Prävention, Behandlung und Erforschung von Suchterkrankungen.
Hintergrund der Forderung: Trotz der extremen gesellschaftlichen Schäden werden Hersteller und Händler nicht an den enormen Kosten beteiligt, die durch den Gebrauch ihrer Produkte entstehen, so die Haltung der DHS. Daher fordern die Suchtberater eine zweckgebundene Abgabe auf alle legalen Suchtmittel und Glücksspielangebote. Das Geld daraus soll uneingeschränkt für die Vorbeugung, Behandlung und Erforschung von Abhängigkeitserkrankungen und anderen Konsumfolgen zur Verfügung stehen.
Ich habe dem Tagesspiegel Background dazu ein Statement gegeben:
„Zweckgebundene Steuerabgaben seien dafür jedoch „nicht der geeignete Weg und rechtlich auch nur in sehr wenigen Ausnahmefällen möglich“, sagte deren Sprecherin für Umwelt und Verbraucher:innenschutz, Linda Heitmann, zu Tagesspiegel Background.“
„Als weiteren Grund gegen Abgaben auf verkaufte Suchtmittel wie Alkohol und Tabak führte Heitmann ins Feld, „dass die Finanzierungsgrundlage von Suchthilfe nicht davon abhängig sein sollte, wieviel konsumiert wird“. Ansonsten müssten die Einrichtungen bei sinkendem Konsum, der ja wünschenswert sei, um ihre Finanzierung bangen, argumentierte sie. Dies könne nicht richtig sein.“
„Allerdings brauche eine verlässliche Finanzierung der Suchthilfe. So unterstütze sie etwa die Forderung der DHS, eine verpflichtende Mindestfinanzierung per Einwohnerschlüssel zum Beispiel „im SGB V festzuzurren“, sagte Heitmann. Nur eine dauerhaft ausfinanzierte Suchthilfe könne suchtkranke Menschen erreichen und sei planbar für Sozialarbeiter:innen und medizinisches Personal, „die bislang mit sehr wenig Ressourcen Großes leisten“.“
Überfällig sei zudem „eine ernstzunehmende Besteuerung von alkoholischen Getränken“, drängte Heitmann. „Ein Bier kostet in deutschen Kneipen teilweise weniger als eine Apfelsaftschorle“, sagte sie. Daneben benötige man eine schärfere Regulierung von Alkoholwerbung in Fernsehen, Kino, Social Media, öffentlichem Raum. Und auch der „aus der Zeit gefallene“ Paragraf zum sogenannten begleiteten Trinken gehöre aus dem Jugendschutzgesetz gestrichen. All diese Maßnahmen kosteten die öffentlichen Haushalt kein Geld, so die Grünen-Politikerin. Sie könnten jedoch das Bewusstsein für eigenen Alkoholkonsum schärfen „und zu einer ehrlicher geführten gesellschaftlichen Debatte über unseren Alkoholkonsum beitragen“.
Den ganzen Artikel lest ihr (hinter der Paywall) hier.
Die EU-Kommission hat eine Empfehlung an die Mitgliedsstaaten zur Erweiterung des Nichtraucherschutzes auf Außenbereiche und sogenannte alternative E-Produkte ausgesprochen. Ich sehe dies durchweg positiv.
Das RedaktionsNetzwerk Deutschland hat dazu berichtet: „SPD und Grüne wollen Rauchen auch in bestimmten Außenbereichen verbieten“. Hier geht’s zum Artikel.
Der Entwurf für den Gesundheitshaushalt ist nun in 1. Lesungim Bundestag. Im parlamentarischen Verfahren mache ich mich gemeinsam mit meiner Fraktion insbesondere stark für mehr Präventionsmittel im Bereich Drogen und Sucht. Denn hier dürfen wir nicht an der Aufklärung sparen. Da die Zahl der Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen vor allem von der Volksdroge Alkohol sehr hoch ist.
Gleichzeitig müssen wir endlich Maßnahmen zur Verhältnisprävention, wie z.B. schärfere Regelungen fürAlkoholwerbung anpacken. Diese sind nachweislich wirksam und schlagen im Haushalt für Gesundheit nicht zu Buche.
„Koalitionsvertrag umsetzen und Verbraucherschutz erhöhen“
Bundesjustizminister Marco Buschmann soll sich im Rahmen der EU-Verhandlungen über die Pauschalreiserichtlinie für eine Insolvenzabsicherung für Fluggesellschaften einsetzen. Das fordere ich gemeinsamen mit meinem Kollegen Stefan Schmidt zu Beginn der Hauptreisezeit in einem Brief an den Minister. „Wir wollen die Flugreisenden besser vor einer Airline-Insolvenz schützen. Deswegen erwarten wir, dass der zuständige Justizminister sich bei den Verhandlungen auf EU-Ebene aktiv für eine Insolvenzabsicherung für Fluggesellschaften einsetzt“, begründen wir den Brief.
Aktuell müssen sich Fluggesellschaften nicht gegen eine mögliche Insolvenz absichern. Geht eine Fluggesellschaft pleite, bleiben Passagiere auf den Ticketkosten sitzen und müssen sich auch auf eigene Kosten um ihren Rücktransport kümmern. „Eine Airline-Insolvenz kann für Flugreisende, vor allem für Familien, schnell tausende von Euro kosten. Statt die schönste Zeit des Jahres zu verbringen, kann eine Insolvenz viele an die finanziellen Grenzen bringen.“
Wie gut eine Insolvenzabsicherung für Reisende funktionieren kann, wir am Beispiel des Deutschen Reisesicherungsfonds (DRSF), der seit 2021 – als Konsequenz aus der Thomas-Cook-Pleite 2019 – die Kundengelder der Pauschalreisenden absichert: „Der DRSF wickelt gerade die Ansprüche von hunderttausenden Pauschalreisenden ab, die von der FTI-Pleite betroffen sind. Ein ähnliches Verbraucherschutzinstrument brauchen wir auch für Fluggesellschaften. Die Verhandlungen auf EU-Ebene zur Überarbeitung der Pauschalreiserichtlinie und der Passagierrechte werden unter der ungarischen Ratspräsidentschaft fortgesetzt. Das ist der beste Zeitpunkt, um die Vereinbarung aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen und den Verbraucherschutz bei Flugreisen zu erhöhen.“
Der Regen der letzten Wochen hat die Grundwasserspeicher gefüllt. Trotzdem mahne ich im Interview mit der Zeitung „Das Parlament“ an, das Grundwasser besser zu schützen. Böden müssen mehr entsiegelt werden.
Hier das komplette Interview zum Nachlesen:
Frau Heitmann, die Bundesregierung hat im März 2023 die Nationale Wasserstrategie beschlossen, um angesichts zunehmender Dürren und Hochwasser die Verfügbarkeit von Trinkwasser langfristig zu sichern. Sie enthält ein Aktionsprogramm mit 78 konkreten Maßnahmen, wie etwa die Renaturierung von Flüssen, die Entsiegelung von Flächen und die Ertüchtigung der Wasserinfrastruktur. Was die Umsetzung betrifft, hat man seither nicht viel gehört. Warum?
Linda Heitmann: Die Umsetzung ist oft vor allem Verwaltungshandeln, von dem man tatsächlich öffentlich nicht viel mitbekommt. Aber hinter den Kulissen läuft einiges. So treffen sich regelmäßig die Fachleute von Bund und Ländern, um Maßnahmen abzustimmen, die vordringlich angegangen werden sollen – wie etwa ein bundesweites Grundwassermonitoring. Ziel ist es, Neubildung und Entnahme von Grundwasser besser als jetzt im Blick zu haben.
Wäre es nicht wichtig, schneller ins Handeln zu kommen? Auch wenn es zuletzt viel geregnet hat, gehört Deutschland doch zu den Ländern, deren Grundwasserspeicher zuletzt stark geschrumpft waren.
Linda Heitmann: Ja, der Rückgang des Grundwassers war besorgniserregend. Aber aus meiner Sicht widerspricht es sich nicht, Pläne zu machen und bereits erste Maßnahmen umzusetzen. Und das passiert längst.
Um welche Maßnahmen geht es?
Linda Heitmann: Mit dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz, für das 3,5 Milliarden Euro bis 2027 zur Verfügung stehen, werden schon jetzt Projekte zur Wiedervernässung von Mooren und Renaturierung von Flussauen finanziell unterstützt. Auch Maßnahmen zur Verringerung von Schadstoffeinträgen in Gewässer, etwa durch die Ausstattung von Klärwerken mit einer vierten Klärstufe, laufen.
Diese braucht es, weil das Abwasser verstärkt mit Medikamentenrückständen, Hormonen und Mikroplastik belastet ist, welche die meisten Kläranlagen nicht herausfiltern können. Nach der neugefassten EU-Abwasserrichtline sollen bis 2035 zunächst alle großen Kläranlagen eine solche vierte Klärstufe bekommen.
Linda Heitmann: Wir wollen aber auch Kläranlagen entlasten, indem wir leicht verschmutztes Grauwasser als Brauchwasser nutzen. Das hilft auch, Trinkwasser einzusparen. Wie das funktionieren kann, testet meine Heimatstadt Hamburg gerade in einem Wasserrecycling-Projekt. In den Haushalten eines neuen Wohnviertels, der Jenfelder Au, wird Wasser vom Duschen, Spülen oder Wäschewaschen vom sogenannten Schwarzwasser aus der Toilette getrennt, vor Ort wieder gereinigt und erneut verwendet: zum Beispiel für die Toilettenspülung, die Gartenbewässerung oder als Brauchwasser in Gewerbe und Landwirtschaft.
Wie viel Wasser kann denn so eingespart werden?
Linda Heitmann: Fast 30 Prozent des täglichen Trinkwasserverbrauchs entfallen auf die Toilettenspülung. Hinzu kommt das, was sonst für die Gartenbewässerung genutzt würde. Solche Konzepte können kommunalen Wasserversorgern bei Nutzungskonflikten helfen.
Genau für solche Nutzungskonflikte mit Industrie und Landwirtschaft fordert der Deutsche Städtetag Leitlinien. Auch die Wasserstrategie sieht die Erarbeitung solcher Leitlinien vor. Gibt es sie bereits?
Linda Heitmann: Fachleute der Bund-Länder-Arbeitsgemeinschaft Wasser erarbeiten sie derzeit. Wie brisant Wassernutzungskonflikte werden können, habe ich in Spanien gesehen. Illegale Brunnenbohrungen zur Bewässerung von Erdbeerplantagen bedrohten ein Naturschutzgebiet – und lösten einen großen politischen Streit aus.
Auch bei uns nehmen Wasserkonflikte zu: Die um Tesla und Coca-Cola sind prominent. Wie helfen hier Leitlinien?
Linda Heitmann: Sie sollen ein Leitfaden für Behörden sein, die bei Wasserknappheit entscheiden müssen, wer vorrangig Wasser nutzen darf.
Und wer sollte das sein?
Linda Heitmann: Aus meiner Sicht, und so steht es auch in der Nationalen Wasserstrategie, muss die öffentliche Trinkwasserversorgung Priorität haben. Wasser ist schließlich unser wichtigstes Lebensmittel.
Die besondere Bedeutung der Trinkwasserversorgung wird dort zwar betont, aber ebenso die Lebensmittel- und Gesundheitsversorgung. Müsste der Vorrang der öffentlichen Trinkwasserversorgung nicht klarer formuliert werden?
Linda Heitmann: Ich finde es richtig, die Lebensmittelproduktion mit hoher Priorität zu behandeln, denn natürlich ist sie notwendig – und notwendiger als andere Industriegüter. Was als Lebensmittel gilt, muss man sich aber genau ansehen und abwägen.
Die Bundesländer erheben unterschiedlich hohe Entgelte für Wasser aus dem Grund oder aus Flüssen und Seen. In Hessen, Bayern und Baden-Württemberg müssen Industrie und Landwirtschaft gar nichts für die Entnahme von Wasser zahlen. Sollte Wasser nicht überall in Deutschland gleich viel kosten?
Linda Heitmann: Ich halte einheitliche Wasserentgelte für sinnvoll, damit Unternehmen sich nicht ihren Standort danach aussuchen, wo das Wasser am günstigsten ist. Wir sollten einen Standortwettbewerb auf Kosten der Umwelt unbedingt vermeiden.
Screenshot von das-parlament.de
Die Bundesregierung hat angekündigt, eine einheitliche Regelung zu prüfen. Gibt es schon ein Ergebnis?
Linda Heitmann: Die Verhandlungen in der Bund-Länder-Arbeitsgruppe laufen. Und es ist auch nachvollziehbar, dass dies nicht öffentlich, sondern intern passiert.
Umweltverbände fordern, Wasser zu verteuern, um einen Sparanreiz zu setzen. Mehreinnahmen könnten für die Wiederherstellung von Flüssen genutzt werden, von denen nur acht Prozent in einem guten Zustand sind.
Linda Heitmann: Mit Entnahmeentgelten und der neugefassten EU-Abwasserrichtlinie, die erstmalig eine Herstellerverantwortung einführt, werden einige Nutzer künftig zusätzlich zur Kasse gebeten. Ich würde den Sparanreiz aber nicht überschätzen. Mit Geld lässt sich zudem nur begrenzt Schaden wieder gutmachen. Unser Hauptaugenmerk sollte sein, unsere Gewässer wirklich zu schützen. Deswegen arbeiten wir an politischen Maßnahmen wie dem Düngegesetz und der EU-Düngeverordnung, um den Schadstoffeintrag durch die massive Düngung auf landwirtschaftlichen Flächen von vorneherein zu reduzieren.
Das Düngesetz ist im Bundesrat gerade gescheitert – und damit die geplante Neuregelung für einen besseren Schutz des Grundwassers. Wie ist Ihre Reaktion?
Linda Heitmann: Es ärgert mich, dass einzelne Bundesländer auf Kosten der Wasserreinheit und der Gesundheit aller politische Spielchen spielen. Durch die Blockade im Bundesrat drohen uns nun die Wiederaufnahme des EU-Vertragsverletzungsverfahren und hohe Strafzahlungen.
Die Wasserstrategie sieht die Förderung von „Schwammstädten“ vor, in denen Regenwasser in Zisternen gespeichert oder im Boden versickern kann, anstatt direkt mit dem Abwasser entsorgt zu werden. Ein solcher Stadtumbau verursacht aber Kosten – und Konflikte, weil durch Entsiegelung Flächen verloren gehen. Braucht es bundesweite gesetzliche Vorgaben, die „Wasserversorgungsvorhaben“ Priorität einräumen?
Linda Heitmann: Jedenfalls müssen wir mit Förderprogrammen die nötigen Anreize setzen. Wir sehen überall die Nutzungskonflikte: Wohnungsbau, Gewerbe, Verkehr, Landwirtschaft und Naturschutz konkurrieren um Flächen. Es braucht hier eine Priorisierung für Entsiegelung, denn Wasser ist unsere Lebensgrundlage. Damit sich genügend im Grund neu bilden kann, muss so viel Regen wie möglich versickern können.