Zum heutigen Urteil des Bundesgerichtshofs zur Behauptung von Katjes, seine Produkte seien klimaneutral, erklärt Linda Heitmann, Sprecherin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz:
„Das Urteil zeigt deutlich, dass es wir einen klaren Rahmen für Verbraucher*innen und Unternehmen brauchen, damit Umwelt- und Nachhaltigkeitsversprechen von Produkten verständlich und fair sind. Zwei Richtlinien aus Europa – EmpCo und GCD – zeigen in die richtige Richtung und bilden einen guten Rahmen: Zum einen müssen Unternehmen den Umweltnutzen ihrer Versprechen verständlich, transparent und anhand allgemeiner Kriterien belegen. Und zum anderen reicht die Kompensation von Emissionen über sogenannte Zertifikate nicht mehr aus, sondern der Herstellungsprozess muss bereits Emissionen einsparen.
Das wäre ein klarer Mehrwert für Konsument*innen, die nach einer aktuellen Umfrage des Handelsverbandes beim Einkauf immer stärker auf Nachhaltigkeitsaspekte achten. Und wir belohnen die Unternehmen, die sich tatsächlich und wirksam darum bemühen, ihre Umweltauswirkungen zu reduzieren.“
Das Statement wurde auch auf der Website der Grünen Bundestagsfraktion veröffentlicht.
Im nd (Neues Deutschland) habe ich mich vergangene Woche zu meinen Erwartungen an die Umsetzung der EU-Verbraucherkreditrichtlinie geäußert:
Aus dem BMUV heißt es dazu gegenüber »nd«, ein entsprechender Entwurf werde im Spätsommer vorgelegt. Darin ist auch eine Regelung der »Jetzt kaufen, später bezahlen«-Modelle vorgesehen, um das damit verbundene Überschuldungsrisiko einzugrenzen. Die Umsetzung des EU-Rechts eröffne noch weitere Möglichkeiten, findet Linda Heitmann, Sprecherin für Verbraucherschutz (Die Grünen). So könnte man eine Mindestsumme festlegen, unter der keine »Jetzt kaufen, später bezahlen«-Angebote möglich seien. Bei Minikrediten sollte eine Kreditwürdigkeitsüberprüfung stattfinden, die Forderungen aus bestehenden Kreditverträgen berücksichtigt, die Kreditentscheidung sollte nachvollziehbar sein und Verbraucher*innen sollten in finanziellen Krisen ein Recht auf angepasste und flexible Rückzahlungsoptionen haben, so Heitmann zu »nd«.
Den gesamten Artikel zum Statement findet ihr hier auf der Website des nd.
Zu den heute veröffentlichten Ergebnissen der Verbraucherschutzministerkonferenz erklären Linda Heitmann, Sprecherin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit & Verbraucherschutz, und Tabea Rößner, Mitglied im Digitalausschuss:
Linda Heitmann: „Ich begrüße die erneute Initiative der Länder für eine Elementarschadenpflichtversicherung. Extremwetterereignisse und Hochwasser werden als Folge der Klimaerhitzung auch bei uns häufiger und bedeuten Gefahren für Leib und Leben und existenzbedrohende wirtschaftliche Schäden. Wir brauchen ein nachhaltiges Risikomanagement, wozu ein sozial ausgewogenes Konzept einer Versicherungspflicht gegen Elementarschäden gehört. Das Justizministerium ist jetzt am Zuge, einen Entwurf dafür vorzulegen.
Zudem freue ich mich sehr über die Hamburger Initiative, die Schuldnerberatung weiter zu stärken. Sie reiht sich sehr gut ein auch in unsere bundespolitischen Schwerpunktsetzungen im Verbraucherschutz: Wir haben von Bundesseite bereits mit den letzten beiden Haushalten mit einer starken Förderung vorgelegt und wollen mit der Umsetzung der europäischen Verbraucher-Kreditrichtlinie weitere Schritte gehen – etwa durch besseren Schutz von Verbraucher*innen bei Minikrediten. Auch hier erwarte ich eine zügige und progressive gesetzliche Vorlage von Minister Buschmann.“
Tabea Rößner: „Es ist dringend erforderlich, dass die Bundesregierung Verkaufsplattformen in den Fokus nimmt, die Verbraucher*innen gefährden und seriöse europäische Anbieter bedrohen. Mit aggressivem Marketing schwemmen Plattformen wie Shein und Temu gefährliche und umweltschädliche Billigstprodukte auf den europäischen Binnenmarkt. Ihre Geschäftsmodelle basieren zunehmend auf irreführenden, manipulativen und suchterzeugenden Designs und verleiten Verbraucher*innen mit personalisierten Angeboten zu Einkäufen gegen ihre eigenen Interessen. Hier müssen Verbraucher*innen dringend geschützt werden.
Mit dem Digital Services Act (DSA) wurde nun ein umfassender Werkzeugkasten gegen illegale Praktiken im Internet geschaffen, den es jetzt zu nutzen gilt. Auf EU-Ebene muss zudem die Zollbefreiung für Waren unter 150€ schon vor 2028 aufgehoben werden. Außerdem muss bei Fragen der Haftung nachgeschärft werden, denn aktuell ist es so, dass unsichere und gesundheitsgefährdende Produkte, inklusive Kinderspielzeug auf den Markt gelangen und im Unglücksfall niemand haftet. Es darf nicht sein, dass Verbraucher*innen als Importeure gelten, weil die Plattformen keine Zwischenhändler nutzen, und für Schäden Dritter haftbar gemacht werden könnten. Der Grundsatz „Fair by design“ muss im Verbraucherrecht als Leitprinzip verankert werden. Anbieter und Unternehmen müssen ihre digitalen Angebote umfassend fair und neutral gestalten und die Bedürfnisse der Nutzenden und Gemeinwohlbelange in das Produktdesign integrieren. Wir müssen Verbraucher*innen stärken, damit sie sich souverän im Netz bewegen können und nicht in Betrugs- oder Kostenfallen tappen.“
Vor wenigen Wochen fand in Brüssel ein informelles Treffen der europäischen Verbraucherschutzminister*innen statt, über dessen Ergebnisse wir dann in der letzten Sitzung im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz diskutiert haben. Besonders im Hinblick auf die nächste EU-Verbraucheragenda war es ein sehr wichtiges Treffen.
Für das Umweltministerium berichtete unser parlamentarischer Staatssekretär Jan-Niclas Gesenhues über die beiden Schwerpunkte des Treffens: Grenzüberschreitende Durchsetzung von Verbraucherinteressen im europäischen Binnenmarkt und Herausforderungen der Digitalisierung im Verbraucherschutz.
Ich habe mich in meinen Fragen besonders auf die angekündigten Schwerpunkte der Verbraucheragenda fokussiert. Gemeinsam mit Tabea Rößner hatte ich ja im März ein Thesenpapier dazu veröffentlicht und es freut mich, dass sich einige der Ideen sich auch in der europäischen Diskussion finden. So setzt sich die Bundesregierung für klare Regeln für das Influencer-Marketing ein. Ein wichtiges Thema – auch aus Sicht der Suchtprävention. Denn klare Regeln und Grenzen für Werbung spielen eine wichtige Rolle für wirksame Prävention bei Alkohol, aber z.B. auch Glücksspiel. In den letzten Jahren sind Influencer relevante Werbeträger geworden – doch besonders jene, die viele junge Follower haben, werden dieser Verantwortung oft nicht gerecht, machen z.B. Werbung für Tabakprodukte oder unseriöse Finanzdienstleistungen.
Darum ist es sehr erfreulich, dass die Verbraucherschutzminister*innen nun über gemeinsame europäische Regeln für Influencer Marketing diskutieren. Aber auch die Bekämpfung von suchtfördernden App-Designs und Dark Patterns (z.B. erschwerter Logout) im digitalen Raum zeigen, dass hier Verbraucherschutz und Suchtprävention sinnvoll zusammengedacht werden muss.
Weitere diskutierte Schwerpunkte der Verbraucheragenda waren und sind die Bekämpfung von Diskriminierung im digitalen Raum (z.B. durch Algorithmen und Künstliche Intelligenz). Ebenso wird die grenzüberschreitende Rechtsdurchsetzung von Verbraucherrechten in der nächsten Legislatur des EU-Parlamentes wohl eine größere Rolle spielen: Dafür gibt es auf europäischer Ebene das CPCN (Consumer Protection Cooperation Network).
Last but not least soll die Verbraucheragenda auch die Herausforderungen der nachhaltigen Transformation einbeziehen, um Verbraucher*innen die Auswahl von nachhaltigen Produkten zu erleichtern.
Grün, digital und fair – so soll die kommende EU-Verbraucheragenda aussehen. Am 12. März wurde unser Thesenpapier auf einer hybriden Abendveranstaltung im Europäischen Haus der EU-Kommission am Pariser Platz vorgestellt und mit hochkarätigen Gästen aus der verbraucherpolitischen Szene diskutiert.
Zu Beginn begrüßte die Fraktionsvorsitzende Britta Haßelmann die rund 80 Gäste vor Ort und warf einen Blick zurück zur Consumer Bill of Rights, die bereits der amerikanische Präsident in den sechziger Jahren vor dem US-Kongress erlassen hatte um grundlegende Verbraucher*innenrechte zu proklamieren. Mit der in 2023 verabschiedeten Verbandsklage für Verbraucher*innen hat die Grüne Fraktion mit der Ampel einen großen Erfolg errungen.
Im Anschluss gab unsere Grüne Verbraucherschutzministerin Steffi Lemke eine politische Einordnung. Aus ihrer Sicht sind drei Themenkomplexe zentral für die künftige EU-Verbraucherpolitik. Das sind Verbraucherrechte im digitalen Raum, umweltpolitische Aspekte der Verbraucherpolitik und soziale Aspekte der Verbraucherpolitik.
Keynote des Abends war Ferda Atamann, die Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, die einen Impuls zu „Verbraucherschutz ist auch Diskriminierungsschutz“ gab. Darin zog sie Vergleiche zwischen den beiden Politikfeldern. Im Bereich der Rechtsdurchsetzung könne die Antidiskriminierung noch viel von der Verbraucherpolitik lernen. Wichtig sei aber, dass Verbraucherpolitik, Antidiskriminierung immer mitdenke und auch in Verbraucherrecht verankere.
Keynote von Ferda AtamanLinda Heitmann, Tabea Rößner, Doreen Denstädt, Ramona Pop
Aus Brüssel sendete Didier Reynders, EU-Kommissar für Justiz und Verbraucherschutz eine Videobotschaft. Er begrüßte die Veranstaltung und bedankte sich für die Empfehlungen zur Agenda aus Deutschland.
Kernstück und Highlight des Abends war die Vorstellung unseres Thesenpapiers „Unsere Grüne Vision einer EU-Verbraucheragenda von 2025- 2030“ . Darin heben wir die große Bedeutung europäischer Politik für den Alltag der Menschen hervor. Verbraucher*innen in Europa sind seit Jahren im Krisenmodus: Die Klima-Krise, geopolitische Zerwürfnisse und Kriege führen unter anderem zu hohen Lebenshaltungskosten und damit einer „Cost of living Crisis“. Hinzu kommt ein starker Vertrauensverlust in die Politik und staatliche Institutionen. Der Zugang zu Daseinsvorsorge wie bezahlbarer Wohnraum, Energie und Mobilität, die bisher als selbstverständlich erschienen, muss neu verhandelt und zurückerobert werden. Verbraucherpolitik bietet hier die Möglichkeit, den Binnenmarkt aus Bürgerperspektive zu denken. Die kommende EU-Verbraucheragenda ist das zentrale Element für die Verbraucherpolitik der Zukunft. Aus Sicht der beiden sind die Themen Twin Transition (gleichzeitiger Übergang zu einer nachhaltigeren und digitaleren Wirtschaftsweise) und besondere verletzliche Verbrauchergruppen wichtige Zukunftsthemen derer sich die Kommission annehmen sollte.
Vorstellung des ThesenpapierKulisse im Europäischen Haus
„Keep it simple for consumers“: Verbraucherpolitik muss den Alltag und das Leben der Menschen leichter machen. Verbraucherpolitik sollte daher eine Vereinfachungsoffensive starten. Dabei kann die Digitalisierung – bei allen Herausforderungen, die sie selbst für Verbraucher*innen mitbringt – ein Treiber sein. Umso wichtiger, ist dass die Werkseinstellung der „digitalen Konsumwelt“ fair by design & default – also eine Voreinstellung ist. Die Herausforderungen für die Jahre 2025 bis 2030 liegen darin, die grüne und digitale Transformation des Verbraucheralltags weiter voranzubringen. Damit alle Verbraucher*innen bei nachhaltigen Konsummustern mitgenommen werden, müssen wir einerseits faire Rahmenbedingungen schon bei der Produktion schaffen und andererseits auch eine soziale Abfederung gewährleisten. Soziale Gerechtigkeit muss horizontal mitgedacht und als Querschnittsaufgabe verankert werden.
Zu den Empfehlungen an die EU-Kommission gehört das Verbraucherleitbild des EU-Wettbewerbsrecht zu überarbeiten, da es ist nicht mehr zeitgemäß für die digitale Welt und für besondere vulnerable Verbrauchergruppen ist. Zudem solle das Informationsparadigma überdacht werden, da mehr Informationspflichten nicht zu mehr Informiertheit führen.
In drei Powertalks mit Gästen, wurde die EU-Verbraucheragenda der Zukunft diskutiert. Tabea Rößners diskutierte mit Jan-Philipp Albrecht, Vorstand der Heinrich-Böll-Stiftung und als ehemaliger Grüner Europaabgeordneter seinerzeit Berichterstatter für die Datenschutzgrundverordnung und Klaus Müller, Präsident der Bundesnetzagentur und somit zuständig für den behördlichen Verbraucherschutz das Thema Twin Transition. Albrecht betonte die Bedeutung der Verbraucherrechtsdurchsetzung. In vielen Fällen sei das bestehende Verbraucherrecht, wie die Datenschutzgrundverordnung noch nicht ausgeschöpft worden. Müller hingegen skizzierte seine Vision der Durchsetzung der anstehenden Digitalgesetze wie dem Digital Services Act in Deutschland.
Um nachhaltigen Konsum zu fördern, sollten auch Plattformen ordnungspolitische Regeln auferlegt werden. Das bewährte Instrument des Ökodesign (ESPR) sollte auf weitere Produktgruppen ausgeweitet und parallel dazu auf die Vertriebswege anwendbar gemacht werden. Über delegierte Rechtsakte der ESPR sollte geprüft werden, inwiefern auch Onlinemarktplätze in die Pflicht genommen werden können, im Nutzerdesign ein Angebot nachhaltiger Produkte für Verbraucher*innen über z.B. Filter sichtbar machen zu müssen.
Ich habe mich in meinem Powertalk den besonders verletzlichen Verbraucher*innen. Damit sind Bezieher von Sozialleistungen, Angehörige bildungsferner Schichten, ältere Menschen, Kinder und Jugendliche oder Menschen mit Sprachbarrieren wie Zugewanderte gemeint, die vor besonders großen Herausforderungen im Verbraucheralltag stehen und große Benachteiligungen erfahren. Unterschiedliche soziodemographische Merkmale, Verhaltensmerkmale, Lebensverhältnisse, kulturelle Hintergründe und Fähigkeiten führen dazu, dass sie häufig im Abseits der Verbraucherpolitik- und des Alltags stehen. Daher sind sie gefährdeter, negative Folgen bestimmter (insbesondere auch digitaler) Marktpraktiken zu erfahren und sind besonders auf staatlichen Verbraucherschutz angewiesen. Der Schutz verletzlicher Verbraucher*innen sollte laut Heitmann in europäischen Verbraucherrecht verankert werden, damit die Mitgliedsstaaten daraus einen Handlungsauftrag ableiten. Eine EU-Strategie für besondere verletzliche Verbrauchergruppen sollte Jugendliche, Ältere und Menschen mit Sprachbarrieren in den Mittelpunkt stellen. In der Praxis haben sich zum Beispiel Projekte des aufsuchenden Verbraucherschutzes in Quartieren bewährt, wo die Hilfe direkt zu den Menschen kommt. Von diesen berichtete auch Doreen Denstädt, Thüringer Ministerin für Migration, Justiz und Verbraucherschutz. Sie zeigte auch, wie durch mehrsprachige Verbraucherbroschüren Zielgruppen wie Migranten angesprochen werden können. Ramona Pop Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands (vzbv) teilte die Einschätzung Linda Heitmanns zur besonderen Schutzbedürftigkeit von verletzlichen Verbrauchergruppen. Zudem würden davon auch die durchschnittlichen Verbraucher*innen erfasst werden.
Impressionen aus dem PowertalkDas Podium
Im dritten Powertalk diskutierte Stefan Schmidt, in der Fraktion zuständig für finanziellen Verbraucherschutz mit Dorothea Mohn, Teamleiterin Finanzmarkt beim vzbv über die Finanzthemen der Zukunft. Von der Bedeutung der Kleinanlegerstrategie, die ein Provisionsverbot enthalten müsse, über den Erhalt des Bargelds bei verbraucherfreundlicher Ausgestaltung des digitalen Euros und der Wichtigkeit einfacher und passgenauer Finanzprodukte.
Zum Schluss schaltete sich noch Anna Cavazzini, Mitglied des europäischen Parlaments und Vorsitzende des Binnenmarkt Ausschuss aus Straßburg hinzu und kommentierte den Abend aus dem Epizentrum des europäischen Parlaments. Gute Verbraucherpolitik nehme auch (Rechts)Populisten die Argumente und stärke das Verbraucher*innenvertrauen in die Institutionen, wenn der Alltag der Verbraucher*innen sicherer und einfacher und ihre Rechte schneller durchgesetzt werden.
Die Grüne Bundestagsfraktion wird den Prozess rund um die kommende EU-Verbraucheragenda 2025-2030 eng begleiten. Eine starke Grüne EP-Fraktion mit vielen Grüne Europaabgeordnete kann deren ambitionierte Umsetzung befördern.