Versorgung für psychisch und suchtkranke Menschen mit Hörschädigung sicherstellen
Mit einer Delegation aus sieben Bundestagsabgeordneten aus dem Gesundheitsausschuss habe ich als Abgeordnete für Hamburg-Altona am Montag dieser Woche die LWL-Klinik in Lengerich (Westfalen) besucht. Unter dem Oberthema „Inklusives Gesundheitswesen“ haben wir uns insbesondere über das spezielle Angebot der Klinik für psychisch und suchtkranke Menschen mit Hörschädigung und die Bedarfe dieser Gruppe informiert.
Außerdem liefen wir über den „Pfad der Erinnerung“ auf dem Klinikgelände und legten einen Kranz vor der Gedenktafel nieder. Der Pfad erinnert daran, dass vom Klinikgelände im 2. Weltkrieg insgesamt 440 psychisch Kranke Menschen deportiert wurden. Die Klinik setzt sich mit dieser belastenden Geschichte seit einigen Jahren sehr intensiv auseinander.
Zu dem Besuch erkläre ich:
„Die Klinik in Lengerich hat mich in vielerlei Hinsicht beeindruckt und aber auch viele Fragen dazu aufgeworfen, wie wir in Deutschland eine Versorgungsstruktur für Menschen mit besonderen Bedarfen wie für Hörgeschädigte optimal ausgestalten und sichern.
In Deutschland leben nach Aussage der Klinik etwa 100.000 vollkommen taube Menschen und insgesamt etwa 1,5 Millionen mit Hörschädigung. Viele davon können sich über Gebärdensprache am besten verständlich machen, doch Behandlungsangebote für sie sind rar gesät: für psychisch Kranke mit Hörschädigung halten derzeit nur die Klinik in Lengerich sowie eine Klinik in Erlangen Angebote vor. Für Suchtkranke gibt es für den qualifizierten Entzug nur das Angebot in Lengerich, Reha-Angebote sowohl hier als auch in Osnabrück mussten in den letzten Jahren für diese Gruppe schließen. Hier existiert somit eine totale Lücke. Und auch das Angebot des qualifizierten Entzugs für Hörgeschädigte ist bedroht – denn Nachfrage besteht zwar aus ganz Deutschland, doch die Kostenträger sind vielfach Gelder aus kommunalen oder Landesmitteln und hier wird dann aus der Politik hinterfragt, ob ein Angebot für Menschen aus der gesamten Republik mitfinanziert werden muss.
Als Politiker*innen haben wir diese Problembeschreibung als Auftrag mitgenommen, um zu prüfen, wie sich im Rahmen kommender Gesetzesvorhaben verankern lässt, dass es für Hörgeschädigte Menschen in Deutschland Therapieangebote sicher ausfinanziert geben muss.
Dass die Klinik in Lengerich sich obendrein sehr aktiv und kritisch mit dem Unrecht auseinandersetzt, das in der NS-Zeit auf dem Klinikgelände geschah, beeindruckt mich sehr. Es war uns Abgeordneten eine Ehre, hier zum Gedenken an die Opfer aus Lengerich einen Kranz niederzulegen.“
Der Besuch der Klinik in Lengerich war auf meine Initiative zustande gekommen. Als Berichterstatterin meiner Fraktion für das Thema „Gesundheitsversorgung für Menschen mit Behinderung“ habe ich vor einigen Monaten die Hamburger Suchtberatungsstelle „Deaf Suchthilfe“ vom Träger Therapiehilfe gGmbH besucht. Dieser hatte darauf aufmerksam gemacht, dass es für suchtkranke Menschen mit Hörschädigung in Deutschland kein Reha-Behandlungsangebot mehr gibt. Ich hatte daraufhin den Wunsch, die Klinik in Lengerich, die für suchtkranke hörgeschädigte Menschen immerhin noch Entzug und Psychotherapie anbietet, mit dem Ausschuss zu besuchen.
Die beiden Hamburger Suchtberaterinnen Farina Dahlmann und Dora Faerber, die bei Deaf Suchthilfe auch in Gebärdensprache beraten, waren in Lengerich ebenfalls dabei. Für Rückfragen zum Thema stehen auch sie gern zur Verfügung.
Der Bundesgerichtshof hat heute ein Urteil gefällt, wonach Käufer*innen von Diesel-Pkw mit Thermofenstern leichter Schadenersatz einklagen können. Dazu erkläre ich als Berichterstatterin für Verbraucherschutz der Grünen Bundestagsfraktion:
„Schummeln lohnt sich nicht. Das ist die klare Botschaft des Bundesgerichtshofes (BGH) mit seiner heutigen Entscheidung zu unzulässigen Thermofenstern in Diesel-Pkw. Nach der Klarstellung des EuGH ist diese Neuinterpretation des BGH gut und folgerichtig.
Ich rufe betroffene Autokäufer*innen auf, ihre Schadensansprüche zu prüfen und entsprechend geltend zu machen. Die Hürden für Schadensersatzklagen sind nun deutlich gesenkt. Kläger*innen können einen Teil des Kaufpreises zurückerhalten, sofern in den Motoren ihrer Autos eine unzulässige Abschalteinrichtung verbaut ist.“
„Was nachweislich tötet, muss nicht auch noch nach Vanille schmecken!“ In meiner Rede zur Änderung des Tabakerzeugnisgesetzes habe ich damit unseren Bundeslandwirtschaftsminister Cem Özdemir zitiert. Denn wir haben gestern beschlossen, sogenannte charakteristische, oftmals süße Aromen für Tabakerhitzer zu verbieten und die Hersteller zu verpflichten, Warnhinweise in Wort und Bild auf ihre Produkte zu bringen. Beides galt bereit für Zigaretten und Tabak zum Selbstdrehen.
Ich finde, das ist ein weiterer Baustein hin zu mehr Verhältnisprävention. So stärken wir die Gesundheitsorientierung in der Suchtpolitik. Es braucht jedoch noch einiges mehr, damit Rauchen gerade auch für Jugendliche nicht mehr cool ist und sie gar nicht erst damit anfangen. Was ich mir vorstelle, könnt ihr in meiner Rede hören.
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„Fliegen belastet das Klima. Das ist Fakt und kann auch nicht mithilfe von hübschen Slogans und Kompensationsversprechen ins Gegenteil verkehrt werden. Es ist umso ärgerlicher, dass viele Fluggesellschaften ihren Kund*innen trotzdem suggerieren, sie könnten klimaneutral durch die Luft reisen und dafür auch noch Aufpreise verlangen. Damit machen sie sich das Unwissen vieler Verbraucher*innen gezielt zu Nutze: denn die Praktiken des Kompensationsmarktes sind weder reguliert noch wirken sie nachhaltig.
Ich begrüße daher das Vorgehen der europäischen Verbraucherschutzorganisationen, gegen diese irreführende Praxis der Airlines gesammelt vorzugehen. Auf europäischer Ebene laufen aktuell die Verhandlungen über zwei Richtlinien zur Regulierung von Umweltaussagen und Werbeversprechen wie „CO2-neutral“ oder „klimapositiv“. Ich hoffe sehr, dass wir am Ende diese Claims so regulieren können, dass Kund*innen nicht länger getäuscht und Unternehmen sich nicht weiter grünwaschen können. Wir brauchen endlich eine methodisch-wissenschaftliche Prüfung durch unabhängige Dritte.“
Heute hat der Bundestag endlich die verpflichtende Tierhaltungskennzeichnung beschlossen! Das ist ein wichtiger Schritt und schafft mehr Transparenz für Verbraucher*innen!
In den letzten Jahren haben immer mehr Menschen ihren Fleischkonsum überdacht – während manche inzwischen ganz auf Fleisch oder tierische Produkte verzichten, möchten andere lieber bewusster und nur qualitativ hochwertiges Fleisch konsumieren. Bilder aus Schweineställen, in denen die Tiere dicht an dicht gemästet werden, spielen bei dieser Entscheidung oft eine große Rolle. Wer sich jedoch für Fleisch aus artgerechter Haltung entscheidet, steht oft vor dem Problem unklarer Informationen über Herkunft des Fleischs und der Haltung der Tiere.
Mit unserem nun beschlossenen Gesetz zur Tierhaltungskennzeichnung haben Bürger*innen künftig mehr Klarheit darüber, welche Tierhaltung sie mit ihrem Geld kaufen. Das schafft Sicherheit und ermöglicht mündige Verbraucherentscheidungen. Klar ist: Je mehr Bürger*innen sich für Fleisch aus artgerechter Haltung entscheiden, umso mehr Anreize gibt es für Landwirt*innen, ihre Haltung umzustellen. So werden wir alle als Verbraucher*innen ,zu jenen, die entscheidend Einfluss auf Tierhaltungsbedingungen in Deutschland nehmen können.
In einem Entschließungsantrag haben die Ampel-Fraktionen deutlich gemacht, dass der Beschluss heute aber nur der Anfang ist. So wird mit dem Inkrafttreten des Gesetzes jetzt bei frischem Schweinefleisch mit der Kennzeichnung für den Handel begonnen, sie wird aber schrittweise auf alle tierischen Produkte ausgeweitet und dann ebenfalls in Restaurants, Imbissen auch in Krankenhäusern und Schulen gelten. Somit ist das Tierhaltungskennzeichnungsgesetz nicht nur ein zentraler Baustein für eine bessere Information der Verbraucher*innen, sondern es schafft fairen Wettbewerb für all diejenigen, die mehr Tierschutz möglich machen.
Es ist uns als Gesetzgeber wichtig, die Verantwortung für die Tierhaltung nicht nur an die Entscheidung der Verbraucher*innen auszulagern, sondern auch einen nachhaltigen Umbau der Tierhaltung auf den Weg zu bringen. Weniger Tiere, dafür mehr Auslauf, diesen Ansatz verfolgen wir in der Tierhaltung, doch dafür sind vielerorts modernere Höfe notwendig. Mit Anpassungen beim Baurecht und Immissionsschutz bekommen Tiere ohne lange Bauleitplanverfahren schneller mehr Platz, Licht und Luft.
Wir wollen unsere Landwirt*innen mit der Modernisierung ihrer Höfe nicht allein lassen und unterstützen gezielt dort, wo am meisten für die Tiere getan wird. Mehr Tier- und Klimaschutz funktionieren eben nur, wenn die Rahmenbedingungen es den tierhaltenden Betrieben ermöglichen, mit ihrer Arbeit auch ein faires Einkommen für sich und ihre Familien erzielen zu können. Bisher wurde im Bundeshaushalt eine Milliarde Euro für einen ersten Anschub verankert. Weitere Vorschläge dafür, wie der Umbau auch langfristig finanziert werden kann, liegen auf dem Tisch. Für uns Grüne ist wichtig, dass hier zügig weitere Schritte unternommen werden. Viel zu lange hat sich in der Tierhaltung nichts bewegt.
In der letzten Woche war ich mit dem Umweltausschuss des Bundestages auf Delegationsreise in Spanien mit dem Fokus auf Wassermangel und Wassermanagement. Leider wurde die Reise nach zwei spannenden Tagen mit vielen Gesprächen in Madrid vorzeitig beendet und wir konnten nicht alle geplanten Stationen absolvieren.
Der Reihe nach
Seit einem halben Jahr wurde die Reise geplant, um vor Ort zu lernen, wie die Spanier*innen mit ausbleibenden Niederschlägen, sinkenden Wasserpegeln und Dürre umgehen. Dazu hatten wir gleich zu Beginn der Reise konstruktive und lehrreiche Gespräche etwa mit den spanischen Staatssekretären für Umwelt und Verbraucherschutz, Umweltschutzverbänden und Wissenschaftler*innen. Auch den Bauernverband, den wir eigentlich in Andalusien direkt in Obst- und Gemüse-Anbaugebieten treffen sollten, haben wir dann spontan in Madrid getroffen. Wasser ist ein politisches Thema, in Spanien schon länger und stärker als bei uns. Wir haben etwa erfahren, dass
bis zu 90 Prozent des spanischen Wassers in der Landwirtschaft eingesetzt werden,
die Grundwasserstände seit Jahrzehnten rückläufig sind,
viele Maßnahmen des Wassermanagements umsetzt wurden und werden, etwa die Aufbereitung von Brauchwasser, Entsalzungsanlagen für Meerwasser oder große Regenauffangsysteme.
Reiseabbruch, warum?
Als ein Kernstück unserer Reise wollten wir uns im Nationalpark Doñana in Andalusien über den Obst- und Gemüseanbau und das Wassermanagement vor Ort informieren. Doch dazu kam es nicht (mehr). Hintergrund waren zum einen die spanischen Regionalwahlen, in deren Folge die Landesregierung Neuwahlen ausgerufen hat, d.h. wir gerieten mit unserer Reise ungeplant mitten in den spanischen Wahlkampf, in den wir uns als überfraktionelle Delegation nicht einmischen wollten. Und zum anderen wurde zeitgleich zur Reise hierzulande eine Petition gestartet, mit der Handelsketten dazu aufgefordert werden, keine Erdbeeren mehr aus Doñana mehr zu verkaufen, weil diese teilweise mit Wasser aus illegalen Brunnenbohrungen bewässert würden. Diese Petition hat einige Landwirt*innen sehr erbost und für ein großen Medieninteresse in Spanien gesorgt. In Absprache mit der deutschen Botschaft vor Ort und dem Ausschusssekretariat des Bundestages waren wir uns als Delegation einig, dass ein neutraler und unvoreingenommener nicht mehr möglich war. Mit Bedauern hat die Delegation dann einvernehmlich entschieden, die Reise nach den Terminen in Madrid nicht fortzusetzen.
Am Thema werden wir weiter arbeiten und uns auch weiterhin mit Expert*innen und Praktiker*innen hierzulande und aus anderen Ländern austauschen. Persönlich treiben mich weiterhin Fragen um wie
Wo soll unser Wasser künftig herkommen und zu welchem Zweck muss es wie aufbereitet sein?
Was darf Wasser kosten, damit die Agrarprodukte konkurrenzfähig bleiben?
Welche Getreide-, Obst- und Gemüsekulturen brauchen wieviel Wasser und sollten entsprechend wo angebaut werden?
Ich persönlich hatte gemeinsam mit der Kollegin Astrid Damerow von der CDU schon von Beginn an beschlossen, die An- und Abreise zur Delegationsreise per Bahn durchzuführen. Eine herrliche Bahnstrecke, u.a. an der französischen Atlantikküste entlang! Nachdem die Rückreise für alle spontan umgeplant werden musste, konnten wir auch Harald Ebner und Amira Mohamed Ali überzeugen, vom Flugzeug auf die Bahn umzusteigen, so dass sich noch Raum für interfraktionellen Austausch über die Reise im französischen TGV und im ICE ergab.
Die Pressemitteilung des Bundestages zum Ende der Reise findet sich unter bundestag.de:
„Die deutsch-spanischen Beziehungen leben vom intensiven Austausch auf allen Ebenen und sind geprägt von tiefem gegenseitigem Respekt für die demokratischen Institutionen und Prozesse des jeweils anderen Landes. Unsere beiden Länder verbindet eine über die Jahre gewachsene, vertrauensvolle Freundschaft.
Aus diesem Respekt heraus und in Anbetracht der hohen politischen Bedeutung, die die Themen der Reise in den vergangenen Tagen in den bevorstehenden spanischen Nationalwahlen gewonnen haben, hat der Ausschuss des Deutschen Bundestags für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz beschlossen, von seiner seit längerem geplanten Reise nach Andalusien zum jetzigen Zeitpunkt abzusehen.
Die Reise sollte dem fachlichen Austausch und der Informationsgewinnung zu einem Thema dienen, das im Interesse unserer beiden Länder liegt – nämlich dem Klimawandel und dessen Folgen.
Wir sind zuversichtlich, dass wir diesen Austausch auch in Zukunft fortsetzen können.“
Mit dem Thema Schuldnerberatung befasse ich mich intensiv, seitdem ich Mitglied im Ausschuss für Verbraucherschutz bin. Denn wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir die Schuldnerberatung bundesweit stärken wollen und dieses Versprechen gilt es politisch auszugestalten.
Inzwischen habe ich dazu viele Gespräche mit Expert*innen und Praktiker*innen geführt sowie die Beratung immer wieder innerhalb meiner Fraktion thematisiert. Im Haushalt für 2023 konnten wir deutliche Verbesserungen und Geld für neue Modellprojekte durchsetzen. So etwa eine Projekt zur aufsuchenden Beratung von Senior*innen, an der auch das Hamburgische Rote Kreuz beteiligt ist. Angesichts gestiegener Energiepreise und einer weiterhin hohen Inflation müssen wir die Hilfe für überschuldete Haushalte weiter voranbringen. Und es ist wichtig, dass dies niedrigschwellig geschieht, so dass Betroffene keine langen Wartezeiten oder hohen Hürden haben, um Beratungsangebote frühzeitig im Überschuldungsprozess bereits in Anspruch zu nehmen.
Ich unterstütze daher die heute startende Aktionswoche Schuldnerberatung der Arbeitsgemeinschaft Schuldnerberatung (AG SBV) unter dem Motto „Was können wir uns noch leisten? Überschuldungsrisiko Inflation“. Es soll der Blick auf die gerichtet werden, die angesichts steigender Preise und kletternder Kredit- und Dispozinsen verunsichert und voller Sorgen sind. Der Beratungsbedarf wächst kontinuierlich und nicht alle finden bislang adäquate Hilfe.
Als Fachpolitikerin ist es mir wichtig, die wertvolle Arbeit der Schuldner- und Insolvenzberatung bundesweit anzuerkennen und weiterhin zu unterstützen, damit die Strukturen nachhaltig und tragfähig bleiben und bestehende Lücken geschlossen werden. In den kommenden Haushaltsverhandlungen werde ich mich auch dafür wieder einsetzen. Die positiven Effekte von guter Schuldnerberatung – selbst auf die öffentlichen Haushalte – sind mittlerweile unbestritten; daher brauchen wir eine Fachkräfteoffensive für die Schuldnerberatung, eine bessere Vernetzung der Akteur*innen sowie unterstützende Servicestrukturen für die Beratungsstellen vor Ort.
Wir müssen über einen Rechtsanspruch auf kostenfreie Schuldnerberatung diskutieren und das Überschuldungsstatistikgesetz einer kritischen Revision unterziehen. Erfolgreiche Projekte sollten verstetigt und öffentliche Gläubiger wie die Jobcenter zu einer besseren Kooperation bei Verbraucherinsolvenzverfahren gebracht werden.
Umsetzung der Koalitionsvereinbarung zum Thema Drug-Checking muss jetzt erfolgen!
Gemeinsam erklären Linda Heitmann, Berichterstatterin für Drogen- und Suchtpolitik der Grünen Bundestagsfraktion und Dirk Heidenblut, Berichterstatter für Drogen- und Suchtpolitik der SPD-Bundestagsfraktion:
Es gibt keinen Beipackzettel und keine Inhaltsangaben. Wer Drogen konsumiert, weiß in der Regel überhaupt nicht, was er oder sie genau zu sich nimmt. Verunreinigungen sowie unterschiedlichste Reinheitsgrade von Substanzen sind zudem auf dem Schwarzmarkt Alltag. Eben deshalb braucht es Drug-Checking-Angebote!
Sogenannte Drogenuntersuchungseinrichtungen sollen die Drogen von Konsumentinnen und Konsumenten auf Reinheit testen können und entsprechend Empfehlungen zur Dosierung und zu erwartbaren Gesundheitsgefahren geben. Überdosierungen, verunreinigte Wirkstoffe auf dem Schwarzmarkt und Vergiftungen können so erfahrungsgemäß stark reduziert werden. Auch deshalb hat sich die Ampel in ihrem Koalitionsvertrag darauf geeinigt, Modelle zum Drug-Checking und Maßnahmen der Schadensminderung zu ermöglichen und auszubauen. Gerade auch im Zuge der geplanten Legalisierung von Cannabis sehen wir akuten Handlungsbedarf, eine gesetzliche Grundlage zu schaffen.
Ihre Vorstellungen zur Ausgestaltung des Gesetzes haben die Berichterstatter*innen dem Ministerium schon länger verdeutlicht. Sie sind in der Ampel nicht umstritten. Die Berichterstatter*innen fordern das Gesundheitsministerium deshalb auf, die entsprechende Änderung des Betäubungsmittelgesetzes im Rahmen des Gesetzgebungsverfahrens zum Arzneimittellieferengpassgesetz mit zu regeln, das noch vor der Sommerpause verabschiedet werden soll. Entsprechende Prüfbitten wurden dem Gesundheitsministerium durch die Abgeordneten bereits vorgelegt.
Linda Heitmann MdB: „Als Grüne und als Ampel-Berichterstatter*innen stehen wir voll und ganz hinter der Vereinbarung im Koalitionsvertrag, Drug-Checking-Projekte in Deutschland in dieser Legislaturperiode auf eine gesetzliche Grundlage zu stellen und damit die Substanzanalyse in verschiedenen Settings zu ermöglichen: zum Beispiel in Partysettings, aber auch in Drogenkonsumräumen. Und zwar so zügig wie möglich. Denn es braucht endlich ein sichtbares Signal, dass diese Regierung eine neue progressive Drogenpolitik ernst nimmt und die Weichen dafür stellt! Wichtig ist dabei natürlich, dass solch ein Gesetz sicherstellt, dass Menschen, die das Drug-Checking durchführen sowie auch jene, die es nutzen, dabei nicht von Strafverfolgung bedroht sind. Drug-Checking ist aus unserer Sicht ein wichtiger Baustein, um den Gesundheitsschutz von Konsument*innen zu erhöhen und gleichzeitig auch eine bessere Möglichkeit zur Aufklärung auch über Gefahren und Risiken von Konsum zu schaffen. Gleichzeitig wäre es ein wichtiges Signal an all die Helfenden in der Suchtberatung“.
Dirk Heidenblut MdB: „Das Drug-Checking hat sich als Maßnahme der Schadensminderung und Gesundheitsförderung bereits im Ausland – seit Jahren – bewährt. Es ist längst überfällig, dass das Drug-Checking flächendeckend auch in Deutschland eingeführt und verfügbar gemacht wird. Denn eine Substanzanalyse kann nicht nur Leben retten, sondern auch Betroffene über ihre Konsumrisiken und ihr Konsumverhalten aufklären. Konsumierende werden unterstützt anstatt vernachlässigt.Sie werden geschützt vor gesundheitlichen Risiken. Es ist also Zeit, das Koalitionsversprechen einzulösen und hier tatsächlich jetzt tätig zu werden“.
Die WELT Online hat unsere PM aufgegriffen. Hier geht’s zum Artikel.
Gemeinsam mit dem Bundesdrogenbauftragten Burkhard Blienert habe ich gestern in meinem Wahlkreis Altona den mobilen Spritzentausch sowie die niedrigschwellige Suchthilfeeinrichtung „Stay alive“ mit Drogenkonsumraum besucht.
Beides wird von dem Verein Jugendhilfe e.V. als Träger betrieben. Leiterin Christine Tügel berichtete uns engagiert von ihrer Arbeit, von aktuellen Entwicklungen und auch von Problemen.
Eines davon ist leider eindeutig, dass Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe vor Ort häufig mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen haben, weil es starke Vorurteile und Stigmata gegenüber den Klient*innen gibt. In der Einrichtung in Altona ist die Betriebsgenehmigung deshalb an eine Höchstzahl von Betreuungen pro Tag geknüpft, so dass immer wieder auch Menschen abgewiesen werden müssen. Der mobile Spritzentausch einige hundert Meter entfernt bietet deshalb auch in Randzeiten die Möglichkeit, saubere Konsum-Utensilien zu erhalten und gebrauchte abzugeben.
Es ist wichtig, dass solche Angebote überall dort bestehen und für Suchtkranke schnell erreichbar sind, wo sich die „Szenen“ auch aufhalten. Nur so können Gesundheitsrisiken minimiert und zudem Gesprächsangebote zu Therapiemöglichkeiten gemacht werden.
Dass Klient*innen rund um niedrigschwellige Einrichtungen immer mehr öffentlich sichtbar wahrgenommen werden, liegt nach Erläuterung von Christine Tügel auch daran, dass die Obdachlosigkeit stark zunimmt. Den Menschen fehlen somit private Rückzugsräume — daher braucht es gerade für obdachlose Drogengebraucher*innen auch mehr Unterbringungsangebote.
Der NDR mit Radio und Hamburg Journal haben das Thema der niedrigschwelligen Suchtkrankenhilfe in Hamburg gestern aufgegriffen und Burkhard Blienert, Christine Tügel und mich dazu interviewt.
Lesetipp: Steffi Lemke, Bundesverbraucherschutzministerin, ärgert sich genauso über fragwürdige Umweltversprechen und Greenwashing wie viele von uns. Mit der ZEIT und flip, dem Hamburger Greenwashing-Onlinemagazin, hat sie darüber ausführlich gesprochen. Sie wirbt darin für klare Begrifflichkeiten und unabhängig überprüfbare Labels. Sie spricht in dem Interview von der Macht der Konsument*innen, klaren Regeln für die Wirtschaft, europäischem Ordnungs- und Wettbewerbsrecht und die Herausforderungen für die Politik. Sie macht deutlich, dass es für Umweltaussagen wissenschaftlich fundierte Nachweise braucht, damit Verbraucher*innen nicht getäuscht werden, sowie unabhängige Zertifizierungsstellen. Sie erläutert die Grenzen der individuellen Konsumverantwortung und ab wann Gesetzte nötig sind, wie etwa beim Einwegkunststofffonds.
Ich freue mich, dass wir mit Steffi Lemke eine engagierte und tatkräftige Ministerin für Umwelt- und Verbraucher*innenschutz haben, und mit ihr noch weitere Projekte umsetzen zu können.