Vom 18. bis 19. Mai ist eine Gruppe von Bürgerinnen und Bürgern aus meinem Wahlkreis Hamburg-Altona mit einer sogenannten Infofahrt des Bundespresseamts nach Berlin gefahren.
Hier ein Bericht der Reisegruppe:
Morgens am Bahnhof Altona getroffen, ging es mit den Zug nach Berlin. Dort angekommen, wurde die Gruppe von einer Reiseleiterin des Besuchsdiensts in Empfang genommen und es ging mit dem Bus durch die Hauptstadt. Der erste große Stopp war der Gesprächstermin beim Auswärtigen Amt. Hier lauschte die Gruppe einem Diplomaten und konnte ihre Fragen loswerden: Wie wird man Diplomat*in? Welche Eigenschaften braucht es? Wie verändert sich ein Ministerium, wenn es eine neue Ministerin gibt? Wie sind die Kommunikationswege in einem so großen Ministerium? All diese Fragen wurden der Gruppe vollumfänglich und diplomatisch beantwortet.
Nächster Programmpunkt war ein Plenumsbesuch. Die Teilnehmenden konnten somit von der Besuchertribüne des Bundestags aus einer laufenden Debatte zuhören und die Abläufe sowie Dynamiken im Parlament beobachten. Anschließend ging es mit dem Aufzug auf die Kuppel des Reichstags und es wurde die Aussicht in der Abendsonne genossen.
Der zweite Tag startete mit einer Stadtrundfahrt und einem längerem Aufenthalt beim Checkpoint Charlie. Zweiter Stopp war die Gedenkstätte Berliner Mauer an der Bernauer Straße. Hier sind Teile der Mauer erhalten und ein Teil des Grenzstreifens dargestellt. Ebenso eindrucksvoll sind das Fenster des Gedenkens zur Erinnerung der an Mauer bei der Flucht verstorbenen Bürger*innen sowie die Kapelle der Versöhnung. Von einer Aussichtsplattform waren die Gedenkstätte sowie die Ausmaße der Mauer und des Grenzstreifens gut zu überblicken.
Darauf folgte das nächste Highlight der Fahrt: Das Gespräch mit Linda! Die Gruppe fand sich dafür in einem Seminarraum des Paul-Löbe-Haus ein. Hier konnte die Gruppe Linda frei fragen. Von der Arbeit im Parlament und in den Ausschüssen, Gesundheitsversorgung, Cannabislegalisierung bis hin zu Lobbyarbeit und Umweltthemen war alles mit dabei. Der Umfang der Antwortet verdeutlichte der Gruppe, wie groß das Engagement und die Arbeitsbereitschaft einer Abgeordneten sein kann. Von hier aus ging es dann wieder mit einem kleinen Snack-Paket zum Berliner Hauptbahnhof und in den Zug zurück in das geliebte Altona!
Inhaltlich vor Ort begleitet wurde die Fahrt von der Reiseleiterin des Besuchsdienst, die der Gruppe zu den zahlreichen Stationen und Wegen durch die Bundeshauptstadt beeindruckend viel geschichtliches und gesellschaftliches Wissen vermittelt hat. Im Vorfeld organisiert und begleitet wurde die Fahrt von meiner Wahlkreismitarbeiterin Julia (ganz links im Bild). In der Regel finden die Infofahrten mit meinem Büro drei Mal im Jahr statt und es wird regelmäßig dazu eingeladen – bei Interesse einfach die Augen offen halten.
Jedes Jahr erleiden etwa 70.000 Menschen einen Herz-Kreislauf-Stillstand. Nur jede*r Zehnte überlebt. Damit ist Herz-Kreislauf-Stillstand die dritthäufigste Todesursache in Deutschland. Denn: Wenn das Herz aufhört zu schlagen, zählt jede Minute. Bekommt das Gehirn keinen Sauerstoff, dann können bereits nach wenigen Minuten irreparable Schäden entstehen. Doch der Krankenwagen kommt oft erst später.
Dabei kann sich die Überlebenschance von Betroffenen deutlich erhöhen, wenn die sogenannte Laienreanimationsquote gesteigert wird. Denn die meisten Fälle passieren dort, wo es oft niemanden gibt, der*die eine Herz-Druck-Massage ausführen kann: zuhause. In den letzten zehn Jahren hat sich die Laienreanimationsquote zwar etwa verdoppelt, aber sie ist mit etwa 40 Prozent im europäischen Vergleich noch viel zu gering, beklagen der Deutsche Rat für Wiederbelebung sowie viele Notfallmediziner*innen.
Bei der Petitionsübergabe vor dem Bundestag
Deshalb hat die Initiative „Wir beleben Deutschland“, welche vom Deutschen Rat für Wiederbelebung sowie Frau Dr. Carola Holzner, alias Doc Caro, gegründet wurde, nun kürzlich die Petition #ichrettedeinleben mit ca. 85.000 Mitzeichnungen beim Deutschen Bundestag eingereicht. Letzte Woche habe ich als grünes Mitglied im Petitionsausschuss die Petition mit Kolleg*innen von der SPD und FDP entgegen genommen. Bei der Gelegenheit konnte ich mich auch mit der Mitinitiatorin Doc Caro sowie ihren Mitstreiter*innen austauschen.
Die Petent*innen fordern, dass bereits ab der siebten Klasse pro Jahr zwei Stunden Wiederbelebungstraining als Pflichtunterricht eingeführt werden. Je mehr Menschen in Notsituationen richtig und schnell handeln können, umso größer ist die Chance für Betroffene, zu überleben. Deshalb unterstütze ich es sehr, dass mehr Menschen lebensrettende Maßnahmen erlernen. Für eine erfolgreiche Reanimation ist ein gutes Training mit regelmäßiger Auffrischung besonders wichtig.
Im Petitionsausschuss werden wir uns deshalb zeitnah mit den Vorschlägen befassen und auch diskutieren, ab welchem Alter es sinnvoll ist, die geforderten zwei Trainingsstunden einzuführen und inwieweit diese verpflichtend sollten. Klar ist: Frühe Grundlagen für Wiederbelebungsunterricht sind schon in der Mittelstufe wichtig!
„Lage ukrainischer Geflüchteter zeigt: Sprachmittlung im Gesundheitswesen dringend nötig“ ist das Thema meines Beitrags für den Observer Gesundheit:
Wer schon einmal am Berliner Hauptbahnhof die ankommenden Menschen aus der Ukraine beobachtet und Hilfe angeboten hat, weiß um die seelische Notlage, in der sie sich befinden: Ihr Land haben sie in der Regel überstürzt verlassen und den Mann, die Eltern oder andere Angehörige zurück lassen müssen. Auch Schwangere, Alte, Kinder und Kranke waren oftmals beschwerliche Tage unterwegs.
Nun sind sie von einem Tag auf den anderen in einer fremden Umgebung mit einer Bürokratie konfrontiert, die auch in Deutschland aufgewachsene Menschen häufig überfordert. Hinzu kommt die Sprachbarriere. Die wenigsten der Geflüchteten sprechen oder verstehen Deutsch, obwohl Deutschland von der Ukraine geografisch nicht weit weg ist.
Kernanliegen: Sprachmittlung als regelhafte Leistung
Vieles im Erstkontakt wurde in den ersten Wochen nach Kriegsbeginn zum Glück unbürokratisch und sehr engagiert von ehrenamtlichen Helferinnen aufgefangen. Menschen mit rudimentärsten Russisch- oder Ukrainisch-Kenntnissen gingen an Bahnhöfe oder zu Registrierungsstellen, um ein bisschen Übersetzung und Orientierung anzubieten. Diese enorme Solidarität beeindruckt mich von Anfang an.
Sie spornt mich zudem an, auf politischer Ebene eines meiner Kernanliegen voran zu bringen: Wie auch im Ampel-Koalitionsvertrag vereinbart, möchte ich Sprachmittlung bei notwendigen medizinischen Behandlungen zum Bestandteil des SGB V als regelhafte Leistung der Krankenkassen machen. Es ist ein schon lange überfälliger politischer Schritt, der jetzt im Zuge der Flüchtlingsaufnahme noch einmal ganz besondere Dringlichkeit bekommen hat. Der Bedarf war allerdings auch vorher bereits seit Langem gegeben.
Sprachmittlung ermöglicht den gleichberechtigteren Zugang zu Gesundheitsleistungen; das bekräftigt auch der gemeinsame Beschluss der Regierungschefinnen und Chefs sowie des Bundekanzlers von Ende März. Ab Juni dieses Jahres bekommen registrierte, hilfebedürftige Ukrainerinnen und Ukrainer Grundsicherung und sind dadurch automatisch in die gesetzliche Kranken- und Pflegeversicherung einbezogen. Zusätzlich zu dringend notwendigen Behandlungen werden deutlich mehr Leistungen finanziert für Menschen, die weder über Einkünfte noch Vermögen verfügen. Dies ist besonders wichtig, damit beispielsweise Krebspatientinnen und -patienten, an Tuberkulose, Hepatitis, HIV Erkrankte oder auch Menschen mit Abhängigkeitserkrankungen einen niedrigschwelligen und regelmäßigen Zugang zu kostenintensiveren Medikamenten und Therapien bekommen. Denn unter den Geflüchteten aus der Ukraine sind, im Vergleich zu den Menschen, die in der Vergangenheit als Geflüchtete nach Deutschland kamen, deutlich mehr Personen, die solche Krankheitsbilder und damit einen kontinuierlichen Behandlungsbedarf mitbringen.
Der Bundestag hat mit Stimmen der Ampel-Koalition über den Bund-Länder-Beschluss hinaus im April beschlossen, Opfern von Repression, Folter und Vergewaltigung möglichst schnell und unkompliziert medizinische und psychologische Hilfe zu gewähren. Damit sie diese auch sicher bekommen, ist umgehend die Kostenübernahme für Sprachmittlung als Teil der Gesundheitsversorgung gesetzlich zu regeln.
Neben den Ukrainerinnen und Ukrainern brauchen auch andere Patient*innen, die nicht Deutsch als Muttersprache haben, schon lange niedrigschwelligere Zugänge zum Gesundheitssystem. Bislang haben sie alle das Problem der nicht regelhaften Kostenübernahme für Sprachmittlungs-Dienste. Das verhindert häufig, dass sie überhaupt an der richtigen Stellen im Gesundheitswesen andocken können. Eine Anamnese, Diagnose und adäquate Behandlung medizinischer oder psychologischer Art zu bekommen, wird dadurch erschwert.
Bislang wird die Kommunikationsbarriere oftmals durch Kinder oder andere Angehörige ausgeglichen. So müssen Kinder etwa im Gespräch mit dem Arzt oder der Ärztin ihre eigene schwere Erkrankung an die fremdsprachigen Eltern herantragen, wenn sie Deutsch sprechen, aber die Eltern nicht. Genauso häufig nehmen Menschen mit Sprachbarrieren auch andere Angehörige mit zum Arzt, die keine medizinischen Kenntnisse haben und überdies auch nicht unbefangen sein können. Gerade auch das Prinzip der Schweigepflicht und des persönlichen Vertrauensverhältnisses zwischen Arzt oder Ärztin und Patientin und Patienten ist dadurch immer wieder gefährdet. Zudem werden ungelernte Übersetzende in die Rolle einer professionellen Sprachmittlung versetzt. Das möchte ich ändern!
Die Details dafür sind allerdings nun noch in der Koalition auszugestalten: Etwa die Fragen, wie Sprachmittlerinnen und Sprachmittler ausgebildet sein müssen und was ihren Job vom Dolmetschen unterscheidet. Darüber hinaus muss eine dem dann entsprechenden Berufsbild angemessene einheitliche Entlohnung festgelegt werden. Sie muss gute Standards garantieren und den Job so attraktiv machen, dass er auch längerfristig ausgeübt wird.
Ausdifferenzieren müssen wir, die Koalitionspartnerinnen und -partner, zudem, was unter einer „notwendigen“ (siehe Koalitionsvereinbarung) medizinischen Behandlung gefasst werden soll. Sind das grundsätzlich Behandlungen bei allen Fachärztegruppen? Oder bei welchen weiteren Gesundheitsdienstleistern sollen Menschen Sprachmittlung als gesetzliche Leistung in Anspruch nehmen können? Gehören dazu zum Beispiel Hebammen, Optikerinnen und Optiker, Patientinnenberatungen, Physiotherapeutinnen und -therapeuten sowie Suchtberatung?
Gerecht wäre aus meiner Sicht, wenn es keine zeitliche Befristung in Bezug auf den Aufenthalt in Deutschland bei der Formulierung des Anspruchs gäbe. Denn wir wissen zum Beispiel, dass in Hamburg etwa ein Drittel der Migrantinnen und Migranten auch nach zehn Jahren noch nicht so gut Deutsch sprechen können, dass sie komplexe medizinische und behandlungstechnische Sachverhalte verstehen können. Mit dieser Realität müssen wir umgehen.
Flächendeckendes Angebot erforderlich
Wir müssen uns zudem überlegen, wie es gelingen kann, ein gutes Sprachmittlungsangebot mit unterschiedlichsten Sprachen deutschlandweit flächendeckend zu gewährleisten. Ob es dazu einen einzelnen Pool in zentraler Trägerschaft oder viele einzelne regionale braucht und wie bereits gewachsene Strukturen eingebunden werden können, wird uns im Gesundheitsausschuss noch beschäftigen.
Digitalen Angeboten kommt dabei eine ganz besondere Rolle zu: Durch Apps und Videokonferenztools kann ein bundesweites Netzwerk zur Sprachmittlung geschaffen werden, um regionale Lücken – die es überall geben wird – zu schließen. Denn nur so kann eine seltene Sprache oder ein kaum verbreiteter Dialekt ortsungebunden gedolmetscht werden. Hier gibt es bereits gute Beispiele aus der Praxis der Impfaufklärung!
Für mehr Gerechtigkeit in der Gesundheitsversorgung möchte ich den Menschen eine Stimme verleihen, die bislang hohe Hürden nehmen müssen, damit sie ihr Patientinnen-Recht auf Behandlung wahrnehmen können. Die Sprachmittlung sehe ich hier als zentralen Aspekt. Wenn wir es zeitnah schaffen, die Vereinbarung der Koalitionspartnerinnen und -partner so mit Leben zu füllen, dass sie dauerhaft trägt, wäre das ein riesiger Erfolg zur Schaffung besserer Zugänge zum Gesundheitswesen. Es würde bedeuten, dass der Mensch endlich ins Zentrum unseres gesundheitspolitischen Handelns rückt. Darüber hinaus ist Sprachmittlung ein entscheidender Faktor für gelingende Integration und Gleichbehandlung, damit zugewanderte Menschen eine konkrete Verbesserung ihrer Lebenssituation spüren. Packen wir es an!
Heute hat der Bundesdrogenbeauftragte Burkhard Blienert die Zahlen von Drogentoten in 2021 veröffentlicht und kommentiert. Dazu erkläre ich als Berichterstatterin für Drogen- und Suchtpolitik der Grünen Bundestagsfraktion:
„Die heute vorgestellten Zahlen zu Drogentoten in Deutschland im Jahr 2021 sind einfach nur erschreckend – jeder und jede einzelne Drogentote ist zu viel und solch ein deutlicher Anstieg der Zahlen fordert uns als Politik klar zum Handeln auf.
Burkhard Blienert hat mit Maßnahmen wie der Ermöglichung von Drug-Checking, der Sicherstellung und Ausweitung flächendeckender Substitutionsangebote und mehr Drogenkonsumraum-Angeboten schon die wichtigsten Instrumente benannt, die wir nun politisch auf den Weg bringen und dann systematisch einsetzen müssen. Aus meiner Sicht kommt hinzu, den Umgang mit dem Notfallmedikament Naloxon auch für Laien zu vereinfachen. Naloxon rettet Menschen bei einer akuten Opiatüberdosierung vor dem Atemstillstand. Es muss verschreibungsfrei auch an Konsumierende und Menschen in deren Umfeld vergeben werden.
Zudem will ich, dass wir uns als Politik nochmal genauer anschauen, was sich beim Übergang von der Haft in die Freiheit für suchtmittelabhängige Menschen verbessern lässt. Das ist leider ein Moment, bei dem es bisher viel zu häufig zu Rückfällen oder Überdosierungen kommt.“
Weiterer Anstieg der Drogentoten im vergangenen Jahr
Berlin (KNA) Die Zahl der Drogentoten ist 2021 im vierten Jahr infolge gestiegen. Wie der Drogenbeauftragte der Bundesregierung, Burkhard Blienert (SPD), am Montag in Berlin mitteilte, starben im vergangenen Jahr 1.826 Menschen an illegalen Drogen; 2017 waren es noch 1.272. Blienert äußerte sich schockiert über die Entwicklung und forderte ein rasches «Grundsatzgespräch mit den Ländern». Maßnahmen, die helfen Leben zu retten, müssten ermöglicht und ausgebaut werden.
Hauptursächlich für die Tode waren demnach wie in den vergangenen Jahren Heroin und andere Opioide. Die Zahl der Vergiftungen durch Überdosierung von Heroin verdoppelt sich demnach auf 195 Rauschgifttote und bei Opioid-Substitutionsmitteln stieg sie um 167 Prozent auf 88 Tote. Auch die Zahlen der Rauschgifttoten durch Vergiftungen an Amphetamin, Amphetaminderivaten, Methamphetamin und Kokain stiegen deutlich.
Ein «Weiter so» in der deutschen Drogenpolitik sei nicht möglich, sagte Blienert. Hilfe und Unterstützung, Behandlung und Beratung müssten schneller und direkter bei den Menschen ankommen und überall dauerhaft finanziert werden. «Es darf nicht sein, dass Menschen, die schwer suchtkrank sind, gar nicht erreicht und mit ihrer Erkrankung sowie deren sozialen Folgen alleine gelassen werden.» Der Drogenbeauftragte sagte, er wolle gerade der Vergiftung durch verunreinigte oder gestreckte Stoffe mit Maßnahmen wie Drug-Checking, flächendeckender Substitution und Drogenkonsumräumen entgegentreten.
In meiner Rede im Bundestag diese Woche habe ich noch einmal die Bedeutung des Übergangs der ukrainischen Geflüchteten in die Sozialgesetzbücher durch den sogenannten Rechtskreiswechsel deutlich gemacht. Er bedeutet konkrete Verbesserungen bei der Gesundheitsversorgung, von denen gerade ukrainische Geflüchtete profitieren, die auf eine Behandlung z.B. von Krebs, Tuberkulose, Hepatitis, HIV oder auch auf Substitutionstherapien dauerhaft dringend angewiesen sind. Darüber bin ich als außerordentlich froh!
Dazu erkläre ich als Berichterstatterin für Drogen- und Suchtpolitik der Grünen im Bundestag:
Als Gesundheitspolitikerin begrüße ich die Präventionskampagne durch die Aktionswoche! Sie ist eine gute Gelegenheit, um die Wichtigkeit von Alkoholprävention in den Blick zu rücken. Für eine wirksame Verhältnisprävention müssen wir als Politik uns ernsthaft damit befassen, wie die Verfügbarkeit von Alkohol im öffentlichen Leben eingeschränkt werden kann. Schnapsflaschen müssen z.B. nicht an der Kasse stehen. Auch Werbung für Alkoholika sollte aus meiner Sicht strikt getrennt werden von Sport- oder Großveranstaltungen, die sich auch an Jugendliche richten. Beim Nichtraucherschutz sind wir hier schon deutlich weiter.
Die Sucht-Selbsthilfe, auf der ein Schwerpunkt dieser Aktionswoche liegt, ist ein entscheidender Bestandteil im Suchthilfesystem. Sie bieten Hilfesuchenden feste Strukturen und vertrauenswürdige Ansprechpartnerinnen und Ansprechpartner auf Augenhöhe. In der Coronapandemie haben wir gesehen, dass mit den Lockdown-Regelungen viele Anlaufpunkte und Netzwerke von heute auf morgen weggebrochen sind. Alkoholkranke Menschen waren zum Teil von heute auf morgen auf sich selbst gestellt, Beratung und Behandlung wurden unterbrochen oder beendet. Hier gilt es viel wieder aufzubauen!
Rund 1,4 Millionen Menschen in Deutschland trinken Alkohol in schädlichem Maße, weitere 1,6 Millionen sind alkoholabhängig. Diese Tendenz ist seit rund zehn Jahren stabil. Gleichzeitig ist Alkohol die gesellschaftlich beliebteste und verbreitetste Droge. Selbstverständlich trinkt nicht jeder und jede unkontrolliert oder gar problematisch. Jedoch ist der Umgang mit Alkoholkonsum in weiteren Teilen der Gesellschaft sehr unkritisch und gilt gegenüber anderem illegalen Substanzkonsum als gesellschaftlich verankert. Ich wünsche mir stattdessen, dass sich die gesellschaftliche und medial geführte Debatte mehr an wissenschaftlichen Erkenntnissen der Schädlichkeit und des Risikos des Substanzkonsums orientieren.
Die Aktionswoche Alkohol leistet für einen bewussteren und kritischeren Umgang mit Alkohol seit Jahren einen wichtigen Beitrag. Hoffentlich wird sie auch dieses Jahr ein Erfolg!
Jeweils für 4 Jahre fördert der Bund derzeit Modell-Projekte der niedrigschwelligen „Vor-Ort-Beratung“ durch die Verbraucherzentralen in allen 16 Bundesländern. In Hamburg befindet sich der Projekt-Standort im Gloria-Tunnel in Hamburg-Harburg, wo ich am 3.5. zu Gast war, um mir einen Eindruck von der Arbeit zu machen.
Aktuell sind Fragen zu Handy-Verträgen und Billig-Stromanbietern hier das häufigste Thema. Der thematische Fokus liegt auch allgemein auf finanzieller Beratung, z.B. Kostenfallen im Internet, Schulden oder auch Versorgungssperren. Im Einzugsgebiet, der Harburger Innenstadt und dem Eißendorfer Osten, leben überdurchschnittlich viele Menschen u.a. vom Arbeitslosengeld, umso wichtiger ist es, mit finanziellen Beratungsmöglichkeit vor Ort präsent zu sein. In dem divers durchmischten Viertel werden zudem verschiedenste mehrsprachige Flyer angeboten, Beratung vor Ort gibt es auch auf Englisch und Spanisch und per Telefon-Dolmetschen auch in anderen Sprachen. Jeden Dienstag von 14-17 Uhr ist hier offene Sprechstunde. Als ich vor Ort bin, warten schon ab 13.45 Uhr mehrere Ratsuchende vor der gläsernen Tür.
Mit Herrn Knobloch und Frau Michael von der Verbraucherzentrale Hamburg im Gespräch im Projekt in Harburg
Der Besuch hat mir wieder einmal gezeigt, wie wichtig eine gute Vernetzung im Stadtteil für Verbraucher*innenschutz-Angebote ist. So organisiert die Verbraucherzentrale regelmäßig Infoveranstaltungen z.B. in der nahe gelegenen Bücherhalle. Auf Stadtteilfesten gibt es immer wieder Infotische, um mit Menschen ins Gespräch zu kommen. Durch den Start im Jahr 2018 war das Team auch mit Beginn der Corona-Pandemie bereits gut vernetzt, so dass schon vor der Einschränkung persönlicher Kontakte eine gute Bekanntheit vor Ort gewährleistet war. Projekte, die erst 2020 starteten, hatten es da schwerer, wie mir Frau Michael als Beraterin vor Ort berichtet.
Das Gesamtprogramm „Verbraucher stärken im Quartier“ läuft insgesamt deutschlandweit von 2017 bis 2024 im Rahmen der Strategie „Soziale Stadt“ von der Bundesebene gefördert. Bislang ist offen, wie es in Hamburg-Harburg ab Sommer konkret weitergeht. Ich werde mich in den Haushaltsverhandlungen auch weiterhin Konzepte wie die niedrigschwellige mehrsprachige Beratung hier einsetzen, damit wir Verbraucher*innenbildung weiter so gut vor Ort fördern können!
Aktuell erleben wir, wie Millionen Ukrainerinnen und Ukrainer wegen des russischen Angriffskriegs ihr Land verlassen müssen. Aufgrund ihrer Fluchterfahrung brauchen sie besondere medizinische und psychologische Versorgung. Dies gilt während der Flucht und ist besonders nach ihrer Ankunft in Deutschland sehr wichtig. Ich freue mich deshalb sehr, dass der Bundeskanzler und die Regierungschefinnen und Regierungschefs der Länder sich am 7. April 2022 auf eine gemeinsame Unterstützung der Geflüchteten geeinigt haben.
So erhalten die registrierten Ukrainerinnen und Ukrainer ab Juni 2022 Zugang zu Leistungen der Grundsicherung und dadurch Anspruch auf Gesundheitsversorgung wie Bürgerinnen und Bürger, die gesetzlich krankenversichert sind. Zusätzlich zu dringend notwendigen Behandlungen werden deutlich mehr Leistungen finanziert. Dies ist besonders wichtig, damit Menschen beispielsweise mit chronischen Erkrankungen, wie Hepatitis und HIV sowie Abhängigkeitserkrankungen, einen niedrigschwelligen Zugang zu kostenintensiveren Medikamenten und Therapien bekommen.
Ein lange überfälliger politischer Schritt nimmt endlich Fahrt auf: Der Deutsche Bundestag hat mit dem gemeinsamen Antrag der Koalition zur Ukraine nun beschlossen, Opfern von Repression, Folter und Vergewaltigung medizinische und psychologische Hilfe zu gewähren. Damit sie diese auch sicher bekommen, umgehend die Kostenübernahme für Sprachmittlung als Teil der Gesundheitsversorgung gesetzlich zu regeln. Packen wir’s an!
In der gestrigen Bundestagsdebatte zum Lotterie- und Rennwettengesetz ging es um eine kleine Änderung: Die Bundesländer können nun Steuereinnahmen aus Renn- und Lotteriewetten früher abrechnen. Es erhöht für sie die Planbarkeit und Verlässlichkeit. Das begrüße ich, denn gute und wirksame gesundheitspolitische Projekte sind nur mit einer verlässlichen Finanzierung möglich.
Nichtsdestotrotz habe ich als Gesundheitspolitikerin in der Debatte darauf aufmerksam gemacht, dass bestimmte Steuern auch ruhig einmal zurückgehen dürfen. Nämlich dann, wenn ihr Rückgang darauf hinweist, dass Menschen in diesem Land gesünder und ausgewogener leben.
Mit der Raucher*innenquote haben wir es erlebt: Sie ist durch wirksame Verhältnisprävention über die letzten 15 Jahre kontinuierlich gesunken. Das ist ein sehr erfreulicher Fakt für die Gesundheit im Land. Gleichzeitig hat dies zu weniger Steuereinnahmen durch den Verkauf von Tabak geführt.
Spielsucht ist eine Krankheit, die für die Betroffenen und die Gesellschaft eklatant negative Folgen mit sich bringt. Zum Teil sind das hohe Verschuldung, soziale Isolation und negative Auswirkungen auf Partnerschaft, Familie und Arbeitsstelle. Insofern wäre es wünschenswert, wenn sich hier eine rückläufige Tendenz bei Spielsüchtigen und dann eben auch bei den Steuereinnahmen einstellt.
Aufgrund steigender Energiepreise haben immer mehr Menschen Probleme, ihre Rechnungen für Gas, Strom und Wasser zu bezahlen. Um Versorgungssperren zu verhindern, hat sich in Hamburg 2018 der Runde Tisch zur Vermeidung von Strom-, Gas- und Wassersperrungen gegründet. Ich habe mit Mareike Engels, sozialpolitische Sprecherin der Hamburger Grünen Fraktion in der Bürgerschaft, über diese Initiative für mehr Verbraucher*innenschutz gesprochen:
Linda:Was ist der „Runde Tisch zur Vermeidung von Strom-, Gas- und Wassersperrungen“?
Mareike: Der Runde Tisch ist 2018 von Grünen und SPD in der Bürgerschaft ins Leben gerufen worden, weil immer mehr Menschen von Sperrungen ihrer Gas-, Strom und Wasseranschlüsse betroffen waren. Der Zugang zu Energie ist Teil der öffentlichen Daseinsvorsorge, Wasser ist ein Menschenrecht. Sperrungen belasten die Betroffenen sehr schwer und können weitreichende Konsequenzen bis hin zum Wohnungsverlust haben. Am Runden Tisch haben sich unter Federführung der Umweltbehörde die Grundversorger sowie Träger von Sozialleistungen, Sozialverbände und die Schuldner*innenberatung und die Verbraucher*innenzentrale versammelt, um abgestimmte Verfahren zur Abwendung von Energiesperren und präventive Maßnahmen zur Verhinderung von Energiearmut zu entwickeln. Der Erfolg ist bisher, dass 2021 teils erheblich weniger Sperrungen durchgeführt wurden als 2019. Bei Strom betrug der Rückgang ca. 15%, bei Gas 55% und bei Wasser sogar über 99%. Allerdings ist das eine Momentaufnahme und aktuell ist zu befürchten, dass die Preisexplosion bei den fossilen Energieträgern Strom und Gas wieder zu mehr Sperrungen führt.
Linda: Wie sehen die Lösungen zur Vermeidung von Versorgungssperrungen aus?
Mareike: Gute Erfolge wurden bisher damit erreicht, die Zusammenarbeit zwischen den Beteiligten zu intensivieren und zu klären, ob bei Schuldner*innen z.B. Sozialleistungsansprüche vorliegen und die Energieschulden übernommen werden können. So können z.B. Jobcenter oder Schuldner*innenberatungsstellen bei den Versorgern die Vorbereitung der Sperrung für vier Wochen anhalten, um solche Fragen zu klären und eine Sperrung abzuwenden. Bestehen Sozialleistungsansprüche, dann hilft es oft schon, wenn die Ämter die Strom- und Gasrechnungen direkt an die Versorger überweisen.
Mareike Engels ist Mitglied der Hamburgischen Bürgerschaft aus Altona und dort Sprecherin für Soziales, Inklusion, Frauen und Gleichstellung
Problematisch sind aber Fälle von Haushalten, die zwar wenig verdienen, aber keine Ansprüche auf Sozialleistungen haben. Einige können ihre Rechnungen trotz aller Anstrengungen nicht mehr bezahlen. Das wird mit den großen Preissteigerungen trotzt der Entlastungspakete der Bundesregierung mehr Haushalte mit kleinen Einkommen treffen. Hier brauchen wir von den Versorgern ein Entgegenkommen. Es muss möglich sein, diesen Menschen über Härtefallregelungen zu helfen. Das ist eine schwierige Materie, denn es gibt in solchen Fällen bisher keine gesetzliche Handhabe gegenüber Vattenfall oder EON. Dass das trotzdem möglich ist, zeigt Hamburg Wasser. Wir setzen uns dafür ein, dass am Runden Tisch gemeinsam mit den Grundversorgern eine Lösung für Härtefälle gefunden wird.
Linda: Hältst Du diesen Ansatz auch auf Bundesebene für sinnvoll?
Mareike: Sicherlich wäre es gut, wenn solche Härtefallregelungen Teil eines nationalen Aktionsplans gegen Energiearmut sein würden. Die Zusammenarbeit zwischen Versorgern und den Sozialleistungsträgern und den sozialen Hilfseinrichtungen sollte überall ausgebaut werden. Es gibt viele Leistungsberechtigte, die ihre Ansprüche nicht kennen oder aus Scham ihre Ansprüche nicht geltend machen. Zudem müssen wir im Bund das Problem lösen, dass die Stromkosten Teil des Regelsatzes der Grundsicherung sind. Die dafür angesetzte Pauschale reicht nicht aus. Ich plädiere dafür, die Stromkosten ebenso wie die Kosten für Miete und Heizung im angemessenen Umfang voll zu übernehmen. Zudem müssen wir die Menschen dabei unterstützen, ihre eigenen Energiesparpotentiale auch zu realisieren. In Hamburg sind der Stromspar-Check der Caritas oder die Beratungsangebote der Verbraucher*innenzentrale sehr hilfreich. Darüber hinaus wären längere gesetzlich garantierte Vorlaufzeiten für Sperrankündigungen hilfreich.
Linda: Welchen Herausforderungen begegnet der Runde Tisch im Zuge der aktuellen Preissteigerungen?
Mareike: Mit unserem Bürgerschaftsbeschluss setzen wir uns dafür ein, dass der Runde Tisch aufgrund der gesellschaftlichen Herausforderung durch die Preisentwicklung seine Zusammenarbeit intensiviert. Die absehbaren Probleme werden aber nicht allein durch bessere Prävention und gute Prozesse zwischen den Beteiligten zu lösen sein. Die Versorger, die lange und gut an den fossilen Energieträgern verdient haben, müssen nun auch einen Beitrag dazu leisten, die Folgen der übermäßigen Abhängigkeit von fossilen Energieträgern mit zu tragen. Das heißt, wir brauchen wirksame Mechanismen, die Menschen, die ihre Strom- und Gasrechnungen unverschuldet nicht mehr zahlen können vor Anschlusssperrungen schützt. Härtefallregelungen sind dafür ein gangbarer Weg, solange es anderen Regelungen wie z.B. generelle Verbote von Energiesperren o.ä. nicht gibt.