Versorgung für psychisch und suchtkranke Menschen mit Hörschädigung sicherstellen
Mit einer Delegation aus sieben Bundestagsabgeordneten aus dem Gesundheitsausschuss habe ich als Abgeordnete für Hamburg-Altona am Montag dieser Woche die LWL-Klinik in Lengerich (Westfalen) besucht. Unter dem Oberthema „Inklusives Gesundheitswesen“ haben wir uns insbesondere über das spezielle Angebot der Klinik für psychisch und suchtkranke Menschen mit Hörschädigung und die Bedarfe dieser Gruppe informiert.
Außerdem liefen wir über den „Pfad der Erinnerung“ auf dem Klinikgelände und legten einen Kranz vor der Gedenktafel nieder. Der Pfad erinnert daran, dass vom Klinikgelände im 2. Weltkrieg insgesamt 440 psychisch Kranke Menschen deportiert wurden. Die Klinik setzt sich mit dieser belastenden Geschichte seit einigen Jahren sehr intensiv auseinander.
Zu dem Besuch erkläre ich:
„Die Klinik in Lengerich hat mich in vielerlei Hinsicht beeindruckt und aber auch viele Fragen dazu aufgeworfen, wie wir in Deutschland eine Versorgungsstruktur für Menschen mit besonderen Bedarfen wie für Hörgeschädigte optimal ausgestalten und sichern.
In Deutschland leben nach Aussage der Klinik etwa 100.000 vollkommen taube Menschen und insgesamt etwa 1,5 Millionen mit Hörschädigung. Viele davon können sich über Gebärdensprache am besten verständlich machen, doch Behandlungsangebote für sie sind rar gesät: für psychisch Kranke mit Hörschädigung halten derzeit nur die Klinik in Lengerich sowie eine Klinik in Erlangen Angebote vor. Für Suchtkranke gibt es für den qualifizierten Entzug nur das Angebot in Lengerich, Reha-Angebote sowohl hier als auch in Osnabrück mussten in den letzten Jahren für diese Gruppe schließen. Hier existiert somit eine totale Lücke. Und auch das Angebot des qualifizierten Entzugs für Hörgeschädigte ist bedroht – denn Nachfrage besteht zwar aus ganz Deutschland, doch die Kostenträger sind vielfach Gelder aus kommunalen oder Landesmitteln und hier wird dann aus der Politik hinterfragt, ob ein Angebot für Menschen aus der gesamten Republik mitfinanziert werden muss.
Als Politiker*innen haben wir diese Problembeschreibung als Auftrag mitgenommen, um zu prüfen, wie sich im Rahmen kommender Gesetzesvorhaben verankern lässt, dass es für Hörgeschädigte Menschen in Deutschland Therapieangebote sicher ausfinanziert geben muss.
Dass die Klinik in Lengerich sich obendrein sehr aktiv und kritisch mit dem Unrecht auseinandersetzt, das in der NS-Zeit auf dem Klinikgelände geschah, beeindruckt mich sehr. Es war uns Abgeordneten eine Ehre, hier zum Gedenken an die Opfer aus Lengerich einen Kranz niederzulegen.“
Der Besuch der Klinik in Lengerich war auf meine Initiative zustande gekommen. Als Berichterstatterin meiner Fraktion für das Thema „Gesundheitsversorgung für Menschen mit Behinderung“ habe ich vor einigen Monaten die Hamburger Suchtberatungsstelle „Deaf Suchthilfe“ vom Träger Therapiehilfe gGmbH besucht. Dieser hatte darauf aufmerksam gemacht, dass es für suchtkranke Menschen mit Hörschädigung in Deutschland kein Reha-Behandlungsangebot mehr gibt. Ich hatte daraufhin den Wunsch, die Klinik in Lengerich, die für suchtkranke hörgeschädigte Menschen immerhin noch Entzug und Psychotherapie anbietet, mit dem Ausschuss zu besuchen.
Die beiden Hamburger Suchtberaterinnen Farina Dahlmann und Dora Faerber, die bei Deaf Suchthilfe auch in Gebärdensprache beraten, waren in Lengerich ebenfalls dabei. Für Rückfragen zum Thema stehen auch sie gern zur Verfügung.