Zur aktuellen Einigung zur Umsetzung der Verbandsklage erkläre ich als Berichterstatterin für Verbraucherschutz gemeinsam mit meinem Kollegen Till Steffen aus dem Rechtsausschuss:
„Betrogene Verbraucher*innen können sich bald besser und auf Augenhöhe wehren. Mit der Verbandsklage bekommen sie ein wirksames Instrument, um gemeinsam und direkt Schadensersatz einzufordern. Bisher mussten sie individuell klagen, wie etwa beim Dieselbetrug, was viele abgeschreckt hat. Mit der Verbandsklage werden also Hürden für Geschädigte abgebaut und die Justiz spürbar von Massenverfahren entlastet. Daneben erhalten die Unternehmen Planungssicherheit.
Besonders freut uns das späte Opt-in: Kläger*innen können sich bis zu drei Wochen nach dem Schluss der mündlichen Verhandlung einer Verbandsklage anschließen. Hier konnten wir in den Verhandlungen deutliche Verbesserungen erreichen. Zudem begrüßen wir die Verabredung, das ähnliche Sachverhalte besser gebündelt werden können, damit nicht viele parallele Verfahren geführt werden müssen, deren Fälle sich nur um Nuancen unterscheiden. Wir konnten den bürokratischen Aufwand reduzieren, mit dem klagende Verbände 50 betroffene Verbraucher*innen nachweisen müssen.
Die neue Verbandsklage ist ein Meilenstein für einen starken und modernen Verbraucherschutz. Wir haben eine Triple-Win-Situation geschaffen: Verbraucher*innen kommen besser und schneller zu ihrem Recht, die Justiz wird entlastet und die Unternehmen erhalten Planungssicherheit.“
Heute hat das Bundeskabinett ein Gesetz zum Verbandsklagerecht verabschiedet. Dazu erkläre ich als Berichterstatterin für Verbraucher*innenschutz der grünen Bundestagsfraktion mit meinem Kollegen Till Steffen aus dem Rechtsauschuss:
„Wir begrüßen, dass endlich ein geeinter Entwurf der Bundesregierung zur Umsetzung der Verbandsklagerichtlinie vorliegt. Die Entscheidung des EuGH zum Dieselskandal letzte Woche fordert von uns auch mehr Tempo ein. Der Referentenentwurf wurde im Sinne geschädigter Verbraucher*innen erfreulicherweise verbessert. Ein späteres Opt-in senkt die Hürden für Klagende und entlastet die Justiz, weil Individualklagen reduziert werden. Der verringerte Streitwert senkt das Prozessrisiko für die Verbände.
Ausgewogen ist der Entwurf für uns aber erst dann, wenn echte Waffengleichheit zwischen Verbraucher*innen und Konzernen herrscht. Zu einer anwenderfreundlichen Umsetzung, auf die wir uns im Koalitionsvertrag verständigt haben, sind für uns daher noch weitere Punkte wichtig: Die Voraussetzungen für die klagenden Verbände dürfen nicht zu hoch sein und dürfen insbesondere im Ausland nicht niedriger als im Inland sein. Bußgeldandrohungen für klagende Verbände sind kontraproduktiv und sollten unterbleiben. Wir freuen uns auf die parlamentarische Beratung und sind optimistisch, insgesamt eine gute neue gesetzliche Grundlage für Verbraucher*innen zu schaffen.“
Zum morgigen Weltverbrauchertag erkläre ich als Berichterstatterin für Verbraucherschutz gemeinsam mit meiner Kollegin Tabea Rößner:
Linda Heitmann:
Ein zentrales verbraucherpolitisches Vorhaben der Ampelregierung ist die anwenderfreundliche Umsetzung der Verbandsklage. Sie ist eine große Chance, um effektiven Verbraucherschutz und kollektiven Rechtsschutz in Deutschland künftig besser zu gewährleisten. Dafür muss die Verbandsklage richtig ausgestaltet werden: Wir müssen im Sinne der geschädigten Konsument*innen dafür sorgen, dass sich auch während des Verfahrens noch der Klage angeschlossen werden kann. Mit diesem späten Opt-in verhindern wir eine Flut von individuellen Klagen und verschaffen den Gerichten Luft. Je offener die Klageanmeldung ist und je später eine verbindliche Anmeldung erfolgen kann, desto besser. Dazu gehört außerdem, dass die Ansprüche der Klagenden nicht verjähren können, solange das Verfahren andauert. So wird die Verbandsklage attraktiver als die Einzelklage. Wir wollen zudem allen Verbänden, die sich für die Belange von Verbraucher*innen einsetzen, ermöglichen, Verbandsklagen einzureichen und Betroffene zu vertreten. Der vorliegende Entwurf des Bundesjustizministeriums bedarf somit noch einiger Nachbesserungen.
Ein weiteres großes Ärgernis für Verbraucher*innen aktuell ist Greenwashing, also das Versprechen von Umwelt- und Nachhaltigkeitswirkungen beim Bewerben von Produkten. Wir brauchen Regeln für den dahinter entstandenen Kompensationsmarkt, dessen Zusicherungen schwer zu durchschauen und kaum seriös nachprüfbar sind. Daher begrüßen wir ausdrücklich die EU-Initiative, Green Claims zu regulieren, und treten dafür ein, irreführende Werbung mit Umweltversprechen in Europa nicht länger zuzulassen. Wir brauchen hier Transparenz für Verbraucher*innen und belohnen mit klaren Regeln die Unternehmen, die sich ernsthaft bemühen, nachhaltig zu wirtschaften.
Tabea Rößner:
Der Trend des Online-Einkaufs ist ungebrochen, auch wenn für Verbraucher:innen manche Risiken lauern. Besonders schwer wiegen Sicherheitsmängel, obwohl die Gewährleistung von verlässlichen und sicheren Produkten kein Qualitätsmerkmal sondern Bedingung ist. Und: Produktsicherheit ist Datensicherheit. Wir brauchen grundlegende Sicherheitsanforderungen für digitale und vernetzte Produkte, damit nur sichere Geräte auf dem europäischen Markt verkauft werden dürfen. Sicherheit von digitalen und vernetzten Geräten muss schon bei der Entwicklung durch security by design rechtlich gewährleistet und während der gesamten Gebrauchsdauer garantiert sein. Wir wollen ein anspruchsvolles Verbraucherschutzniveau, wenn es um Sicherheit geht. An dieser Stelle setzen wir große Hoffnung in den Cyber Resilience Act.
Bei Erhalt mangelhafter Ware ist das Widerrufsrecht das zentrale Recht des Verbrauchers. Auch bei Online-Bestellungen müssen die Verbraucher:innen ihr Recht auf Widerruf einfach und barrierefrei ausüben können. Darum haben wir uns im Koalitionsvertrag auf die verpflichtende Einführung eines elektronischen Widerrufsbuttons für Internethändler verständigt. Für jede Bestellung muss der Widerruf mit einem Klick möglich sein. Das schafft Rechtssicherheit für die Verbraucher:innen. Wir begrüßen daher ausdrücklich, dass der EU-Rat den Vorschlag nun auf EU-Ebene verfolgt – ein erster wichtiger Schritt.
Die Einführung einer neuen Klageart ist eine Chance für den Verbraucherschutz – und sie entlastet absehbar die Justiz. Der Gastbeitrag.
Verbraucherohnmacht hat hoffentlich bald ein Ende. Die Verbandsklage soll Verbraucher:innen ein neues Werkzeug an die Hand geben, sich gemeinschaftlich einfach und effektiv gegen betrügerische Unternehmen zu wehren. Der Dieselskandal um VW und andere haben gezeigt, dass die bestehende Musterfeststellungsklage häufig unzureichend ist, weil Geschädigte nach dem ersten Urteil individuell ihren Schadensersatz einklagen müssen.
Als Grüne setzen wir uns seit Jahren für kollektiven Rechtsschutz ein und legten 2017 bereits einen Gesetzentwurf für eine Gruppenklage vor. Nun gibt uns auch die EU Rückenwind: Die Verbandsklagerichtlinie, die bis Ende letzten Jahres in nationales Recht umzusetzen gewesen wäre, wird von der Ampel-Koalition anwenderfreundlich in deutsches Recht überführt, so wie es im Koalitionsvertrag auch vereinbart ist. Ein Gesetzesentwurf wird nun innerhalb der Ressorts und mit den Verbänden abgestimmt.
Die verbraucherfreundliche Ausgestaltung der Richtlinie lässt viel Spielraum für den deutschen Gesetzgeber und ist daher eine echte Chance für den Verbraucherschutz, damit getäuschte und geschädigte Konsument:innen einfacher und schneller zu ihrem Recht kommen. Dafür muss sie aber auch wirklich gut gemacht sein!
Für uns bedeutet das im Einzelnen erstens niedrige Zulässigkeitshürden bei der Anzahl der Geschädigten: Ziel der Verbandsklage ist, dass geschädigte Verbraucher:innen mit dem gleichen Anliegen gemeinsam vor Gericht ziehen können und nicht individuell klagen müssen. Dies schont Justizressourcen und schützt Verbraucher:innen vor hohen Prozesskostenrisiken. Uns ist es wichtig, dass nur eine kleine Anzahl von Verbraucher:innen notwendig ist, um die Klage einzureichen. Produktspezifische Unterschiede oder minimale Vertragsabweichungen können aus mehreren an sich juristisch identischen Sachverhalten viele verschiedene Sachverhalte machen. Wenn diese dann nicht mehr als gemeinsam zu behandelnde Gruppe betrachtet werden, muss unter Umständen jede einzelne Untergruppe ein bestimmtes Quorum erreichen, um klageberechtigt zu sein. Um die Hürden für geschädigte Konsument:innen niedrig zu halten, streben wir ein Quorum von zehn Personen an.
Zweitens: Niedrigschwellige Zulassung von Verbänden. In der Regel helfen Verbraucherverbände, die schon länger öffentlich registriert sind, geschädigten Konsument:innen, ihre Ansprüche vor Gericht durchzusetzen. Die Verbraucherzentralen leisten hier gute Arbeit, stoßen mitunter aber an Kapazitätsgrenzen. Daher wollen wir auch Zusammenschlüssen von Verbraucher:innen den Weg zur Verbandsklage eröffnen, die noch nicht so lange existieren oder sich vielleicht nur zu einem einzelnen Anlass zusammengefunden haben.
Drittens: Möglichkeit zur Anmeldung zum Klageregister auch noch im laufenden Verfahren. Für geschädigte Verbraucher:innen ist es kompliziert und unsicher, sich über ein Klageregister einem Verfahren anzuschließen, weil sie dessen Verlauf nicht einschätzen können. Eine frühe verbindliche Anmeldung für ein Verfahren mit ungewissem Ausgang wird zwangsläufig die Zahl der Individualklagen in die Höhe treiben. Doch dann verfehlt die Verbandsklage ihren Zweck! Wir wollen es ermöglichen, bestehende Ansprüche auch noch während des Verfahrens oder sogar noch nach einem Urteil anzumelden. Dadurch werden deutlich mehr Geschädigte erreicht, was die Justiz entlastet. Je offener die Klageanmeldung ist und je später eine verbindliche Anmeldung erfolgen kann, desto besser für Verbraucher:innen.
Viertens: Verjährung von Ansprüchen erschweren. Die Verjährung der Ansprüche muss ab dem Zeitpunkt der Klageerhebung für alle betroffenen Verbraucher:innen unterbrochen werden – unabhängig von einer Anmeldung zum Klageregister. Es muss für alle Geschädigten attraktiv sein, sich einem kollektiven Verfahren anzuschließen anstatt alleine zu klagen, damit die Gerichte nicht überlastet werden. Wenn wir die Möglichkeit lange offen halten, sich der Klage anzuschließen, und wenn wir verhindern, dass Ansprüche vor Ausgang der Verbandsklage verjähren, also nicht mehr geltend gemacht werden können, schaffen wir einen wirksamen Anreiz, Einzelklagen zu vermeiden.
Die Verbandsklage ist ein wichtiger Baustein für effizienten Verbraucherschutz und Schutz der Gerichte vor einer Schwemme von Einzelklagen. Genau deshalb gilt es jetzt, mit der richtigen Umsetzung den Grundstein zu legen für eine schnelle und unkomplizierte Rechtsdurchsetzung.
Linda Heitmann ist Bundestagsabgeordnete von Bündnis 90/Die Grünen und Obfrau im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz.
Till Steffen ist ebenfalls Bundestagsabgeordneter der Grünen und Berichterstatter für die Umsetzung der Verbandsklagerichtlinie im Rechtsausschuss.
Die Verbandsklage ist eine Initiative der EU und muss nun hierzulande umgesetzt werden. Nachdem das Justiz- und Verbraucherschutzministerium einen Streitpunkt beilegen konnten, wurden heute die Verbände zu Stellungnahme aufgefordert.
Dazu erkläre ich als Berichterstatterin für Verbraucherschutz gemeinsam mit meinem Kollegen Till Steffen:
„Die Verbandsklage ist eine große Chance für effektiveren Verbraucherschutz, die wir nutzen sollten. Dafür muss der Entwurf des Bundesjustizministers jedoch noch an einigen Punkten nachgebessert werden, damit geschädigte Konsument*innen wirklich profitieren und die Justiz spürbar entlastet wird. Entscheidend für den Erfolg der Verbandsklage ist ein spätes Opt-in. Das heißt, geschädigte Personen dürfen sich auch während eines Verfahrens und noch nach dem Urteil der Klage anschließen. So verhindern wir eine Flut von Einzelklagen und entlasten die Gerichte effektiv.
Gleichlaufend dazu muss die Verjährung für alle Betroffenen gehemmt werden, unabhängig davon, ob sie sich der Klage angeschlossen haben. Wichtig ist außerdem, dass die Voraussetzungen, eine solche Klage zu erheben, für inländische und ausländische Verbände gleich sind. Der aktuelle Entwurf stellt hiesige Verbände schlechter; das ist nicht sinnvoll.“