PM: Linda Heitmann macht sich für die Zukunft unserer sozialen Sicherungssysteme stark

PM: Linda Heitmann macht sich für die Zukunft unserer sozialen Sicherungssysteme stark

Im Bundestag haben sich die Fraktionen aufgestellt und die Ausschüsse sind konstituiert. Die Altonaer Bundestagsabgeordnete Linda Heitmann wird in der grünen Bundestagsfraktion dabei sowohl mit Vollsitz im Gesundheitsausschuss das Thema GKV/PKV-System bearbeiten sowie die grün-interne Projektgruppe Zukunft der sozialen Sicherungssysteme leiten.


Ich freue mich sehr, diese Aufgabe übernehmen zu können und bin hochmotiviert. In der Projektgruppe werden wir Konzepte zur langfristigen Stabilisierung und Weiterentwicklung aller Sozialversicherungssysteme erarbeiten. Im Mittelpunkt steht die Frage, wie eine dauerhafte, stabile und gerechte Finanzierung der Sozialversicherungen unter den Bedingungen des demografischen und strukturellen Wandels gelingen kann,“ so Heitmann.

Seit der letzten Legislaturperiode sitzt Linda Heitmann im Gesundheitsausschuss und hatte dort in der Vergangenheit schon zu den Schwerpunkten Drogen- und Suchtpolitik, Patientenrechte und gruppenspezifische Gesundheitsversorgung gearbeitet. Nun kommt auch das wichtige Themenfeld der gesetzlichen und privaten Krankenversicherungssysteme in ihre Verantwortung.

Außerdem ist Linda Heitmann in der 21. Legislaturperiode stellvertretendes Mitglied im Umweltausschuss und dort grüne Berichterstatterin für Meeresschutz in Küsten- und Tidegewässern sowie stellvertretend im Ausschuss für Wahlprüfung, Immunität und Geschäftsordnung.

Die grünen Mitglieder des Gesundheitsausschusses (v.l.n.r.): Kirsten Kappert-Gonther, Janosch Dahmen, Simone Fischer, Linda Heitmann, Johannes Wagner
PM: MdB Linda Heitmann fordert stärkeren Schutz der Nord- und Ostsee

PM: MdB Linda Heitmann fordert stärkeren Schutz der Nord- und Ostsee

Anlässlich der ersten Nationalen Meereskonferenz am 6./7. Mai 2025 in Berlin erklärt Bundestagsabgeordnete Linda Heitmann:

„Die Meere – auch unsere heimische Nord- und Ostsee – sind nicht nur unverzichtbare Verbündete im Kampf gegen Klimawandel, sondern bieten auch Lebensraum für zahlreiche Arten, regulieren unseren Wärmehaushalt und speichern gigantische Mengen an Kohlenstoffdioxid. Gleichzeitig sind sie vielfältigen Herausforderungen, Belastungen und Nutzungen ausgesetzt.

Unsere Meere und Küsten brauchen angesichts dieser Herausforderungen nicht nur besonderen Schutz, sondern auch großflächige Renaturierung. Nichtsdestotrotz findet der Schutz unserer Nord- und Ostsee sowie ihrer Küstenökosysteme kaum Beachtung im schwarz-roten Koalitionsvertrag. Im Gegenteil: Die Meeresschutzoffensive, die die letzte Regierung unter Federführung des grünen Umweltministeriums auf den Weg gebracht hat, wird massiv ausgebremst oder gar rückgängig gemacht, wenn man den Vertrag zur Grundlage der Arbeit in den nächsten Jahren nimmt.

Daher fordere ich die angehende Bundesregierung auf, die strukturelle Stärkung des Meeresschutzes, die die Vorgängerregierung begonnen hat, fortzusetzen. Mit der Ernennung des ersten Bundes-Meeresbeauftragten, der Errichtung des Meeresnaturschutz-Fonds, dem Aufbau der Unterabteilung „Schutz der Meere“ im Bundesumweltministerium sowie der Gründung der interministeriellen Arbeitsgruppe „IMA Meer“ wurde der Meeresschutz in Deutschland institutionell auf eine neue Ebene gehoben. Im Deutschen Bundestag hat sich zudem der interfraktionelle Parlamentskreis Meerespolitik gegründet, dessen Arbeit ich diese Legislatur gemeinsam mit Kolleg*innen anderer Fraktionen fortsetzen möchte, um dem Meeresschutz im parlamentarischen Raum weiter ein Forum zu geben.

Mit der Entwicklung einer Nationalen Meeresstrategie wurde begonnen, diese konnte allerdings aufgrund der vorgezogenen Wahlen nicht abgeschlossen werden. Es liegt nun an der angehenden Bundesregierung, die Meeresstrategie zu finalisieren und eine Meeresschutzoffensive zu starten. Die kumulativen Belastungen müssen miniert, der Nutzungsdruck in der Nord- und Ostsee zu Gunsten des Arten-, Natur- und Küstenschutzes reduziert und künftige Nutzungen an der ökologischen Tragfähigkeit unserer Küsten und Meere ausrichtet werden, um ihre vielfältigen Ökosystemleistungen zu schützen, zu erhalten und wiederherzustellen.

Die Nationale Meereskonferenz bietet nun eine wichtige Plattform, auf der im Dialog mit verschiedenen Akteur*innen und Entscheidungsträger*innen praxisnahe Ideen und Konzepte entwickelt werden können, die in die zünftige Meeresstrategie einfließen können.“

Mee(h)r ist nicht drin im schwarz-roten Koalitionsvertrag

Mee(h)r ist nicht drin im schwarz-roten Koalitionsvertrag

Die Meere – auch unsere heimische Nord- und Ostsee – sind ein unbeschreiblicher Reichtum in Sachen Natur- und Artenvielfalt und unverzichtbare Verbündete gegen den Klimawandel sowie in Fragen der Klimaanpassung. Denn sie bieten nicht nur Lebensraum für zahlreiche Arten, sondern regulieren auch unseren Wärmehaushalt und bestimmen unser Wetter. Mit einem Flächenanteil von 71% der Erdoberfläche nehmen Meere den größten Teil der Wärme auf, die durch Sonnenstrahlung entsteht, und stellen einen gigantischen natürlichen Kohlenstoffspeicher dar.

Trotz ihrer unverzichtbaren Ökosystemleistungen finden der Schutz unserer Nord- und Ostsee sowie der küstennahen Ökosysteme kaum Erwähnung im 144-seitigen Koalitionsvertrag der angehenden schwarz-roten Regierung. Im Gegenteil: Da, wo sie erwähnt werden, sind in erster Linie Rückschritte in den Schutzbemühungen nachzulesen. Das heißt: Die Meeresoffensive, die die Koalition aus Grünen, SPD und FDP angestoßen haben, wird massiv ausgebremst oder gar rückgängig gemacht.

Der wohl belastendste Punkt für die Nord- und Ostsee in den nächsten Jahren: Es soll direkt nach Beginn der Legislaturperiode umgehend ein Gesetzespaket beschlossen werden, mit dem die Entnahme und äußerst energieaufwendige Verpressung von Kohlenstoffdioxid (Carbon Capture and Storage, CCS) in Gesteinen im Meer sowie an Land ermöglicht wird. Dabei ist wichtig zu wissen, dass die Verpressung an Land in Abstimmung mit den Bundesländern erfolgen muss. Die meisten davon haben schon jetzt angekündigt, diese Technik, die auch mit erheblichen Gefahren für das Trinkwasser verbunden ist, bei sich nicht zulassen zu wollen. Es bleibt also nur die Verpressung im Meer, die mit erheblichen Lärmemissionen sowie dem Verlegen von Leitungen durch sensible Naturräume wie das Wattenmeer unweigerlich verbunden sein wird.

Wenn man die CCS-Technik schon ermöglichen will, wäre es daher eigentlich dringend nötig, mindestens sensible Schutzgebiete im Meer auszuschließen und insgesamt die Menge des zu verpressenden Kohlenstoffdioxids möglichst gering zu halten. Doch auch dies deutet sich im Koalitionsvertrag leider nicht an: Nicht nur für die besonders schwer- bis gar nicht vermeidbaren Emissionen, wie etwa aus der Zement- und Stahlherstellung, sondern auch für andere Emissionen aus dem Industriesektor und Gaskraftwerken will Schwarz-Rot die CO2-Abscheidung ermöglichen. Damit wird ein Allheilmittel in Sachen Klimaschutz versprochen, bei dem Unternehmen nicht mehr dazu angehalten werden, Emissionen zu vermeiden, sondern sie in unbegrenzter Menge abscheiden und verpressen zu können. All das auf Kosten des Meeresschutzes! Die Energiewende und insbesondere der Ausbau der Erneuerbaren Energien, die wir massiv beschleunigen konnten, werden entscheidend ausgebremst und der fossilen Energieerzeugung Tür und Tor geöffnet.

Apropos fossile Energieerzeugung: wer im Koalitionsvertrag eine Absage an neue Öl- und Gasförderprojekte in der Nordsee sucht, wird leider ebenfalls bitter enttäuscht. So soll nicht nur die Gasspeicherumlage abgeschafft und verstärkt auf Gasimporte aus dem Ausland gesetzt werden, sondern auch die „Potenziale konventionelle[r] Gasförderung im Inland“ (S. 30) genutzt werden. Somit werden auch die umstrittenen Pläne zur Gasförderung vor Borkum nicht ausgeschlossen. Dabei sind die dort liegenden Gasvorkommen für die Energieversorgung nachgewiesenermaßen nicht notwendig. Eine Förderung am Rande des UNESCO-Weltnaturerbes Wattenmeer würde das sensible Ökosysteme schädigen oder gar irreversible zerstören.

„Der Schutz der Ostsee als vom Klimawandel besonders betroffenem [sic] Binnenmeer hat für uns Priorität“, heißt es auf Seite 38 im Koalitionsvertrag – die einzige Stelle, wo Meeresschutz überhaupt erwähnt wird. Gleichzeitig sollen unter dem Deckmantel der Planungsbeschleunigung wichtige Maßnahmen, die eben diesen Schutz sicherstellen, ausgehöhlt und teilweise ausgesetzt werden: Konkret soll die Umweltverträglichkeitsprüfung durch die Anhebung von Schwellenwerten und die Aussetzung der Vorprüfung für Änderungsgenehmigungen abgeschwächt werden. Dadurch könnten Projekte wie der Bau von CCS/CCU-Anlagen und -Leitungen, die laut Koalitionsvertrag im überragenden öffentlichen Interesse liegen sollen, ohne Rücksicht auf ihre Umweltauswirkungen durchgeführt werden.

Weitere Minus-Punkte im Koa-Vertrag: Mit einer geplanten Verschlankung des Umwelt-Informationsgesetzes wird die Beteiligung und Informationsgewinnung der Zivilgesellschaft erschwert, was gleichzeitig mit einer Aushöhlung der Demokratie einhergeht. Außerdem soll das Umweltrechtsbehelfsgesetz auf eine unmittelbare Betroffenheit bei Klage und Beteiligungsrechten fokussiert werden, wodurch es Umweltverbänden erschwert wird, stellvertretend für die Natur und die Tiere Recht einzuklagen. Ob dies überhaupt mit EU-Recht vereinbar ist, darf bezweifelt werden. Darüber hinaus sollen die Nationale Biodiversitätsstrategie sowie die EU-Verordnung zur Wiederherstellung der Natur (Nature Restoration Law, NRL) in der Umsetzung abgeschwächt werden. Gerade das NRL stellt dabei einen harterkämpften Meilenstein der europäischen Umweltpolitik dar, welcher die EU-Mitgliedstaaten dazu verpflichtet, nach und nach geschädigte Ökosysteme auf Land und im Meer zu renaturieren, um ihre Ökosystemleistungen wieder zu herstellen.

Darüber hinaus bleibt die grundberührende Fischerei weiterhin voraussichtlich erlaubt. Sie belastet empfindliche Ökosysteme auch in Schutzgebieten, wie etwa dem Nationalpark Wattenmeer. Im Koalitionsvertrag heißt es lediglich: „Wir stehen zur Fischerei und stärken deren Entwicklung entsprechend den Empfehlungen der Zukunftskommission Fischerei (ZKF) und der Leitbildkommission Ostseefischerei“ (S. 38).

Trotz all dieser massiven Angriffe auf den Umwelt-, Natur- und Meeresschutz ist es versöhnlich, dass auch die GroKo daran nicht vorbeikommt, zentrale Meilensteine der Vorgängerregierung fortzusetzen. Mit dem Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz (ANK) der letzten Regierung unter Federführung des grünen Umweltministeriums bleibt also die bislang umfangreichste Förderung der Geschichte für Klima- und Naturschutz sowie Renaturierungsprojekte bestehen. Bis 2028 stehen im Rahmen des ANK 3,5 Milliarden Euro u.a. für Maßnahmen zur Wiederherstellung sowie für klimafreundliche und naturverträgliche Bewirtschaftungsformen zur Verfügung. Über 9000 Projekte wurden bereits bewilligt und werden somit aus dem Programm (mit)finanziert. Gefördert werden auch Projekte zur Erhaltung und zum Wiederaufbau von Salzwiesen, Seegraswiesen, Kelpwäldern sowie zu deren Vorlauf- und Begleitforschung zur Stärkung ihres Beitrags zum natürlichen Klimaschutz.

Ebenso erfreulich ist, dass das Sofortprogramm zur Bergung von Munitionsaltlasten fortgeführt und ein Bundeskompetenzzentrum dafür in Ostdeutschland errichtet werden soll, in dem wissenschaftliche Einrichtungen, Privatwirtschaft und operative Behörden zusammenarbeiten. Erstmals ging die Regierung aus Grünen, SPD und FDP es aktiv an, den giftigen Munitionsschrott aus dem Ersten und Zweiten Weltkrieg aus dem Meer zu entfernen. Dafür wurden im parteiübergreifenden Konsens 100 Millionen Euro durch den Bundestag zur Verfügung gestellt, um erste Probebergungen zu machen und die notwendige Technik zur Bergung zu entwickeln. Es liegt nun in der Verantwortung der schwarz-roten Regierung, eine langfristige Finanzierung in Zusammenarbeit mit den Ländern sicherzustellen. Im Koalitionsvertrag bleibt der Finanzierungsaspekt allerdings offen.

Ebenso fortgesetzt wird erfreulicherweise die Meeresnaturschutz- und Fischereikomponente aus dem Wind-See-Gesetz. Noch an dem Tag, an dem Bundeskanzler Scholz Finanzminister Lindner entließ, sicherte der Haushaltsausschuss des Bundestages 400 Millionen Euro für den Meeresnaturschutz in Form eines Meeresnaturschutzfonds in der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU). Die Mittel stammen aus Einnahmen aus den Versteigerungen von Windkraftflächen auf See und können als DBU-Stiftungskapital dauerhaft schätzungsweise eine jährliche Ausschüttung von ca. 10 Millionen Euro generieren, die für Meeresnaturschutzprojekte eingesetzt werden. Der Koalitionsvertrag lässt jedoch leider offen, ob auch weitere Einnahmen aus den Ausschreibungen von Windkraftflächen für den Meeresnaturschutz eingesetzt werden und was genau die neue Regierung unter nachhaltiger Fischerei verstehen wird.

Alles in allem ist der schwarz-rote Koalitionsvertrag leider insbesondere auch im Küsten- und Meeresschutz von Rückschritt sowie Ambitionslosigkeit gekennzeichnet und verkennt nicht nur die zentralen Herausforderungen der Klima- und Artenkrise, sondern macht auch große Fortschritte der letzten Regierung gerade im Hinblick auf den Klimaschutz und die Energiewende rückgängig. Dabei trifft der Klimawandel Europa besonders stark. Denn kein Kontinent erwärmt sich schneller als Europa, wie gerade der jüngst veröffentlichte Klimabericht 2024 des EU-Klimawandeldienstes Copernicus aufzeigt. Daher wird die nächste Regierung sich auch daran messen lassen müssen, inwieweit sie es schafft, Deutschland an die Klimafolgen anzupassen.

Küsten- und Hochwasserschutz im Einklang mit Natur- und Klimaschutz: ein Appell an die künftige Bundesregierung! 

Küsten- und Hochwasserschutz im Einklang mit Natur- und Klimaschutz: ein Appell an die künftige Bundesregierung! 

Viele Leaks zu vorläufigen Koalitionsvereinbarungen zwischen Union und SPD erblickten letzte Woche das Licht der Welt, auch zum Thema Umwelt- und Naturschutz. Dabei werden unter dem Stichwort Meeresschutz immerhin Munitionsbergung und nachhaltige Fischerei als Ziele genannt. Doch Küsten- und Hochwasserschutz sucht man in dem Papier vergeblich. Das ist ein fataler Fehler!

Warum ist das so und wie müsste ein wirklich nachhaltiger zukunftsgewandter Schutz der Küsten aussehen?

Die Nacht vom 16. auf den 17. Februar 1962 ist tief eingebrannt in das Gedächtnis der Bevölkerung in Norddeutschland. Mit 130 Stundenkilometern löste der Orkan „Vincinette“ die folgenreichste Sturmflut an der Nordsee seit Beginn der Wasserstandsaufzeichnungen aus, die neben Schleswig-Holstein und Niedersachsen ganz besonders auch Hamburg traf. Trotz Sturmflutwarnung wurden viele Menschen damals vom Hochwasser wortwörtlich im Schlaf überrascht. Bis in die frühen Morgenstunden brachen fast alle Deiche und Dämme mit gravierenden Folgen: 315 Tote, 20.000 Obdachlose, zahlreiche zerstörte oder schwer beschädigte Wohnungen sowie kaputte Infrastruktur.

63 Jahre nach dieser schrecklichen Naturkatastrophe ist die Gefahr ähnlicher Extremwetterereignisse nicht gebannt, im Gegenteil: Infolge des anthropogenen Klimawandels dehnt sich nicht nur das Wasser in unseren Meeren und Ozeanen aus, sondern auch die Gletscher und Eisschilde schmelzen immer weiter ab, was unter anderem zu einem globalen Anstieg des Meeresspiegels führt. Dadurch treten Extremwetterereignisse wie Sturmfluten, Starkregen oder aber auch Dürren häufiger und heftiger auf. Nicht zuletzt haben uns die Flut in Spanien im Herbst 2024 oder aber auch die schwere Flut im Herbst 2023 an der Ostseeküste dies deutlich vor Augen geführt.

Daher ist die kommende Bundesregierung dringend gefordert, sich dieser immensen Herausforderung zu stellen und in enger Kooperation mit den Küstenländern den Küsten- und Hochwasserschutz zukunftsfest aufzustellen. Konventioneller und natürlicher Küsten- und Hochwasserschutz müssen dabei künftig stärker zusammengedacht werden. Ein schlichtes Weiterso ist weder finanziell noch ökologisch nachhaltig. Bereits jetzt stößt der konventionelle Küstenschutz mit dem Fokus auf Deicherhöhung und -verbreiterung, ständigen Sandaufspülungen sowie technische Entwässerung an logistische und finanzielle Grenzen und ist ökologisch nur bedingt nachhaltig.

Die immensen Schäden der Sturmflut von 1962 waren ein folgenschwerer Stresstest für die damaligen Schutzanlagen. Infolgedessen wurde eine komplett neue, fast durchgehenden Hochwasserschutzlinie von ca. 100 Kilometern und mindestens 7,20 Meter über Normalnull gebaut. Seit 1990 werden die Schutzanlagen stetig modernisiert und erhöht, aktuell mit einer Deichhöhe von 7,50 bis 9,25 Metern über Normalnull. Ein Erfolg: Zwar gab es seither weitere Sturmfluten, die sogar noch höher ausfielen, jedoch ohne vergleichbare Schäden.

Die nahezu geschlossene Deichlinie bietet derzeit zwar ein hohes Schutzniveau vor Sturmfluten, allerdings können und dürfen wir uns darauf nicht ausruhen: Je höher der mittlere Meeresspiegel steigt, umso häufiger und heftiger treten Extremwetterereignisse wie Sturmfluten auf. Infolge der globalen Erwärmung steigt der Meeresspiegel immer weiter an – schätzungsweise bis zu 1,20 Metern bis zum Ende des Jahrhunderts, wenn wir unsere Treibhausgasemissionen unverändert lassen. In der Deutschen Bucht könnte dies dazu führen, dass Sturmfluten bis zu 1,50 Metern höher ausfallen als heute – dementsprechend wäre auch eine viel größere Fläche zu schützen.

Dieser Umstand setzt unsere Schutzanlage einem immer höheren Anpassungsdruck aus  – mit enormen finanziellen und ökologischen Kosten. Vielerorts fehlen nicht nur Sand, Klei und die zusätzlich benötigte Fläche, sondern auch der Untergrund kann die zusätzliche Last durch die kontinuierliche Erhöhung und Verbreiterung nicht ohne Weiteres tragen kann.

Deiche bieten für das Land dahinter zwar sichtbar Schutz vor Sturmfluten, beanspruchen allerdings auch viel Fläche, die dann fehlt, damit die Wassermassen auslaufen und Energie abbauen können. Dadurch staut sich das Wasser auch verstärkt in den Marschgebieten vor den Deichen auf. Um diese zu entwässern, müssen die Deichanlagen mit umfangreichen Grabensystemen und Sieltoren ergänzt werden. Doch vielfach reichen die bisherigen Siele nicht mehr und es müssen zunehmend energieaufwändige Pumpen zur Entwässerung eingesetzt werden.

Das durch den gestiegenen Meeresspiegel entstandene „umgekehrte Gefälle“ erhöht zudem den Druck des Salzwassers auf die Grundwasserschichten. Infolge des Abpumpens des oberflächennahen Süßwassers durch die Entwässerung dringt mehr Salzwasser in die Süßwasserschichten ein, wodurch unser Grundwasser zunehmend versalzt und damit ungenießbar wird.

Alles in allem ist ein schlichtes Weiterso des Küsten- und Hochwasserschutzes weder finanziell noch ökologisch nachhaltig. Bereits jetzt stößt die aktuelle Praxis an technische wie auch finanzielle Grenzen. Mit steigenden Pegeln werden immer höhere Deichaufstockungen notwendig sein, als dies mit Blick auf die Tragfähigkeit des Untergrundes möglich ist. Daher muss guter Küsten- und Hochwasserschutz Naturschutz klug mitdenken und Synergien schaffen, um langfristig zu funktionieren.

Das heißt ganz konkret: In der Klimaanpassungsstrategie müssen insbesondere die natürlichen Küsten- und Hochwasserschutzfunktionen unserer marinen sowie küsten- und flussnahen Ökosysteme wie Moore, Auen, Riffe, Salzmarschen und Seegraswiesen stärker einbezogen werden, indem wir diese schützen, fördern und vor allem wiederherstellen.

Infolge ihrer systematischen Vernachlässigung und Umgestaltung für wasserbauliche und landwirtschaftliche Nutzungen sind bereits jetzt die Ökosystemleistungen dieser wichtigen Biotope deutlich beeinträchtigt oder sogar unwiderruflich zerstört worden. So sind viele einstige Salzwiesen an den deutschen Küsten eingedeicht oder für landwirtschaftliche Zwecke umgestaltet und dadurch entwässert worden. Allein an der Ostseeküste wurden im vergangenen Jahrhundert 95% der Salzwiesen eingedeicht. Dabei bieten Salzwiesen eine Pufferzone zwischen Land und Meer und schützen vor Sturmfluten und Hochwasser, indem sie die Wellen effektiv ausbremsen. Sie sind zudem auch hochproduktive Kohlenstoffsenken, die um ein Vielfaches schneller Kohlenstoff speichern können als ein Wald. Viele der entwässerten Gebiete haben ursprünglich Moorböden. Durch die vielen trockengelegten Moore fehlen uns nicht nur wichtige Kohlenstoffspeicher, sondern auch viele Insekten und Brutvögel verlieren zudem ihren Lebensraum.

Als hochproduktive natürliche Kohlenstoffsenken und ausgezeichnete Wellenbrecher gelten auch Seegraswiesen. Ihr tiefreichendes Wurzelwerk ist eine natürliche Kohlenstofflagerstätte, die gleichzeitig den Meeresboden stabilisieren und damit vor Hochwasser und Überschwemmungen schützen kann. Schätzungsweise können dichte Seegraswiesen Wellen und Meeresströmungen um 25 bis 45 Prozent dämpfen, bevor diese die Küsten erreichen. Durch die Anhäufung von Sediment bieten sie zudem kontinuierlichen Schutz vor steigenden Meeresspiegeln. Leider sind auch die Seegraswiesenbestände an den deutschen Küsten stark geschrumpft – vor allem durch Nährstoffeinträge. Obwohl leichte Verbesserung zu verzeichnen sind, sind die Ostsee und 87% der Nordsee überdüngt – vor allem in den Mündungsgebieten der deutschen Flüsse.

Im Kampf gegen Hochwasser und Dürreperioden gehören auch Auen zu den Schlüsselakteuren. Bei Hochwasser nehmen sie das Wasser auf und in Trockenperioden geben sie es nach und nach wieder an die Landschaft ab. Zudem lagern sie ebenfalls viel Kohlenstoff und bieten Lebensraum für viele Arten. Allerdings sind in Deutschland zwei Drittel der Überschwemmungsgebiete verloren gegangen, entlang großer Flüsse sind in vielen Abschnitten teilweise nur noch 10-20% der ehemaligen Auen vorhanden.

Wenn wir all diese Ökosysteme künftig besser schützen bzw. auch wiederherstellen, leisten wir zeitgleich zum Hochwasser- und Küstenschutz einen wichtigen Beitrag zum Klima- und Naturschutz. Denn dadurch wird zudem Kohlenstoff der Atmosphäre entzogen und die vielen marinen wie auch terrestrischen Tier- und Pflanzenarten bekommen wieder einen gesunden Lebensraum zur Verfügung gestellt.

Unsere marinen sowie küsten- und flussnahen Ökosysteme zu schützen und wiederherzustellen, sollte unser vorrangig erklärtes Ziel sein, im Sinne des Klima- und Hochwasserschutzes! Dabei muss und darf der natürliche Küsten- und Hochwasserschutz die technischen Maßnahmen nicht unbedingt ersetzen, sondern vielmehr sinnvoll ergänzen. Beispielsweise können Deiche rückverlegt und durch die Wiederherstellung von Salz- und Seegraswiesen im Deichvorland ökologisch aufgewertet werden. Die Bepflanzung der Hohlräume von Deckwerken kann ebenfalls neue Lebensräume für verschiedene Pflanzen- und Tierarten schaffen. Auch die Wiederherstellung von Riffen schafft nicht nur neue Lebens- und Rückzugsräume für verschiedene Arten, sondern kann auch den natürlichen Küsten- und Hochwasserstutz stärken, da stabile Riffe den Wellengang ausbremsen können.

Mit dem Aktionspragramm Natürlicher Klimaschutz hat die Bundesregierung 2021 bis 2025 unter der Federführung des grünen Umweltministeriums bereits 3,5 Milliarden Euro zur Verfügung gestellt, mit denen bis 2028 Maßnahmen zur Wiederherstellung sowie für klimafreundliche und naturverträgliche Bewirtschaftungsformen gefördert werden, die auch dem natürlichen Küsten- und Hochwasserschutz zugutekommen. Es muss auch langfristig weitergehen, denn all das zeigt: Klima-, Natur- und Küstenschutz sind gut miteinander vereinbar. Auch der neu geschaffene Meeresnaturschutzfonds der Deutschen Bundesstiftung Umwelt (DBU), der Fördergelder für Renaturierungsprojekte vergeben wird, ist ein wichtiger Schritt, der 2024 eingeschlagen wurde. Nun muss es dringend weitergehen! Die nächste Bundesregierung muss es nur politisch wollen und ermöglichen!

Interview: Kein Sondervermögen ohne Klimaschutz

Interview: Kein Sondervermögen ohne Klimaschutz

Das Hamburger Abendblatt hat mit Tobias Goldschmidt, Umweltminister in Schleswig-Holstein, und mir über die Pläne von Union und SPD zur Reform der Schuldenbremse gesprochen. Für uns ist klar: Es braucht eine Reform der Schuldenbremse – dazu haben wir Grüne immer gestanden. Die aktuellen Vorschläge der zukünftigen Koalition lehnen wir jedoch ab: Ein Sondervermögen Infrastruktur muss zusätzliche Bedarfe abdecken, und besonders in Klima- und auch Küstenschutz investiert werden. Den ganzen Artikel im Hamburger Abendblatt findet ihr hier (hinter der Bezahlschranke).

Wichtiger Erfolg für den Naturschutz in Rom

Wichtiger Erfolg für den Naturschutz in Rom

Die Weltnaturschutzkonferenz in Rom hat in global schwierigen Zeiten voller Krisen einen unerwarteten Erfolg gefeiert. 196 Vertragsstatten haben sich zu einer besseren und verbindlicheren Finanzierung des Umweltschutzes bekannt und das Kunming-Montreal-Weltnaturabkommen mit Leben und konkreten Verabredungen gefüllt. Die internationale Zusammenarbeit lebt und schützt unsere Lebensgrundlagen.

Was wurde verabredet?

  1. Finanzierung: Industriestaaten, Privatwirtschaft und Entwicklungsbanken werden bis 2030 weltweit 500 Milliarden Dollar für die globalen Biodiversitätsziele mobilisieren. Dafür sollen etwa umweltschädliche Subventionen umgewidmet oder gestrichen werden. Die Länder des Globalen Südens sollen zudem leichter an internationale Biodiversitätsgelder gelangen.
  2. Umsetzung und Überprüfung: Es wurde ein Planungs-, Monitoring-, Berichts- und Überprüfungsmechanismus (PMRR) beschlossen, der eine einheitliche und nachvollziehbare Überprüfung der Umsetzungsfortschritte des Weltnaturabkommens mittels über 40 Leitindikatoren ermöglicht. Darauf aufbauend müssen die Mitgliedsstaaten nun in regelmäßigen Abständen über ihre Fortschritte berichten.
  3. Partnerschaften: Das Bundesumweltministerium hat Biodiversitätspartnerschaften mit Armenien, Bolivien, Madagaskar, Peru, Somalia und Südafrika geschlossen, um sie bei der Umsetzung ihrer Naturschutzstrategien zu unterstützen.

Weitere Fortschritte wurden für Meeresschutzgebiete sowie zur besseren Verzahnung der UN-Biodiversitäts- und Klimaschutzkonventionen erzielt. Dies ist nicht zuletzt ein wichtiges Signal in Richtung Belém/Brasilien, wo Ende des Jahres die nächste Weltklimakonferenz stattfinden wird. Diese Erfolge sind Auftrag und Verpflichtung für die kommende Bundesregierung, damit die gefassten Beschlüsse auch in die Tat umgesetzt werden.