Im Bundestag sind die Inflation und die steigenden Energiepreise die dominierenden Themen dieser Sitzungswoche. In meiner Rede am Donnerstag Abend habe ich mich gegen Strom- und Gassperren ausgesprochen, die aktuell vielen Menschen drohen und nicht selten der erste Schritt in Wohnungslosigkeit bedeuten.
Ich konnte aufzeigen, dass meine Heimatstadt Hamburg mit seinem Runden Tisch zur Verhinderung von Gas- und Energiesperren seit drei Jahren klug und vorausschauend agiert. Unter der Federführung der grünen Behörde für Umwelt und Energie wird Hilfe vermittelt und ein Härtefonds unterstützt Menschen in Notlagen.
Im Bundestag habe ich gestern im Rahmen der Haushaltsdebatte 2023 zum Gesundheitsetat gesprochen. Mein Schwerpunkt lag dabei auf der Suchtprävention und der Versorgung von Long- bzw. Post-Covid-Erkrankter. In beiden Bereichen dürfen wir nicht sparen, sondern es gilt: Jeder Euro, der hier investiert wird, zahlt sich doppelt aus.
Es ist geschafft! Die Ampelparteien haben neue und weitreichende Entlastungen beschlossen. Viele Menschen bis weit in die Mitte der Gesellschaft stellen die rasant gestiegenen Energie- und Lebensmittelpreise eine zunehmend große Belastung dar. Viele haben Sorge vor Abstieg und Armut. An sie alle sendet das Entlastungspaket unser Signal: Diese Krise bewältigen wir gemeinsam und wollen dabei niemanden zurücklassen. Wir unterstützen mit unseren Maßnahmen gerade Menschen, die wenig haben. Stärkere Schultern hingegen sollen auch mehr tragen.
In der Umsetzung ist dieses Ziel nicht immer ganz einfach: Wir haben uns auf Maßnahmen im Umfang von 65 Milliarden Euro verständigt. Damit entlasten wir viele Menschen und auch viele Unternehmen von der kleinen Bäckerei bis zum Arzneimittelhersteller in unserem Land zielgenau. Wir stellen außerdem mit dem Paket die Weichen für mehr Nachhaltigkeit im Verkehr.
Zielgenauigkeit statt Gießkanne
Uns Grünen war in den Verhandlungen besonders wichtig, dass die Entlastungen vor allem Menschen mit kleinen Einkommen oder Renteneinkünften sowie Familien erreichen. Mit der Erhöhung des Kindergelds um 18 Euro und den Verbesserungen beim Kinderzuschlag greifen wir Familien unter die Arme. Menschen, die auf Grundsicherung angewiesen sind, führen die Preissteigerungen an den Rand der Existenz. Wir werden deshalb die Regelsätze ab dem 1. Januar 2023 auf etwa 500 Euro erhöhen und die übrigen Regelsätze entsprechend anpassen. Rentner*innen erhalten eine Energiepreispauschale von 300 Euro, Studierende und Fachschüler*innen werden mit Einmalzahlungen von 200 Euro entlastet.
Zufallsgewinne abschöpfen
Angesichts der Lasten, die viele derzeit schultern, ist es nicht zu rechtfertigen, dass einige große Konzerne im Energiesektor gleichzeitig Krisengewinne erzielen. Wir wollen, dass mit der Abschöpfung dieser Zufallsgewinne die Lasten der Bürger*innen deutlich abgemildert werden. Genau das werden wir auf dem Strommarkt angehen. Sollte eine zeitnahe europäische Lösung nicht möglich sein, werden wir hier in Deutschland voran gehen. Auch für Unternehmen außerhalb des Strommarktes soll eine Abschöpfung von Zufallsgewinnen möglich sein.
Strompreisdeckel, Heizkosten und Wohngeld
Für die Verbraucher*innen werden wir beim Strompreis einen Deckel einziehen, der einen Basisverbrauch zu einem vergünstigten Preis ermöglicht. Durch hohe Heizkosten drohen Menschen ungewollt in Not zu geraten. Mit einer Wohngeldreform wird der Kreis der Berechtigten deutlich ausgeweitet und mit Änderungen im sozialen Mietrecht besser vor Kündigungen geschützt.
Bezahlbarer Nahverkehr bundesweit
Der riesige Erfolg des 9-Euro-Tickets war für uns Grüne Ansporn, uns in der Ampel auf eine Nachfolge zu verständigen. Der Bund stellt dafür den Ländern anderthalb Milliarden Euro für ein bundesweites Nahverkehrsticket zur Verfügung, wenn diese mit der gleichen Summe aufkommen. Wir sind davon überzeugt, dass die gemeinsamen Mittel von Bund und Ländern für die Finanzierung eines 49-Euro-Tickets bundesweit reichen. Zudem werden wir im Verkehrsbereich 1,5 Milliarden Euro zusätzliche Mittel zur Senkung der CO2-Emissionen einsetzen. Doch nicht nur die Menschen in Deutschland, sondern insbesondere die Menschen im globalen Süden sind hart von den Folgen der Krise getroffen. Wir werden im Haushalt 2022 eine Milliarde Euro zusätzlich für die Bekämpfung der globalen Ernährungskrise zur Verfügung stellen.
Unser Land steht vor einer schweren Zeit. Wladimir Putin greift die Ukraine seit Monaten völkerrechtswidrig mit Waffengewalt an, mit uns führt er einen Krieg über die Energieversorgung. Die Bürger*innen erwarten von der Ampel-Regierung, dass wir die Herausforderung annehmen und Lösungen für die gegenwärtige Krise entwickelt. Das haben wir mit diesem und den beiden vorhergegangenen Entlastungspaketen getan.
Als Abgeordnete für Hamburg-Altona und Berichterstatterin für Verbraucher*innenschutz, erkläre ich heute zur Forderung von Ramona Pop, Vorständin des Verbraucherzentrale Bundesverbands, nach einem Moratorium auf Energiesperren:
„Viele Verbraucher*innen schauen mit Sorge auf die kommende Heizperiode und die nächste Nebenkostenabrechnung. Die steigenden Energiepreise sind für die Haushalte unkalkulierbar und drohen, viele Menschen finanziell zu überfordern. Ich begrüße die Forderung der Verbraucherzentrale, die auf die besonders angespannte Lage einkommensschwacher Haushalte aufmerksam macht. Auch in einer Sondersitzung des Umweltausschusses haben wir heute über die Auswirkungen von steigenden Energiepreisen und Gasumlage auf Verbraucherinnen und Verbraucher beraten.
Diese brauchen jetzt unseren besonderen Schutz und gerade für einkommensschwache Haushalte wollen wir gezielte Unterstützung. Neben einem Moratorium auf Energiesperren und einem Kündigungsmoratorium für Mieter*innen sollten wir Menschen ohne Rücklagen finanziell dabei helfen, ihre Energieaufschläge bezahlen zu können. Das kommende Entlastungspaket der Bundesregierung, das aktuell beraten wird, sollte Hilfen nicht per Gießkanne verteilen, sondern nach Bedarf. Dazu gehört zum Beispiel auch, den Heizkostenzuschuss für Wohngeld- und BAföG-Empfänger*innen schnell anzupassen.“
Ihr kennt das sicher auch: Die Zahnpasta ist plötzlich klimaneutral, der Schokokeks nachhaltig und der neue Rucksack besteht aus recyceltem Plastik, das aus dem Meer gefischt wurde. Da hat man doch gleich ein gutes Gewissen beim Konsum. Oder nicht?
Immer häufiger versprechen Hersteller, dass ihre Produkte einen positiven Einfluss auf die Umwelt oder das Klima haben. Doch kann das wirklich sein, dass wir plötzlich mit jedem Einkauf so viel Gutes tun? Wie kommen die Hersteller darauf, ihre Produkte so anzupreisen und dürfen die das einfach so behaupten?
Vorab: Von Greenwashing wird gesprochen, wenn Unternehmenskommunikation, PR oder Marketing einer Firma ein grünes und umweltfreundliches Image verschaffen soll, ohne dabei konkrete Maßnahmen zu implementieren oder Belege vorweisen zu können.
Und das ist gar nicht schwer, weil Begriffe wie „klimaneutral“, „nachhaltig“ oder „CO₂-neutral“ nicht geschützt sind; es kann sie also jede*r nutzen. Krombacher war vor 20 Jahren Vorreiter mit seiner Aktion „Saufen für den Regenwald“, die korrekt „Regenwald-Projekt“ hieß und von Günther Jauch beworben wurde. Ob es dem Regenwald nachhaltig geholfen hat, wissen wir bis heute nicht, weil eine Instanz, die solche Versprechen systematisch nachprüft, nicht existiert.
Aktuell mahnen Verbraucher*innenschützer allerdings Anbieter gebrauchter Elektronik ab, weil sie mit unrealisitischen Umweltversprechen werben, oder verklagen Tesla, weil deren Autos fälschlicherweise als CO₂-neutral beworben werden. Denn ein Bewusstsein dafür, dass hier getäuscht werden könnte, ist durchaus da.
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Es liegt auf der Hand, warum Unternehmen gerne mehr versprechen, als sie halten können: Vielen Konsument*innen liegt Nachhaltigkeit am Herzen, sie wollen beim Kauf bewusste Entscheidungen treffen auf dem unübersichtlich vielfältigen Markt der Produkte. Damit lässt sich gutes Geld verdienen. Denn mit einem angeblichen Sondernutzen für Umwelt und Klima können höhere Preise durchgesetzt werden; blumige Versprechen machen weniger Aufwand als echtes Engagement. Und der Imagegewinn für das Unternehmen und die Marke ist ebenso wenig zu vernachlässigen wie mögliche politische Vorteile.
Ein Blick auf die Marketing-Welt der letzten Jahre zeigt: Firmen sind wirklich kreativ, uns Produkte als nachhaltig zu verkaufen: Manche erfinden eigene Siegel, etwa „C&A Biocotton“. Andere überbetonen irrelevante Eigenschaften wie das biologisch abbaubare Etikett einer Bierflasche. Manchmal werden auch positive Teilaspekte hervorgehoben, um negative Eigenschaften zu kaschieren.
Mir ist es ein Anliegen, dass Produkte, Finanzanlagen und Dienstleistungen nur dann als nachhaltig bezeichnet werden dürfen, wenn sie einen messbaren Beitrag zu Nachhaltigkeitszielen leisten. Ich kämpfe für höhere Umwelt- und Sozialstandards, wobei nachhaltiger Konsum nicht alleine der Verantwortung der Verbraucher*innen zugeschoben werden darf. Hier politisch sinnvolle Regeln zu finden und durchzusetzen, ist allerdings kein einfacher Weg. Für die Verbraucher*innen lohnen würde er sich jedoch auf jeden Fall!
Wie seht ihr das und welche Erfahrungen habt ihr mit Greenwashing oder zweifelhaften Produktversprechungen gemacht?
Was wünscht ihr euch von der Politik? Was müsste eurer Ansicht nach verändert werden, damit falsche Versprechen von echter Nachhaltigkeit unterschieden werden können?
Klare Definitionen und Standards von Produktkennzeichnungen wie ökologisch, biologisch, fair, klimaneutral, regional usw.? Für einzelne Produktgruppen?
Eine Aufklärungs- und Informationskampagne für Verbraucher*innen?
Die Etablierung unabhängiger Siegel für mehr Orientierung der Konsument*innen?
Das Verbot oder Erschweren von Siegeln einzelner Handelsmarken und Unternehmen?
Ich freue mich auf eure Erfahrungen, Hinweise und Ideen in den Kommentaren oder auf meinen Social Media Kanälen.
Mit Angela Misslbeck vom Fachportal „Ärztnachrichtendienst“ habe ich kurz vor der Sommerpause Bilanz über meine bisherige Arbeit im Gesundheitsausschuss gezogen. Das Interview ist hier online zu finden, ich freue mich aber sehr, es auch hier auf der Website veröffentlichen zu dürfen:
Frau Heitmann, wie ist das erste halbe Jahr im Bundestag und vor allem im Gesundheitsausschuss für Sie gelaufen? Ich freue mich sehr, dass ich im Gesundheitsausschuss mitarbeiten kann, weil ich vorher schon im Bereich Drogen und Suchthilfe gearbeitet habe und es mir wichtig war, die Dinge, die ich da erlebt habe, in die Politik einzubringen. Gleichwohl war der Gesundheitsausschuss im ersten halben Jahr sehr gefordert durch die Pandemie und die Impfpflicht. Er ist der Ausschuss, der den Sitzungsrekord hält. Ich hoffe sehr darauf, dass es jetzt etwas ruhiger wird und wir auch andere Themen ausführlicher diskutieren können. Aber damit kein falscher Eindruck entsteht: die Arbeit macht mir insgesamt großen Spaß.
Was hat Sie denn am meisten überrascht – positiv wie negativ? Im Vergleich zu Ausschüssen im Hamburger Landesparlament sind die Abläufe im Gesundheitsausschuss und im Bundestag generell sehr formalisiert. Das hat mich vor allem im Ausschuss überrascht und gibt mir das Gefühl, dass es uns ein Stück Freiheit nimmt, in manche Themen so tief einzusteigen, wie es eigentlich nötig wäre. Da fehlt es meiner Meinung nach an Flexibilität. Aber andererseits weiß ich auch nicht, wie man die Fülle an Themen sonst bewältigen sollte. Es kann auch nicht der Weisheit letzter Schluss ein, dann permanent Sitzungen bis Mitternacht zu haben, wie es im Hamburger Landesparlament oft der Fall ist.
… und das wäre unter den gegenwärtigen Krisenbedingungen sicher oft der Fall. Das legt die Sitzungsdichte nahe. Auch überrascht hat mich, wie wenig man von den Themen der anderen Ausschussmitglieder noch mitkriegt. Ich habe einige Themen, an denen ich sehr intensiv arbeite. Dadurch kann ich mich selbst mit einigen Themen meiner Kolleg:innen, die auch in den Gesundheitsbereich fallen, gar nicht so tiefgründig beschäftigen, wie ich es gern würde. Dies gilt zum Beispiel für das Thema Sterbehilfe.
Wie macht sich denn Herr Lauterbach aus Ihrer Sicht als Gesundheitsminister? Herr Lauterbach hat ja bevor er Minister wurde in der Pandemie schon sehr oft eine laute Stimme erhoben und dadurch glaubhaft machen können, dass er als Arzt einfach viel Fachexpertise mitbringt. Man merkt auch jetzt, dass er jemand ist, der in den Themen gut drinsteckt. Gleichwohl würde ich mir manchmal ein bisschen weniger Fokussierung auf die Pandemie wünschen und mehr Fokus auf anderen gesundheitspolitischen Themen, die ebenfalls anstehen.
Da gibt es ja einige dringende Projekte. Die Finanzierung der Gesetzlichen Krankenversicherung und die Cannabislegalisierung sind ihm schon auf die Agenda gesetzt. In der Tat sind das die Sachen, bei denen er jetzt gefordert ist. Auch zur Triage muss er in Kürze ein Gesetz vorlegen. Ich finde auch, dass er die Pflicht hat, das Organspendegesetz, das in der letzten Legislatur schon beschlossen wurde, jetzt umzusetzen. Da hakt es an vielen Ecken. Die Bundesländer möchten Teile davon nicht umsetzen, weil sie es zu teuer finden. Da muss man noch einmal gut verhandeln. Und dann gibt es noch einen Punkt, der meinen Fachbereich betrifft.
Und das ist welcher? Wir haben im Koalitionsvertrag vereinbart, dass wir Sprachmittlung zu einer GKV-Leistung des Sozialgesetzbuches V machen wollen. Jetzt hat der Bundestag im Rahmen eines umfangreichen Antrages zur Ukrainehilfe beschlossen, dass dieses Vorhaben mit Dringlichkeit bearbeitet werden soll. Hier hoffe ich auch, dass aus dem Ministerium noch in diesem Jahr eine Vorlage kommt. Wir Berichterstatterinnen diskutieren unsere Vorstellungen zur Umsetzung bereits sehr intensiv.
Sie sind zuständig für gruppenspezifische Gesundheitsversorgung, Drogen und Suchtpolitik und Patient:innenrechte und zusätzlich im Umweltausschuss für den Fachbereich Verbraucherschutz. Gibt es da Überschneidungen? Gerade im Bereich der Patientenrechte gibt es oft Überschneidungen mit dem Verbraucherschutz. Die Patient:innenberatung spielt auch im Verbraucherschutz eine Rolle.
Die Patient:innenberatung soll in dieser Legislatur ja auch reformiert werden… Dazu wird auch in diesem Jahr noch ein Gesetzentwurf kommen. Die Eckpunkte werden gerade abgestimmt. Insgesamt habe ich den Eindruck, dass das Ministerium sehr viele Aufträge für die Sommerpause hat. Ich bin gespannt, was danach dem Parlament vorgelegt wird.
Kann man denn vor der Sommerpause noch mit Gesetzentwürfen rechnen? Ich hoffe, dass das GKV-Finanzstabilisierungsgesetz bis dahin vorliegt. Es wäre mein Anspruch, dass wir vor der Sommerpause noch klären, wie das Milliardendefizit der GKV bewältigt wird.
Was haben Sie selbst in diesem Jahr noch vor? Ich möchte daran mitwirken, dass wir im Bereich der Sprachmittlung noch in diesem Jahr zu einem Gesetz kommen. Im Bereich der Drogen- und Suchtpolitik will ich auch, dass eine gesetzliche Grundlage für Drugchecking in Deutschland geschaffen wird. Bei diesem Thema sind wir Berichterstatter uns einig, so dass ich denke, dass wir hier relativ schnell zu einem Ergebnis kommen und als neue Regierung zeigen können, dass wir in der Drogen- und Suchtpolitik einen Paradigmenwechsel einleiten. Für weitere Themen, an denen ich arbeite, möchte ich gern mehr Aufmerksamkeit schaffen.
Welche Themen sind das? Das sind beispielsweise seltene Erkrankungen oder Long Covid. Auch für Menschen mit ME/CFS (Myalgische Enzephalomyelitis / Chronisches Fatigue Syndrom) haben wir im Koalitionsvertrag vereinbart, die Versorgungssituation zu verbessern. Das sind alles Dinge, die nicht von heute auf morgen gehen. Aber trotzdem ist es wichtig, dass man für diese Themen eine Aufmerksamkeit schafft und Druck macht, damit kontinuierlich daran gearbeitet wird, in Forschung und Versorgung zu Fortschritten zu kommen. Persönlich habe ich mir vorgenommen, dass ich im November wieder einen Halbmarathon laufen kann. Das habe ich im April gemacht, aber nach meiner Covid-Erkrankung im Mai muss ich jetzt erst wieder Kondition aufbauen.