Gastbeitrag bei T-Online: Schärfere Regeln für TikTok

Gastbeitrag bei T-Online: Schärfere Regeln für TikTok

In den letzten Monaten ist die politische Nutzung von TikTok verstärkt in die öffentliche Debatte geraten. Für T-Online habe ich dazu in einem Gastbeitrag schärfere Regeln gefordert. Den Beitrag lest ihr hier oder auf T-Online. Das Thema wurde auch in weiteren Medien aufgegriffen: (Hasepost, Oldenburger Onlinezeitung)

Der Beitrag in voller Länge:

„Das macht mir große Sorgen“

Jugendliche kommen heute oft über TikTok zum ersten Mal mit Politik in Berührung. Das ist ein Problem. Denn die Plattform verkürzt und polarisiert. Höchste Zeit für Regeln, fordert Grünen-Politikerin Linda Heitmann im Gastbeitrag.

„Im richtigen Leben würden Sie Ihre Kinder schützen“ – mit diesem Satz wurden Eltern in einer Fernsehwerbung vor 15 Jahren auf die Gefahren von Kriminalität im Internet für Kinder und Jugendliche aufmerksam gemacht.

Und heute? Junge Menschen verbringen laut Statistik etwa 200 Minuten am Tag am Smartphone, nutzen soziale Medien, schauen lustige Videos an oder informieren sich. Längst häufen sich Berichte über die Schattenseiten – gerade auch in Bezug auf politische Bildung und Polarisierung.

Als Mutter und vor allem Demokratin macht mir dies große Sorgen. Ich bin nicht alt, aber ein politisches Kind aus dem vorigen Jahrhundert: Ich habe mich als Teenagerin in den 90ern damit auseinandergesetzt, welche Musik mir gefällt, was mir bei Freundschaften wichtig ist, wie mein individueller Kleidungsstil aussieht und eben auch, wo ich politisch stehe, wofür ich es unumgänglich finde, mich einzusetzen.

„Damals“ gab es noch keine sozialen Medien, keine Smartphones, auf dem Computer funktionierte mit Glück das Tetris-Spiel. Es gab die Schule, den Freundeskreis, das Elternhaus und das Fernsehen, die unsere Politisierung beeinflussten. Für das Fernsehen und in der Schule gelten klare Regeln, wie Parteien hier Einfluss nehmen dürfen – was ich heute sehr zu schätzen weiß!

Der Erstkontakt mit „der Politik“ findet für Kinder und Jugendliche heute oft auf TikTok statt – ohne Einordnung, ohne Quellenbeleg, aber mit viel Skandalisierung und Populismus. Denn ausgerechnet für die Medien, die Jugendliche täglich nutzen, gelten die Regeln, wie es sie in Schule oder Fernsehen gibt, bislang nicht. Und das ist ein Problem!

Ich finde: Wir als Politikerinnen und Politiker müssen speziell TikTok deshalb Regeln geben und Grenzen setzen, anstatt alle halbe Jahre auf jeder neuen Plattform einen Account mit immer stärker verkürzten Darstellungsmöglichkeiten zu eröffnen.

Regeln für TikTok – warum?

Aber warum braucht es gerade für TikTok dringend Regeln? Rund die Hälfte aller 12- bis 19-Jährigen in Deutschland geben an, auf TikTok aktiv zu sein. Laut offiziellen Nutzungsregeln kann man sich erst ab 13 Jahren ein Profil anlegen. Doch niemand kontrolliert, ob die Altersangabe korrekt ist. So tummeln sich auch Zehnjährige auf der Plattform, werden zunehmend durch die schnell geschnittenen Videos gebunden.

Auf der „For You“-Seite werden ihnen gezielt Videos von durchschnittlich 32 Sekunden Länge zugespielt, die scheinbar ihren Interessen entsprechen. Klingt harmlos? Ist es nicht! Die Plattform arbeitet von Beginn an mit Algorithmen, die Polarisierendes verstärken: Schaut eine Person einmal ein Video über die Leugnung des Klimawandels, ist die Wahrscheinlichkeit hoch, dass sie solche Videos immer wieder angezeigt bekommt.

An den Schulen gilt bis heute der Beutelsbacher Konsens. Dieser regelt, dass Schülerinnen und Schüler durch Lehrkräfte nicht einseitig parteipolitisch beeinflusst werden dürfen. Ziel von Schule ist es zudem stets, Fragestellungen aus verschiedenen Perspektiven zu beleuchten und Quellen auf Seriosität überprüfen zu lernen.

Auch für Wahlwerbung im öffentlichen Raum und im Fernsehen gelten klare Regeln: Im TV darf sie nur in bestimmten Zeiträumen ausgestrahlt werden und muss klar als Parteienwerbung gekennzeichnet sein.

Auf TikTok werden parteipolitische Inhalte abseits von gezielter Werbung verbreitet, insbesondere emotionalisierende. Vor den Algorithmen und ihren Gefahren warnen Forschende bereits länger: Wir alle und gerade auch junge Menschen sind beeinflussbar. Und wie soll eine Doppelstunde Politikunterricht pro Woche die Effekte mehrstündiger Dauerberieselung mit reißerischen Videos ausgleichen?

Politikerinnen und Politiker brauchen Zeit, um ihre Positionen auch mal ausführlicher zu begründen, wenn sie komplexer werden. Doch diese gibt es im Internet heute bei vielen parteipolitischen Inhalten nicht mehr. Mit simplen und häufig falschen Fakten werden in Videos oder auf 280 Zeichen einfachste Zusammenhänge konstruiert und als Lösungsvorschläge für komplexe Probleme dargestellt.

Regulierung – nur wie?

Doch wie genau könnte das Regulieren im Netz funktionieren? Oft habe ich das Gefühl, im Netz befinden wir uns im Dauerwahlkampf! Das ist ein Problem, weil es mittlerweile auch damit einhergeht, dass das Aushandeln von politischen Kompromissen in Koalitionen stets medial zum riesigen Streit stilisiert wird. Das befördert Politikverdrossenheit, statt den demokratischen Wert von Kompromissfindung zu betonen.

Erfreulicherweise sind mit zwei neuen EU-Gesetzen kürzlich Regeln für große Online-Plattformen bezüglich Accounts von Parteien und Abgeordneten beschlossen worden. Doch diese gelten insbesondere für bezahlte politische Werbung, wie TikTok sie gar nicht ausspielt. Welche Regeln gelten hier also jenseits von kommerziellen Anzeigen?

Da die parteipolitischen Inhalte auf TikTok häufig von Accounts politischer Akteure kommen, braucht es auch für diese klare Identifikationsregeln – bis hin zur Kommunalpolitik. Und ein konsequentes Löschen von Accounts, die die Regeln nicht einhalten.

Mehr als die Hälfte der jungen Menschen nutzt die Plattform, um sich über politische und gesellschaftliche Themen zu informieren. Klare Regeln für das Einblenden von Inhalten und Accounts für Altersgruppen wären eine gute Möglichkeit. Wir haben als Politik den Jugendschutz zum Auftrag. Deshalb lasst uns dort anfangen: Strenge Altersverifikation bei der TikTok-Registrierung und das konsequente Ausblenden parteipolitischer Inhalte für Menschen unter 16 Jahren erscheinen mir sinnvoll und klar.

Nur gemeinsam sind wir durchsetzungsstark

Europaweit gilt: Bei allen Regeln, die wir setzen und durchsetzen wollen, müssen wir an einem Strang ziehen. Denn nur als Union sind wir auch durchsetzungsstark gegenüber großen Plattformen wie TikTok, die oft erst dann reagieren, wenn eine Klage mit teuren Strafzahlungen droht.

Ferda Ataman, die Unabhängige Bundesbeauftragte für Antidiskriminierung, brachte den derzeitigen Status quo kürzlich jedoch auf den Punkt: „Solange Plattformen sich nicht an simpelste Regeln halten, um junge Menschen zu schützen, sind sie keine Plattform für den Staat.“

Tatsächlich gerate ich als Abgeordnete, die ehrlich und ausgewogen über ihre politische Arbeit informieren will, in den Konflikt. Solange es nicht mal durchsetzbare klare Regeln gibt, werde ich TikTok nicht nutzen.

Cannabis: Neue Regeln zu Anbau und Straßenverkehr

Cannabis: Neue Regeln zu Anbau und Straßenverkehr

Cannabis: Neue Regeln zu Anbau und Straßenverkehr

Mit der Entkriminalisierung des Cannabis-Anbaus für den Eigenbedarf am 01. April 2024 haben wir in Deutschland einen wichtigen Schritt hin zu einer liberaleren Drogen- und Suchtpolitik getan.


Im Gesetzgebungsverfahren gab es dabei im Bundesrat bei diesem Gesetz keine Mehrheit für eine Überweisung in den Vermittlungsausschuss. Dafür hat die Bundesregierung den Ländern im Rahmen einer Protokollnotiz bestimmte Konkretisierungen des Gesetzes zugesagt. Zudem war das Verkehrsministerium im Gesetz selbst aufgefordert, den THC-Grenzwert im Straßenverkehr gesetzlich neu zu regeln. 

Darum bringen wir als Ampel am Donnerstag zwei Gesetzesentwürfe in den Bundestag ein, die zum 01. Juli 2024 in Kraft treten sollen.

Der erste Gesetzesentwurf betrifft den THC-Grenzwert im Straßenverkehr. Mit der Entkriminalisierung des Konsums braucht es auch eine Regel, ab welchem Zeitpunkt man nach dem Konsum wieder als fahrtüchtig gilt und ein Auto fahren darf. Beim Alkohol gilt der 0,5-Promille-Grenzwert. Bei Cannabis ist die Festlegung tatsächlich etwas schwieriger, da die berauschende Wirkung individuell unterschiedlicher ist, als bei Alkohol.

Zur Bestimmung der Fahrtüchtigkeit wird die Konzentration des Cannabis-Wirkstoffs THC im Blutserum gemessen. Der bislang in der Rechtsprechung geltende Grenzwert von einem Nanogramm (ng) pro Milliliter (ml) galt nach Ansicht vieler Expert*innen als deutlich zu niedrig, weil er auch mehrere Tage nach dem Konsum noch nachgewiesen werden kann, wenn die Rauschwirkung lange nicht mehr besteht. Auch bei höheren THC-Werten ist somit nach Einschätzung einer Expertenkommission kein erhöhtes Unfallrisiko mehr vorhanden.

Für uns als Gesetzgeber ist das eine schwierige Situation: Selbstverständlich muss die Sicherheit im Straßenverkehr gewährleistet sein und es muss sichergestellt sein, dass niemand berauscht fährt. Gleichzeitig müssen Regeln auch angemessen sein. Der Gesetzentwurf sieht deshalb nun auf Grundlage der Kommissions-Empfehlung vor, den Grenzwert auf 3,5 ng/ml festzusetzen. Gleichzeitig gilt jedoch: Der Mischkonsum mit Alkohol ist verboten, hier wird die Fahrtüchtigkeit nämlich enorm eingeschränkt. Für Fahranfänger und junge Menschen unter 21 gilt zudem weiterhin ein niedrigerer Grenzwert.

Der zweite Gesetzentwurf betrifft vor allem die Anbauvereinigungen, also die „Cannabis Clubs“. Die Regelung stellt klar, dass sie  nicht-kommerzielle Anbauvereinigungen sind, indem in bestimmten Bereichen die Auflagen für die Clubs konkretisiert werden. So dürfen sich Anbauvereinigungen nicht anliegend an angrenzen Anbauflächen ansiedeln. Auch wird die aktive Mitarbeit der Mitglieder in den Anbauvereinigungen betont.

Neues aus der Europäischen Verbraucherpolitik

Vor wenigen Wochen fand in Brüssel ein informelles Treffen der europäischen Verbraucherschutzminister*innen statt, über dessen Ergebnisse wir dann in der letzten Sitzung im Ausschuss für Umwelt und Verbraucherschutz diskutiert haben. Besonders im Hinblick auf die nächste EU-Verbraucheragenda war es ein sehr wichtiges Treffen.  

Für das Umweltministerium berichtete unser parlamentarischer Staatssekretär Jan-Niclas Gesenhues über die beiden Schwerpunkte des Treffens: Grenzüberschreitende Durchsetzung von Verbraucherinteressen im europäischen Binnenmarkt und Herausforderungen der Digitalisierung im Verbraucherschutz.

Ich habe mich in meinen Fragen besonders auf die angekündigten Schwerpunkte der Verbraucheragenda fokussiert. Gemeinsam mit Tabea Rößner hatte ich ja im März ein Thesenpapier dazu veröffentlicht und es freut mich, dass sich einige der Ideen sich auch in der europäischen Diskussion finden. So setzt sich die Bundesregierung für klare Regeln für das Influencer-Marketing ein. Ein wichtiges Thema – auch aus Sicht der Suchtprävention. Denn klare Regeln und Grenzen für Werbung spielen eine wichtige Rolle für wirksame Prävention bei Alkohol, aber z.B. auch Glücksspiel. In den letzten Jahren sind Influencer relevante Werbeträger geworden – doch besonders jene, die viele junge Follower haben, werden dieser Verantwortung oft nicht gerecht, machen z.B. Werbung für Tabakprodukte oder unseriöse Finanzdienstleistungen.

Darum ist es sehr erfreulich, dass die Verbraucherschutzminister*innen nun über gemeinsame europäische Regeln für Influencer Marketing diskutieren. Aber auch die Bekämpfung von suchtfördernden App-Designs und Dark Patterns (z.B. erschwerter Logout) im digitalen Raum zeigen, dass hier Verbraucherschutz und Suchtprävention sinnvoll zusammengedacht werden muss.

Weitere diskutierte Schwerpunkte der Verbraucheragenda waren und sind die Bekämpfung von Diskriminierung im digitalen Raum (z.B. durch Algorithmen und Künstliche Intelligenz). Ebenso wird die grenzüberschreitende Rechtsdurchsetzung von Verbraucherrechten in der nächsten Legislatur des EU-Parlamentes wohl eine größere Rolle spielen: Dafür gibt es auf europäischer Ebene das CPCN (Consumer Protection Cooperation Network).

Last but not least soll die Verbraucheragenda auch die Herausforderungen der nachhaltigen Transformation einbeziehen, um Verbraucher*innen die Auswahl von nachhaltigen Produkten zu erleichtern.

PM: Gesetzesnovelle für umweltgerechtere Entsorgung von Elektrogeräten, E-Zigaretten und Batterien

Heute hat das Bundesumwelt- und Verbraucherschutzministerium die Novelle des Elektro- und Elektronikgerätegesetzes für die Länder- und Verbändeanhörung veröffentlicht. Dazu erklären Linda Heitmann, Sprecherin für Umwelt und Verbraucherschutz der Grünen im Bundestag sowie Mitglied im Gesundheitsausschuss und Jürgen Kretz, Obmann im Umweltausschuss und Berichterstatter für Kreislaufwirtschaft der Grünen Bundestagsfraktion:

Jürgen Kretz MdB:

„Ich begrüße den Vorschlag des Bundesumweltministeriums für neue Regelungen zur Entsorgung von Elektrogeräten, E-Zigaretten und Batterien sehr. Damit machen wir uns in Deutschland weiter auf den Weg, bestimmte Elektrogeräte und gefährliche Lithium-Ionen-Batterien noch umweltgerechter und sicherer zu entsorgen sowie der Kreislaufwirtschaft wieder zuzuführen.

Mit der Novelle wird einerseits das Rücknahmesystem von Tablets, Smartphones oder Einweg-E-Zigaretten vereinfacht. Ich erhoffe mir, dass mit diesen neuen Regelungen große Mengen an Rohstoffen, die aktuell in den nicht mehr genutzten Elektrogeräten schlummern, fachgerecht entsorgt und hochwertig recycelt werden. Andererseits sollen Brandrisiken bei der Sammlung von Elektrogeräten minimiert werden, was die Entsorgung von Lithium-Ionen-Batterien sicherer werden lässt.“

Linda Heitmann MdB:

„Damit legt das BMUV eine sehr wichtige Initiative vor. Einweg Elektrogeräte und Einweg-E-Zigaretten sind immer präsenter im Handel. Gleichzeitig haben es Verbraucher*innen immer noch zu schwer, die ausgedienten Produkte richtig zu entsorgen. Der Gesetzentwurf sieht nun unter anderem vor, Einweg-E-Zigaretten überall dort, wo sie gekauft werden auch zurückgeben zu können.

Als Gesundheitspolitikerin habe ich auch die Hoffnung, dass strengere Rücknahmeregelungen für manche Händler*innen den Ausschlag geben, ganz auf das Angebot von Einweg-E-Zigaretten zu verzichten. Rauchen ist in Deutschland erst ab 18 Jahren erlaubt. Trotzdem fallen Einweg-E-Zigaretten häufig in die Hände von Jugendlichen, da Jugendschutzauflagen an manchen Verkaufsstellen nicht ausreichend erfolgen und Jugendliche besonders auf die knalligen oder coolen Verpackungen von Einweg-E-Zigaretten anspringen. In der Vergangenheit hatte ich daher schon mehrfach angeregt, auf Einweg-e-Zigaretten Pfand zu erheben. Wir werden diese Option im Rahmen des parlamentarischen Verfahrens für diesen Gesetzentwurf konkret prüfen lassen.“

Heute für Morgen – das war unsere Umweltkonferenz

Heute für Morgen – das war unsere Umweltkonferenz

Über 500 Gäste konnte ich am vergangenen Freitag – real wie digital – stellvertretend für die gesamte grüne Bundestagsfraktion auf unserer Umweltkonferenz begrüßen. Viele ehrenamtliche Umweltschützer*innen, Expert*innen aus Fachverbänden, Wissenschaftler*innen sowie Kolleg*innen aus anderen Fraktionen wollten ins Gespräch kommen – auf dem Podium, in Workshops wie auch am Rande der Veranstaltung. Darunter auch Michael Succow, Urgestein im Naturschutz und Träger des Alternativen Nobelpreises. Uns alle besorgt die kritische Situation der natürlichen Lebensräume und unserer Umweltgüter bei gleichzeitig nachlassender Aufmerksamkeit und Wertschätzung.

Bereits zu Anfang stellte unsere Umweltministerin Steffi Lemke in einem Impulsvortrag klar, dass ein Schutz der Natur eigentlich längst nicht mehr reicht; wir müssen einen weiteren Schwerpunkt auf die Wiederherstellung legen. Dafür brauchen wir den politischen Rahmen wie auch eine breite Zivilgesellschaft, die sich unüberhörbar zu Wort meldet, wie auch vor Ort mit anpackt.

Eine starke Orientierung für eine kluge zukunftsfähige Politik kann die Wissenschaft sein. Die vielfältige Forschungslandschaft im Bereich Umwelt und Natur liefert fundierte Grundlagen, wie der Impulsvortrag von Frau Prof. Böhning-Gaese wie auch viele Inputs in den Workshop bewiesen. Die Wissenschaftlerin erläuterte das Anthropozän als Zeitalter der großen Beschleunigung, seit Jahrzehnten auch des beschleunigten Artenrückgangs. Aber diese Entwicklung kann durchaus gedreht werden – zu einem „guten Anthropozän“.

In der ersten Podiumsrunde habe ich mit verschiedenen Vertreter*innen aus  Umweltorganisationen und Klimabewegung über das gesellschaftliche Mobilisierungspotenzial für Umweltpolitik diskutiert. Dabei wurde deutlich: Es gibt nach wie vor breiten Konsens für Umwelt- und Naturschutz, es muss uns allerdings wieder gelingen, diesen zu aktivieren. Enttäuschungen und Rückschritte im Umwelt- und Naturschutz sollten Ansporn für mehr Aktivitäten sein.  Wir müssen gemeinsam wieder in die Offensive kommen.

Deutlich wurde in der gesamten Veranstaltung, dass eine starke Demokratie Voraussetzung für guten Umwelt- und Naturschutz ist, denn nur in einem demokratischen Rahmen sind Transparenz, bürgerschaftliche Transparenz und Partizipation möglich. Herausgearbeitet wurde auch, dass es durchaus beachtliche Meilensteine für den Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen gibt. Diese Erfolge sollten stärker ins öffentliche Licht gestellt werden. Und davon gibt es einige: neben internationalen Vereinbarungen zum Natur- und Meeresschutz zählen dazu auch eine Reihe nationaler Schritte, beispielsweise das erste deutsche Klimaanpassungsgesetz und die Nationale Wasserstrategie, die erstmalig sämtliche Wassernutzungen und Zuständige gleichermaßen betrachtet. Wegweisend ist das Aktionsprogramm Natürlicher Klimaschutz, das Kommunen, Land- und Forstwirtschaft sowie Naturschutzorganisationen einbindet und bereits erste Projekte vor Ort auf den Weg gebracht hat.

Einen besonderen Raum erhielt auf der Konferenz die Diskussion um die grüne Infrastruktur – also Wälder, Moore, Hecken und viele andere Biotope, die wiederhergestellt, geschützt und besser vernetzt werden müssen. Dafür brauchen wir nicht nur Initiativen, verfügbare Flächen und Finanzierung, sondern auch einen praxisnahen Rahmen für Planungen. Diskutiert wurden in diesem Zusammenhang beispielsweise das Vorkaufsrecht für Flächen für Naturschutz und Planungsbeschleunigung ohne Einbußen bei Umweltstandards.

Besonders gefreut hat mich auch die rege Diskussion in meinem Workshop zum Thema Greenwashing. Mit der Umwelthilfe und dem Verein Flip waren zwei Expert*innen vertreten, die in der Vergangenheit wichtige Arbeit zur Aufklärung über Umweltlügen betrieben haben. In der Diskussion wurde dabei deutlich: Wir brauchen mehr Transparenz über die tatsächliche Wirkung von Nachhaltigkeitsversprechen. Gleichzeitig liegt es an der Politik, klare Label zu schaffen, damit besonders kleine und mittelständische Unternehmen in die Lage versetzt werden, transparent und ehrlich über ihre Nachhaltigkeitsaktivitäten zu informieren.

Noch lange nach den Workshops und dem abschließenden Panel diskutierten Teilnehmer*innen Fachfragen, tauschten Informationen und Erreichbarkeiten aus und verabredeten nächste Termine. Eine Konferenz heute für morgen.   

Nikotin- und Alkoholprävention mit neuem Präventionsgesetz endlich auf den Weg bringen

Nikotin- und Alkoholprävention mit neuem Präventionsgesetz endlich auf den Weg bringen

Anlässlich der Mitmachaktion „Rauchfrei im Mai“, die am 1.5. startet, sagen Linda Heitmann, Berichterstatterin für Drogen- und Suchtpolitik der Grünen im Bundestag und Dirk Heidenblut, Berichterstatter für Drogen- und Suchtpolitik der SPD im Gesundheitsausschuss im Bundestag:

Den Aufruf zum gemeinsamen rauchfreien Mai begrüßen wir sehr. Er kann dazu beitragen, öffentliches Bewusstsein für die gesundheitsschädlichen Folgen des Rauchens und Dampfens zu schaffen. Neben jeder und jedem ist hier allerdings vor allem die Politik gefragt, in der Drogen- und Suchtpolitik die Verabredungen im Koalitionsvertrag in dieser Legislatur wirklich umzusetzen.

Mit Blick auf wirksame Verhältnisprävention bei Nikotin, Tabak und Alkohol stehen wesentliche Schritte noch aus, die wir nun konkret angehen müssen. Wir setzen hier insbesondere auf die geplante Novellierung des Präventionsgesetzes. Dabei sprechen wir uns dafür aus, konkrete Regelungen zum Schutz von Kindern und Jugendlichen einzuführen:

Es braucht endlich konsequente Jugendschutzregelungen für Suchtmittelwerbung. Dazu zählen etwa Regeln, um TV-, Radio- und Social Media Werbung für Alkoholika auf die Nachtstunden zu reduzieren. Auch sollten wir den aus der Zeit gefallenen Paragrafen zum sogenannten begleiteten Trinken aus dem Jugendschutzgesetz streichen. Denn wenn 14-jährige Alkohol konsumieren, wirkt sich das schädigend aus – egal ob in Anwesenheit ihrer Eltern oder allein.

Bei E-Zigaretten sollten wir der Marktverbannung von Aromen für Tabakerhitzer im letzten Jahr folgen. Da vom süßlichen Geschmack blumig klingender Aromen wie „Vanilla Sky“ auch für E-Zigaretten und sogenannte Vapes besonders jugendliche Nichtraucher*innen angezogen werden.

All diese Maßnahmen wirken präventiv und kosten den öffentlichen Haushalt kein Geld. Im Koalitionsvertrag haben wir uns das Ziel gesetzt, mittels strengerer Werberegulierung für Tabak und E-Zigaretten aber auch für Alkohol und Glücksspiel den Jugendschutz zu stärken. Dazu braucht es jetzt die Präventionsgesetznovelle zur Förderung der öffentlichen Gesundheit und als weiterer glaubwürdiger Bestandteil einer progressiven Gesundheits- und Drogenpolitik, wie sie die Ampel bereits bei der Cannabisteillegalisierung und Drug-Checking bewiesen hat.