In der Debatte um die Lage rund um den Hamburger Hauptbahnhof hat die Hamburger Innenbehörde heute angekündigt, an Plätzen um den Hauptbahnhof eine Alkoholverbotszone einrichten zu wollen. Dazu erklärt Linda Heitmann, Altonaer Bundestagsabgeordnete und drogen- und suchtpolitische Berichterstatterin der grünen Bundestagsfraktion:
„Die Lage rund um den Hauptbahnhof ist für das Sicherheitsempfinden der sich dort aufhaltenden und vorbeikommenden Menschen ohne Zweifel sehr prekär. Eine Alkoholverbotszone kann hier aus meiner Sicht aber höchstens dann Entspannung schaffen, wenn sie mit niedrigschwelligen Aufenthaltsangeboten für suchtkranke Menschen verknüpft wird. Ich plädiere daher sehr dafür, dass bahnhofsnahe Räume für einen so genannten ‚Trinkraum‘ gefunden werden, in dem auch die Ansprache durch Sozialarbeiter*innen erfolgen kann. Denn wenn man kein Aufenthalts- und Hilfeangebot schafft, verdrängt man suchtkranke Menschen statt an nachhaltigen Lösungen zu arbeiten. Probleme werden dadurch höchstens verlagert. Auch die Stadt Karlsruhe hat bereits deshalb die Einführung einer öffentlichen Alkoholverbotszone mit der Einrichtung eines solchen Raumes verknüpft.“
Am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf habe ich mich gemeinsam mit meiner Kollegin Katrin Göring-Eckardt zu einem dort laufenden Forschungsprojekt zu Long-COVID informiert. Katrin hat bereits an verschiedensten Orten Deutschlands Forschungsprojekte zum Thema besucht und nun auch in Hamburg. Am UKE wird eine Gruppe von 150 Betroffenen über drei Jahre begleitet und beobachtet, teilweise schon seit Pandemiebeginn. Sowohl Menschen, die schwer erkrankt waren, als auch solche mit etwas leichterem Corona-Verlauf sind Teil der Studie.
Ich nehme aus dem Gespräch mit, dass bei einem großen Anteil der Personen, die Long-COVID erkrankt sind, im Zeitverlauf von drei Jahren Verbesserungen erkennbar sind – insbesondere auch dann, wenn der ursprüngliche Krankheitsverlauf nicht ganz schwer war und sie in die richtigen Reha-Maßnahmen vermittelt werden konnten. Das macht mir Mut!
Auch scheinen bei Long-COVID sowohl die Impfung als auch die verschiedenen Virusvarianten, mit denen sich infiziert wurde, Unterschiede zu machen.
Unser Gespräch hat auch noch einmal bestätigt, wie wichtig eine gute Versorgungsstruktur für Betroffene ist. Es muss überall Anlaufstelen geben, die auf die besonderen Bedürfnisse von Menschen mit Long-COVID und auch ME/CFS als schwerste Form von Long-COVID eingehen können.
Deutschlandweit sind schätzungsweise1 Millionen Personen an Long-COVID erkrankt (2% von ca. 50 Mio. Infizierten insgesamt). Atemnot, starke Erschöpfung, Kopf- und Gliederschmerzen, Herzrasen, Konzentrationsstörungen und Schwindel werden dabei häufig als Beschwerden genannt. Generell versteht man unter Long- oder auch Post-COVID das Phänomen, wenn Betroffene mehr als drei Monate nach einer Infektion noch erkennbar unter gesundheitlichen Beschwerden leiden. Auch kann Long-COVID bei einem schweren Verlauf in ME/CFS (chronisches Erschöpfungssyndrom) übergehen – eine Krankheit, die schon seit 1969 anerkannt ist und auch durch die Infektion mit anderen Viren als COVID19 ausgelöst werden kann. Das kann als die schwerste Form von Long-COVID angesehen werden.
Im Bundestag wird Long-COVID wahr- und ernstgenommen. Forschungslage und Versorgung der Betroffenen sollen weiter verbessert werden, so sieht es der Koalitionsvertrag der Ampelkoalition vor. So sind im kommenden Haushalt des Gesundheitsministeriums zunächst rund 40 Millionen Euro für die Versorgungsforschung der Krankheit vorgesehen und auch in den Haushalten 2022 und 2023 wurden mehr als 20 Millionen vom Bundesbildungsministerium für Medikamenten- und Therapieforschung bereitgestellt. Katrin Göring-Eckardt und ich setzen uns in der Arbeit auf Bundesebene intensiv mit der Thematik auseinander und machen uns weiterhin für eine gute Versorgung aller Betroffenen sowie Forschung an Medikamenten und Therapien stark.
„Mööd, flau, slapp: So geiht dat en Barg Minschen, na dat se sik mit Corona ansteken hebbt. Dat Uni-Krankenhuus Eppendörp forscht to „Long Covid“ in en Ünnersöken över en lange Tiet. Dor hebbt sik güstern welk vun de Grönen ut Berlin to klook maakt. De gröne Afornte in’n Bunnsdag för Altno, Linda Heitmann, föddert mehr Anloopsteden för Minschen, de doran lieden doot. Man dat gifft gode Utsichten för jüm: De Ünnersöken in’t UKE wiest, dat de mehrsten Patschenten sik dor wedder vun verhaalt.“
Am heutigen 21. Juli findet jährlich der Tag zum Gedenken verstorbener Drogengebraucher*innen statt und in diesem Jahr bin ich dafür bundesweit Schirmherrin.
Dabei wird stets all jener Menschen gedacht, die im vergangenen Jahr als sogenannte „Drogentote“ in die Statistik eingegangen sind. In Deutschland waren dies in 2022 insgesamt 1990 Menschen. Und hinter dieser erschreckend hohen Zahl verbergen sich 1990 einzelne Lebensläufe und Schicksale.
In Hamburg wird der Gedenktag schon seit vielen Jahren mit Mahnwachen von den Drogenhilfeträgern ragazza e.V. und freiraum e.V. begangen. Hier werden jährlich Kerzen oder kleine Fahnen mit Namen, Fotos und Infos zu den Verstorbenen aufgestellt. Ich finde das eine schöne Geste, um den Betroffenen ein Gesicht zu geben.
Wie ich heute auch in meiner Rede auf der ragazza-Mahnwache nahe des Hamburger Hauptbahnhofes deutlich machen konnte, ist es gut und wichtig, diesen Gedenktag zu begehen, um ebenjenen ein Gesicht zu geben, die sonst so häufig viel zu sehr am Rande unserer Gesellschaft stehen und vergessen werden. Gleichzeitig würde ich mir eigentlich aber wünschen, dass es den Tag nicht bräuchte, weil keine Menschen direkt in Folge des Konsums illegalisierter Drogen mehr sterben.
Allerdings ist auch mir klar: vermutlich wird das leider noch lange ein Wunsch bleiben. Als Politik önnen und müssen wir aber dafür sorgen, dass es künftig weniger Drogentote gibt: mit mehr niedrigschwelligen Hilfen, Maßnahmen zum Drugchecking oder z.B. mehr Schulungen im Umgang mit dem Notfallmedikament Naloxon.
Ich bleibe dran! Und auch wenn der nächste Gedenktag erst im Juli 2014 stattfindet, denke ich an die Verstorben immer wieder und mache Politik auch für sie.
Endlich ist es uns gelungen, einen zentralen drogenpolitischen Punkt aus dem Koalitionsvertrag umzusetzen: Drugchecking ist nach dem Betäubungsmittelgesetz nun möglich!
Kurz vor der Sommerpause ist dies ein wichtiger gesundheitspolitischer und für mich persönlich großer Erfolg für eine progressive neue Drogenpolitik. Seit Jahren setze ich mich für eine flächendeckende Einführung von Drugchecking-Angeboten ein. Denn wir sehen leider immer wieder, dass Menschen aufgrund von unkalkulierbaren Inhaltsstoffen, speziell in synthetischen Drogen, durch ihren Konsum versterben oder mit starken Schädigungen und Nebenwirkungen kämpfen.
Partydrogen wie MDMA, zum Teil Kokain und Speed sind gerade auch für junge Leute reizvoll und sehr leicht verfügbar. Leider werden die Risiken meist unterschätzt. Denn Verunreinigungen oder ein enorm hoher Wirkstoffgehalt sind lebensgefährlich und lassen sich nicht augenscheinlich erkennen. Auf dem illegalen Markt gibt es weder Gesundheits- noch Verbraucher*innen-Schutz.
Deswegen ist es richtig, dass wir im Bund jetzt endlich die gesetzliche Grundlage geschaffen haben, um Drugchecking zu ermöglichen. So können sich Konsumierende darüber informieren, was zum Beispiel in ihrer Ecstasy-Pille steckt. Ihnen werden Angebote zur Konsumreflexion und Beratung zur Schadensminderung gemacht. Untersuchungen zeigen, dass dies User*innen immer wieder auch vom Konsum abhält oder zu weniger Konsum führt. Außerdem ist es durch die Substanzanalysen der eingereichten Proben möglich, Konsumtrends und Gefahren immerhin ansatzweise zu erkennen und früher vor lebensgefährlichen Stoffen, die aktuell irgendwo im Umlauf sind, zu warnen.
Was im Gesetz steht
Wir haben nun eine bundesweit rechtssichere Ermächtigung der Länder für Drugchecking-Modelle geschaffen. Dazu ändern wir das Betäubungsmittelgesetz und ergänzen einen neuen Paragraphen 10b BtMG (siehe Bild). Die Landesregierungen sind nun dazu veranlasst, Vorgaben für die Erteilung einer Erlaubnis für Drugchecking zu erlassen. Denn vielerorts stehen Träger bereits in den Startlöchern, um Drogenchecks mit Beratungsangeboten ins Leben zu rufen. Teile des bisherigen Paragraphen 10a BtMG werden gestrichen.
Wir erlauben Drugchecking in Drogenkonsumräumen, was bislang ausgeschlossen war. Hierdurch passen wir das Gesetz an die bereits gelebte Safer-use-Praxis in Konsumräumen an und schaffen Klarheit zur Stärkung der Handlungskompetenz der Fachkräfte in den Suchhilfeeinrichtungen. Das Fachpersonal darf den Konsumierenden dort künftig individuell Rückmeldung zu den eingereichten Proben geben.
Wichtig ist mir auch die Einführung des neuen Paragraphen 31a. Hier wird festgeschrieben, dass im direkten Umkreis von Drugchecking-Projekten keine Strafverfolgung auf Grund von Drogenbesitz stattfinden darf.
Die Ziele der Einführung von Drugchecking – eine verbesserte gesundheitliche Aufklärung und Schutz – werden in den Ländern wissenschaftlich begleitet und die Ergebnisse dieser Evaluierungen im Bund zusammengeführt. Auch dies ist ein wichtiger Beitrag zu einer evidenzbasierten Drogenpolitik, für die ich mich stark mache.
Was nun wichtig ist
Die Landesregierungen müssen nun ins Handeln kommen! Gerade der Einfluss synthetischer Drogen, wie Crystal Meth und andere Amphetamine, auf das Konsumverhalten in den Grenzregionen in Deutschland ist ein Auftrag an die jeweiligen Landesgesundheitsbehörden, Drugchecking einzuführen. Denn es gilt: Erst wenn es bundesweit genug Drugchecking-Angebote gibt, werden wir strukturell eine Verbesserung des Gesundheitsschutzes spürbar machen können.
Zur Beteiligung der Länder habe ich mich auch in der parlamentarischen Debatte eingebracht und meinen Kollegen Dirk Heidenblut befragt.
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Der Bundesverband für akzeptierende Drogenarbeit und humane Drogenpolitik akzept e.V. hat zur Verabschiedung des Gesetzes eine Pressemitteilung veröffentlicht: PM
Gemeinsam mit dem Bundesdrogenbauftragten Burkhard Blienert habe ich gestern in meinem Wahlkreis Altona den mobilen Spritzentausch sowie die niedrigschwellige Suchthilfeeinrichtung „Stay alive“ mit Drogenkonsumraum besucht.
Beides wird von dem Verein Jugendhilfe e.V. als Träger betrieben. Leiterin Christine Tügel berichtete uns engagiert von ihrer Arbeit, von aktuellen Entwicklungen und auch von Problemen.
Eines davon ist leider eindeutig, dass Einrichtungen der Suchtkrankenhilfe vor Ort häufig mit Akzeptanzproblemen zu kämpfen haben, weil es starke Vorurteile und Stigmata gegenüber den Klient*innen gibt. In der Einrichtung in Altona ist die Betriebsgenehmigung deshalb an eine Höchstzahl von Betreuungen pro Tag geknüpft, so dass immer wieder auch Menschen abgewiesen werden müssen. Der mobile Spritzentausch einige hundert Meter entfernt bietet deshalb auch in Randzeiten die Möglichkeit, saubere Konsum-Utensilien zu erhalten und gebrauchte abzugeben.
Es ist wichtig, dass solche Angebote überall dort bestehen und für Suchtkranke schnell erreichbar sind, wo sich die „Szenen“ auch aufhalten. Nur so können Gesundheitsrisiken minimiert und zudem Gesprächsangebote zu Therapiemöglichkeiten gemacht werden.
Dass Klient*innen rund um niedrigschwellige Einrichtungen immer mehr öffentlich sichtbar wahrgenommen werden, liegt nach Erläuterung von Christine Tügel auch daran, dass die Obdachlosigkeit stark zunimmt. Den Menschen fehlen somit private Rückzugsräume — daher braucht es gerade für obdachlose Drogengebraucher*innen auch mehr Unterbringungsangebote.
Der NDR mit Radio und Hamburg Journal haben das Thema der niedrigschwelligen Suchtkrankenhilfe in Hamburg gestern aufgegriffen und Burkhard Blienert, Christine Tügel und mich dazu interviewt.