Wie sich Hochwasserschutz in Hamburg ökologisch verträglich verbessern lässt

Wie sich Hochwasserschutz in Hamburg ökologisch verträglich verbessern lässt

Die fehlerhafte Hochwasserwarnung mit lauten Sirenen am Sonntag, dem 5. Oktober, sollte als Beweis für alle Hamburger*innen dienen, wie wichtig korrekter Sturmflut- und Extremwetterschutz ist. Sie hat viele Menschen zwar in diesem Fall unnötigerweise aufgeschreckt, zeigt jedoch, dass die Warnsysteme im Notfall funktionieren. Dennoch braucht es mehr als funktionelle Warnsysteme – die Rolle der korrekten Prävention von Sturmfluten wird mit der Entwicklung der Klimakrise immer wichtiger. 

Entlang der deutschen Nord- und Ostseeküste liegen etwa 12.000 Quadratkilometer Küstenniederungen mit rund 2,5 Millionen Einwohner*innen. Für diese Menschen stellt die Klimakrise ein greifbares Problem dar, denn laut des sechsten Sachstandsberichts des Weltklimarates ist ein Anstieg des Meeresspiegels von 77 cm bis zum Jahr 2100 vorhergesagt. Das bedeutet vermehrte und extremere Sturmflutzustände für deutsche Küstengebiete, die jetzt unsere Aufmerksamkeit benötigen. 

Der Bund investiert durchaus kontinuierlich in Hochwasserschutz, dennoch scheitern die konventionellen Lösungsansätze, dem veränderten Wasserhaushalt alleine mit der Fortführung konventioneller Methoden standzuhalten. Sie fokussieren sich auf Deicherhöhung und -verbreiterung sowie technische Schadensminderung und haben mit finanziellen und technischen Hürden zu kämpfen – es fehlen Baustoffe sowie Fläche. Außerdem sind die herkömmlichen Methoden ökologisch einfach nicht nachhaltig. Das muss doch besser gehen! 

Klar ist: Naturbasierter Hochwasserschutz bietet eine gute Möglichkeit, konventionelle Lösungen zu entlasten. Die nationale Wasserstrategie des Bundesministeriums für Umwelt, Klimaschutz, Naturschutz und nukleare Sicherheit setzt darauf, Wasser mithilfe natürlicher Mittel bestmöglich zu speichern und Flächen zu schaffen, auf denen sich das Wasser ausbreiten und langsam versickern kann. Meiner Einschätzung nach ein wichtiger Schritt in die richtige Richtung. Jetzt heißt es für die Bundesländer, ihre Kommunen dabei zu unterstützen, fit für Extremereignisse zu sein. Dazu gehört nachhaltiger Hochwasserschutz wie Deichrückverlegung, die dem Wasser wieder mehr Raum geben, auf dem es sich ausbreiten kann. Durch die Aufweitung kann der Deich im Hinterland in der Regel niedriger ausfallen. Auch die Renaturierung von Auen, Flüssen und ungesteuerten Poldern ist ein sinnvoller Schritt, um die natürliche Wasserresilienz des Landes wiederherzustellen. Ich bin auch der Überzeugung, dass Drainagen, Wasserentnahmen, Gewässerausbau und Bodenverdichtung eingedämmt werden müssen, um den natürlichen Wasserhaushalt nachzubilden. Insgesamt liefert Naturbasierter Hochwasserschutz durch die naturnahen Flächen und Prozesse einen wertvollen Lebensraum für zahlreiche Pflanzen und Tiere. Somit entstehen Synergieeffekte zwischen Klima-, Arten- und Hochwasserschutz. 

Für Hamburg und auch andere Städte, die an Gewässern liegen, gilt es jetzt, das Schwammstadtprinzip konsequenter umzusetzen. Dabei handelt es sich um die Fähigkeit einer Stadt Wasser aufzunehmen, „wie ein Schwamm“ zu speichern und schließlich über natürliche Wege wie Verdunstung und Versickerung wieder freizusetzen. Hierbei spielt die Entsiegelung des urbanen Raumes eine zentrale Rolle – durch das Schaffen von Grünflächen oder auch Gründächern wird die Klimaresilienz rundum verbessert. Es wird nicht nur die Speicherfähigkeit des Bodens aufgewertet, sondern auch der Hitzeinsel-Effekt wird stark gemindert. Ein naturnahes Vorgehen ist ökologisch und wertet den urbanen Raum generell auf – entsiegelte Flächen verbessern die Lebensqualität, das Wohlbefinden und auch die Gesundheit der Bewohner*innen. Außerdem wird das Stadtbild aufgewertet. Um die Entsiegelung voranzutreiben, bietet die IFB Hamburg die RISA-Förderung an, die Eigentümer*innen von privaten Immobilien bei dem Bau von versickerungsfähigem Boden finanziell entlastet. Das Konzept der Schwammstadt hat sich mithilfe der nationalen Wasserstrategie der Bundesregierung als dezentralisierte Lösung für die Klimaresilienz im urbanen Rahmen bereits durchgesetzt. Nun heißt es, das Konzept zu realisieren, um Hamburg und Kommunen bundesweit vor Extremwetterereignissen zu schützen und die anderen Vorteile von vermehrten Grünflächen zu genießen.

Außerdem gilt für Hamburg, Rückbaumaßnahmen in Überschwemmungsgebieten zu fördern, denn Infrastruktur und Gebäude müssen mit Blick in die Zukunft in sichere Gebiete verlagert werden. Die Stadt gab an keine Rückbaumaßnahmen zu fördern beziehungsweise zu kennen – ein verheerender Fehlschritt im Rahmen der Wasserresilienz urbaner Räume.

Dieser Beitrag wurde verfasst von Nuno Barske, der mit dem Parlamentarischen Patenschaftsprogramm ein Schuljahr in den USA verbrachte und im Anschluss im Büro von Linda Heitmann ein zweiwöchiges Praktikum absolvierte. Hier geht es zu seinem Bericht über das Austauschjahr in den USA: https://linda-heitmann.de/erfahrungsbericht-usa-austausch-mit-dem-ppp/